Nach Übernahme der Credit Suisse Wie die "größere UBS" aussehen wird

Durch die Notübernahme der Credit Suisse wachse die UBS zu einer "Monsterbank", warnen Kritiker. Doch die UBS hat bereits Pläne, was sie mit den einzelnen Sparten der Credit Suisse anfangen und welche Risiken sie loswerden will.
Zeitenwende: Die neue UBS wird im Bereich Asset- und Wealth-Management einer der wichtigsten Spieler der Welt. Doch zunächst muss sie die Risiken des CS-Investmentbanking begrenzen

Zeitenwende: Die neue UBS wird im Bereich Asset- und Wealth-Management einer der wichtigsten Spieler der Welt. Doch zunächst muss sie die Risiken des CS-Investmentbanking begrenzen

Foto: DENIS BALIBOUSE / REUTERS

Ein Zombie verschwindet, ein Monster entsteht – so harsch kritisierte die "Neue Zürcher Zeitung"  die Notübernahme der angeschlagenen Credit Suisse durch die deutlich größere UBS. Die beiden Nachbarinnen am Zürcher Paradeplatz waren jahrelang ungleiche Schwestern: Während sich die UBS vor allem auf die Vermögensverwaltung konzentrierte und ihren Börsenwert in den vergangenen zehn Jahren beinahe verdoppelte, entschied sich die von Skandalen geplagte Credit Suisse  für das hochriskante Investmentbanking – und stürzte in Folge fataler Fehlentscheidungen ihres Topmanagements ins Bodenlose. Logisch, dass UBS-Chef Ralph Hamers (57) nach der hastig durchgeprügelten Fusion am Wochenende von einer "größeren UBS" sprach – und nicht von einem Mix aus UBS und Credit Suisse. Die Botschaft: Die UBS hat jetzt das Sagen und wird sich möglichst rasch vieler toxischer Risiken der Credit Suisse entledigen.

Doch wie genau wird der neue Riese aussehen? Mit einer Bilanzsumme von 1,6 Billionen Dollar, fast das Doppelte der jährlichen Wirtschaftsleistung der Schweiz, sowie rund 120.000 Mitarbeitern ist die "neue UBS" in der Tat unheimlich groß – und definitiv "too big to fail". Um Risiken des "neuen Monsters" zügig abzubauen, stellt der Bund der UBS neun Milliarden Franken zur Verfügung. Zusätzlich stützt die Schweizer Notenbank beide Banken mit Liquiditätsgarantien in Höhe von 100 Milliarden Franken. Mit drei Milliarden Franken (0,78 Cent pro Aktie) scheint der Kaufpreis zudem extrem günstig - Ende 2022 kam die Credit Suisse noch auf einen Buchwert von 45 Milliarden Franken. Die hohe Mitgift von Bankenaufsicht und Schweizer Regierung ist ein Indikator dafür, dass die Integration der Credit Suisse alles andere als einfach wird.

UBS stärkt mit dem Deal die Vermögensverwaltung

Die "größere UBS" hat bereits einen drastischen Personalabbau angekündigt. Mehr als die Hälfte der derzeit noch 17.000 Investmentbanker der Credit Suisse müssen gehen, da auch der eilig formulierte Ehevertrag vorsieht, dass die neue Schweizer Megabank das risikoreiche Investmentbanking der CS drastisch schrumpfen wird. Dass zusätzlich auch viele Führungs- und Spitzenkräfte der UBS die Bank aufgrund der Fusion verlassen werden, gilt als unwahrscheinlich: Man kennt sich auf beiden Seiten des Paradeplatzes, viele UBS-Banker haben zeitweise bei der Credit Suisse gearbeitet und umgekehrt. Zudem herrscht in Zürich die Zuversicht, dass die "neue UBS" bis 2027 ihre Gewinne deutlich steigern könnte, wenn sie die Risiken der CS in den Griff bekommt: Eine Aussicht, die sich auch positiv auf die Banker-Boni auswirken könnte.

Langfristig gestärkt wird das Kerngeschäft der UBS: die Vermögensverwaltung für reiche Privatkunden. Die neue Großbank wird einem verwalteten Vermögen in Höhe von umgerechnet 3,4 Billionen Dollar die zweitgrößte Privatbank der Welt werden, hinter der US-Bank Morgan Stanley. In Wachstumsmärkten wie Südostasien oder der Golfregion werde die neue UBS zum größten Spieler in der Vermögensverwaltung aufsteigen, schreibt die "Financial Times" in einer Analyse zur neuen Struktur der UBS . Bereits in den vergangenen Monaten war die UBS zum Fluchtpunkt zahlreicher Millionäre und Milliardäre geworden, die ihr Geld von der Credit Suisse abzogen: Nun folgt der Rest per Notfusion. Nach Einschätzung der US-Bank JPMorgan wird eine gewisse Zahl der ultrareichen Privatpersonen – die Kernklientel von UBS und Credit Suisse – wahrscheinlich einen Teil ihres Vermögens auf andere Banken verlagern, allein, um das Risiko zu streuen. Davon dürften kleinere Schweizer Privatbanken wie etwa Julius Bär langfristig profitieren.

Investmentbanking wird eingedampft

Das Investmentbanking der Credit Suisse wird dagegen drastisch zurückgefahren. Die CS hatte damit bereits im vergangenen Jahr mit dem Rückzug aus dem Finanzcasino begonnen. Nun wird dieser Kurs beschleunigt: Aus vielen der risikoreichen CS-Deals, darunter gehebelte Finanzgeschäfte sowie der Handel mit strukturierten Krediten, wird sich die neue UBS nur zurückziehen können, wenn sie dabei hohe Verluste in Kauf nimmt. Auch dafür ist die Kapitalspritze der Schweizer Regierung in Höhe von neun Milliarden Franken gedacht: Sobald die Verluste der UBS aus diesen Geschäften mehr als fünf Milliarden Franken übersteigen, kommt die Staatshilfe zum Zug. Die CS hatte bereits eine Bad-Bank aufgesetzt, um dort faule Kredite und besonders riskante Assets zu parken. Ein kleiner Teil des Investmentbankinggeschäfts, so die Hoffnung am Paradeplatz, lässt sich vielleicht auch an Wettbewerber verkaufen. Die ursprünglichen Pläne, einen Teil des Investmentbankings unter der Führung von Ex-Verwaltungsratsmitglied Michael Klein auszulagern und unter der Marke CS First Boston weiterlaufen zu lassen, stoßen auf Widerstand der UBS und dürften sich durch die Fusion erledigt haben .

Chancen im Geschäft mit Unternehmenskunden

Der wertvollste Bereich der Credit Suisse – und damit auch ein Wachstumsbereich für die neue UBS – ist dagegen das Geschäft mit inländischen Privat- und Unternehmenskunden. Laut "FT" war dieser Sparte der CS noch Ende 2022 im Falle eines Spin-Offs ein Wert von 15 Milliarden Schweizer Franken zugemessen worden. Zusammengenommen kontrolliert die neue UBS nun rund 30 Prozent des inländischen Marktes. Ob die UBS den von der Credit Suisse übernommenen Bereich tatsächlich zum Verkauf stellt, ist offen: Vor allem das Geschäft mit Schweizer Unternehmenskunden verspricht langfristig gute Renditen, und ohne Druck der Regulierungsbehörden bleibt es möglicherweise am Paradeplatz.

Bleibt noch das allgemeine Asset-Management, also die Vermögensverwaltung für institutionelle Anleger und Stiftungen. Laut FT ergänzen sich die Asset-Management-Bereiche von UBS und CS recht gut, da sich die UBS stärker auf aktive Vermögensverwaltungsstrategien konzentriert, während die CS einen höheren Anteil passiver Produkte wie etwas Indexfonds verwaltet. Zugleich bergen die Investments auch einige Risiken: Die CS musste Kunden 2021 mit Milliardenaufwand entschädigen, weil sie deren Geld in Fonds der Investmentgesellschaft Greensill Capital versenkt hatte. Nichtsdestotrotz steigt die neue UBS durch die Fusion zum drittgrößten Asset-Manager der Welt auf und entfaltet damit noch mehr Marktmacht.

Asset- und Wealth-Management gestärkt

"Im Geschäft mit der Vermögensverwaltung und den Privat- und Geschäftskunden in der Schweiz wird die UBS stärker werden", sagt Martin Blessing (59), ehemaliger Vorstand der UBS, im Interview mit manager magazin. "Vorausgesetzt, die bösen Überraschungen halten sich in Grenzen." Wegen der zahlreichen Skandale und risikoreichen Geschäfte der Credit Suisse bleibe zwar für die UBS ein "gehöriges Maß an Unsicherheit". Aber durch den geringen Kaufpreis und die Zusagen der Schweizer Regierung bleibe zugleich auch eine "ganze Menge Puffer".

Die Größe und die Integrationsaufgaben der neuen UBS scheinen derzeit monströs. Doch die Hoffnung bleibt, dass die UBS die Credit Suisse langfristig mit Gewinn verdauen kann – und damit zumindest ein Bankenriese am Paradeplatz verbleibt.

la
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