Kurzvideo-App Tiktok-Chef bei Kongress-Anhörung unter Druck

Shou Zi Chew hat die ebenso erfolgreiche wie umstrittene Kurzvideo-Plattform Tiktok vor dem US-Kongress verteidigt. Doch die Vorwürfe gegen ihn und die chinesische App sind massiv.
Manipulation von Nutzern?: Tiktok-Chef Shou Zi Chew

Manipulation von Nutzern?: Tiktok-Chef Shou Zi Chew

Foto: JIM WATSON / AFP

Bei einer Anhörung vor dem US-Kongress hat sich der Chef von Tiktok am Donnerstag gegen den Vorwurf der Komplizenschaft mit der Kommunistischen Partei Chinas gewehrt. Die Parlamentarier warfen Shou Zi Chew (40) vor, sein Unternehmen sei ein Werkzeug der Datenspionage und eine Gefahr für die geistige Gesundheit von Jugendlichen, bei denen die Kurzvideo-Plattform besonders beliebt ist. "Tiktok könnte so konzipiert werden, dass Schaden für Kinder minimiert wird", kritisierte Kathy Castor, eine demokratische Abgeordnete im Energie- und Handelsausschuss des Repräsentantenhauses, der Chew vorgeladen hatte. "Stattdessen wurde beschlossen, Kinder im Namen des Profits abhängig zu machen."

Ihre ebenfalls demokratische Kollegin Diana DeGette kritisierte den unzureichenden Schutz vor Manipulation von Nutzern. Chews Hinweis auf entsprechende Bemühungen Tiktoks ließ sie nicht gelten. "Sie haben mir nur ganz allgemein gesagt, dass Sie investieren, sich Sorgen machen, daran arbeiten." Das reiche nicht aus.

Chew bekräftige darüber hinaus, dass sein Unternehmen in Bezug auf Inhalte keine Weisungen der chinesischen Regierung entgegennehme. "Wir verpflichten uns gegenüber diesem Ausschuss und allen unseren Nutzern, dass wir Tiktok frei von jeglicher Manipulation durch eine Regierung halten." Wegen einer möglichen Weitergabe von Nutzerdaten haben zahlreiche Staaten die App von Diensthandys verbannt. Chew verwies zudem auf milliardenschwere Investitionen zum Schutz der Daten der 150 Millionen US-Nutzer. Diese würden im Land gespeichert und vor externem Zugriff geschützt. Die republikanische Ausschuss-Vorsitzende Cathy McMorris Rodgers hatte sich dazu vor der Sitzung in einem TV-Interview skeptisch geäußert: "Es ist klar, dass Tiktok alles sagen wird, um sicherzustellen, dass es in den USA nicht verboten wird."

Analyst Dan Ives vom Vermögensverwalter Wedbush werte die Anhörung Chews als "kleines Desaster". "Tiktok ist jetzt das Aushängeschild für die Spannungen zwischen den USA und China. Die Parlamentarier haben viele Fragen, auf die es nicht genügend konkrete Antworten gibt."

Nationale Sicherheit gefährdet?

Im Kongress unterstützen 20 Abgeordnete und Senatoren eine parteiübergreifende Initiative, die der Regierung die Möglichkeit geben soll, ausländische Technologie zu verbieten, wenn diese die nationale Sicherheit gefährdet. Damit könnte eine hohe Hürde für das Tiktok-Verbot aus dem Weg geräumt werden, an der der ehemalige Präsident Donald Trump 2020 gescheitert war: Gerichte hatten den per Dekret verordneten Bann gekippt, weil er das Recht auf freie Meinungsäußerung beschneide.

Experten zufolge muss allerdings auch bei einem neuen Gesetz mit Klagen gerechnet werden. "Die Beschränkung des Zugangs zu einer Plattform, die täglich von Millionen von Amerikanern genutzt wird, wäre ein gefährlicher Präzedenzfall für die Regulierung unserer digitalen Öffentlichkeit im Allgemeinen", warnte Jameel Jaffer, Chef des Knight First Amendment Institute der Columbia Universität, das sich dem Schutz der Meinungsfreiheit verschrieben hat.

hr/reuters

Mehr lesen über

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Playlist
Speichern Sie Audioinhalte in Ihrer Playlist, um sie später zu hören oder offline abzuspielen. Zusätzlich können Sie Ihre Playlist über alle Geräte mit der SPIEGEL-App synchronisieren, auf denen Sie mit Ihrem Konto angemeldet sind.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren