Christoph Abeln

Virtuelle Beteiligungen Aktienoptionen - fünf Fallstricke, die Manager kennen sollten

Christoph Abeln
Ein Gastbeitrag von Christoph Abeln
Virtual Shares und andere am Aktienkurs orientierte Vergütungsmethoden kommen auch bei kleineren Unternehmen zunehmend in Mode. Doch wer bei Vertragsschluss nicht aufpasst, kann schnell viel Geld verlieren.
Vor Unterzeichnung genau hinsehen: Aktienoptionen können ein interessanter Teil der Vergütung sein – wenn die Verträge passen

Vor Unterzeichnung genau hinsehen: Aktienoptionen können ein interessanter Teil der Vergütung sein – wenn die Verträge passen

Foto: Prasit photo / Getty Images

Was bei börsennotierten Unternehmen und internationalen Konzernen seit Jahren gang und gäbe ist, kommt nun auch vermehrt bei kleineren Unternehmen oder Start-ups in Mode: virtuelle Beteiligungen oder andere, an den Aktienkurs geknüpfte Wertsteigerungsrechte. Während einige Unternehmen die Programme nutzen, um mit vermeintlich attraktiven Paketen begehrte Spezialisten und Führungskräfte zu locken, sind die virtuellen Beteiligungen für andere eine Möglichkeit, um niedrige Festgehälter aufzustocken. In der Hoffnung auf zukünftige Unternehmensanteile verzichten Arbeitnehmer dann auf Boni oder bessere Gehälter.

Christoph Abeln
Christoph Abeln

Christoph Abeln ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und auf die Vertretung von Führungskräften und leitenden Angestellten spezialisiert. Zuletzt erschien von ihm das "Handbuch für Führungskräfte" , außerdem richtet seine Kanzlei jährlich den Führungskräftetag aus.
www.abeln.de 

Doch am Ende folgt nicht selten der Schock: Plötzlich fehlt im Arbeitsvertrag jede Spur der Vereinbarung oder Arbeitnehmer gehen im Falle einer Kündigung leer aus, weil komplizierte Verfallsklauseln eine Auszahlung verhindern. Doch davor kann man sich schützen. Fünf Fallstricke, auf die Führungskräfte beim Angebot von Aktienoptionen achten müssen.

1. Schwammige Formulierungen

Schon bei der Vertragsgestaltung ist Vorsicht geboten. Ungenaue Definitionen im Vertrag zählen zu den häufigsten Ursachen, weshalb virtuelle Beteiligungen nicht zu Geld gemacht werden können. Es sollte daher eindeutig erkennbar sein, wann genau die Firma zahlen muss. Diese Zeitpunkte werden oft an sogenannte Liquidity Events geknüpft. Bei einem solchen Liquiditätsereignis wird die Beteiligung eines Anlegers beendet, um Kapital (beispielsweise einer Gründung oder Investition) in Bargeld umzuwandeln. Ein solches Ereignis kann der Kauf oder Verkauf eines Unternehmens sein oder auch ein Börsengang (IPO). Es sollte unbedingt auf eine klare Formulierung und Aufnahme im Vertrag geachtet werden. Sonst kann die Auszahlung daran scheitern, dass ein bestimmtes Event schriftlich nicht erwähnt oder sogar ausgeschlossen wurde.

2. Nachträgliche Änderungen

Ebenfalls sehr beliebte Beteiligungsmodelle sind sogenannte Vesting-Regelungen. Bei diesen wird eine gewisse Frist (auch Vesting-Periode genannt) mit einem Startpunkt für das Ansammeln von Anteilen und einem Endpunkt, also dem Zeitpunkt der Auszahlung, vereinbart. Die Anteile werden dadurch praktisch "angespart" und später ausgezahlt, beispielsweise wenn der Aktienkurs ein bestimmtes Ziel erreicht hat. Aufmerksam sollten Führungskräfte sein, wenn ein neuer Investor ins Spiel kommt. Dann heißt es oft: neuer Investor gleich neue Vereinbarungen gleich neuer Vesting-Beginn. Der neue Investor setzt praktisch alles auf null und lässt Mitarbeiter veränderte Vereinbarungen unterzeichnen. Und die haben oft einen Haken: Mit dem Neustart wird auch der Zeitpunkt für den Vesting-Beginn wieder auf "null" gesetzt, die Vesting-Periode fängt erneut an zu laufen. Der Zeitraum für das "Ansparen" der Anteile wird so verringert und damit die Höhe der Auszahlung reduziert, wenn man das Unternehmen vor Ablauf des Vestings verlassen möchte. Kurz: Gutgläubigkeit kann einen hier teuer zu stehen kommen. Nachträgliche Änderungen bedeuten selten etwas Gutes, Arbeitnehmer sollten sich daher nicht zu Vereinbarungsänderungen überreden lassen.

3. Ermessensklauseln

Gleiches gilt, wenn sich der Arbeitgeber für die Anpassung der Beteiligung einen Ermessensspielraum vorbehält. Die Unternehmen argumentieren gern, solche Klauseln sollten Arbeitnehmern Anreize bieten, sich entsprechend der Unternehmensziele zu verhalten. In der Praxis führen sie jedoch regelmäßig dazu, dass der vereinbarte Ermessensspielraum zuungunsten des Arbeitnehmers ausgenutzt wird – etwa, um im Fall einer Kündigung Druck auf ihn auszuüben. So wird beispielsweise ein Fehlverhalten aus der Vergangenheit herangezogen, um damit eine Kürzung der Anteilsauszahlung zu begründen. Hier lohnt es sich, genau hinzusehen, denn solche einseitigen Ermessensklauseln sind häufig unwirksam.

4. Unklare Gehaltsdefinition

Im Fall des Ausscheidens eines Managers ist es ein gängiger Trick vieler Unternehmen, den Long Term Bonus, der meist an die Entwicklung des Aktienkurses gekoppelt ist, oder die Restricted Stock Units bei den Abfindungsverhandlungen nicht als Gehaltsbestandteil anzuerkennen. Und das, obwohl diese Posten regelmäßig in den Gehaltsübersichten erschienen sind. So soll die Berechnungsbasis für die Abfindung gedrückt werden. Wer hier nicht aufpasst, geht nach der Abfindungsverhandlung mit deutlich weniger nach Hause, als ihm eigentlich zustünde.

5. Gerichtsstand im Ausland

Auch wenn man versucht, seine Rechte gerichtlich durchzusetzen, können böse Überraschungen lauern. Und zwar meist dann, wenn das Unternehmen eine Muttergesellschaft mit Sitz im Ausland hat. Hintergrund: Die Aktien beziehungsweise die Anteilsrechte werden grundsätzlich von der Muttergesellschaft ausgegeben. Kommt es darüber zum Streit, kann der Arbeitnehmer nicht in Deutschland klagen, sondern muss gegen die Muttergesellschaft im Ausland vorgehen. Eine Klage gegen das deutsche Tochterunternehmen ist nur möglich, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Tochter die Verschaffung der Aktien(-optionen) versprochen hat. Führungskräfte sollten hier wachsam sein und bereits bei der Einstellung darauf achten, dass ihre virtuellen Beteiligungen in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden oder ein Nachweis über die Verschaffungspflicht der Tochtergesellschaft vorliegt.

Aktienoptionen oder virtuelle Wertsteigerungsrechte können interessante und lukrative Vergütungsmethoden sein. Es ist jedoch wichtig, sich schon vor Vertragsschluss genau zu informieren oder anwaltlich beraten zu lassen. Nachträglich lassen sich für den Arbeitnehmer nachteilige Regelungen meist gar nicht mehr oder nur mit großem (juristischen) Aufwand justieren.

Christoph Abeln ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied der MeinungsMacher von manager-magazin.de. Trotzdem gibt diese Kolumne nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion des manager magazins wider.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren