Nach Sicherheitsbedenken Tiktok will Westen mit neuen Rechenzentren besänftigen

Ein Unternehmen unter Druck: In Europa wies die EU-Kommission ihre Beschäftigten an, die Tiktok wegen Datenschutz-Bedenken zu löschen
Foto: Dan Kitwood / Getty ImagesMit einem neuen Datenschutz-Konzept will Tiktok wachsenden Sicherheitsbedenken westlicher Staaten entgegenwirken. Im Rahmen des "Project Clover" kündigte die chinesische Video-Plattform am Mittwoch an, Daten europäischer Nutzer ab diesem Jahr hierzulande zu speichern. Dieser Prozess solle bis 2024 abgeschlossen werden. Dafür sollen zwei weitere Rechenzentren in der Region eingerichtet werden, eines in Irland und eines in Norwegen. Auch werde ein unabhängiger Partner den Datenfluss und den Zugang zu Informationen überwachen, wie Tiktok mitteilte.
Daten europäischer Nutzer lagern aktuell in Singapur und den USA. Die Speicherung in Europa solle in diesem Jahr beginnen. Das Rechenzentrum in Irland kündigte Tiktok bereits im vergangenen Jahr an, es soll noch bis Ende März in Betrieb gehen. Hinzu kommen eine weitere Anlage in Irland und eine in Norwegen, die im vierten Quartal online gehen soll.
Ähnliche Strategie in den USA
In den USA verfolgt das Unternehmen unter dem Codenamen "Project Texas" eine ähnliche Strategie. "Wir sind ein Unternehmen, das sich für die Einhaltung von Vorschriften einsetzt", sagte Theo Bertram, für Regierungskontakte zuständiger Tiktok-Manager. "Nennen Sie uns Ihre Probleme, und lassen Sie uns gemeinsam an den Lösungen arbeiten."
Die für kurze Tanzvideos bekannte Plattform und der Mutterkonzern Bytedance von Gründer Zhang Yiming (39) stehen wegen ihrer Nähe zur chinesischen Regierung unter verschärfter Beobachtung. Sicherheitsbehörden befürchten, dass die Regierung in Peking Kontrolle über die Daten ausländischer Nutzer erlangt. Zudem könne sie die Empfehlungs-Algorithmen der Software manipulieren, um Einfluss auszuüben. Tiktok und die chinesische Regierung haben die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Das Unternehmen sagte, man habe nie Datenanfragen von der chinesischen Regierung bekommen und würde diesen auch nicht nachkommen, da es dafür keine rechtliche Grundlage gebe.
Zahlreiche Länder weltweit schränken Nutzung ein
Die USA arbeiten dennoch an einem Gesetz zum kompletten Verbot von Tiktok. In Europa wies die EU-Kommission ihre Beschäftigten an, die App wegen Bedenken mit Blick auf die Cybersicherheit bis Mitte März zu löschen. Auch in zahlreichen anderen Ländern der Welt ist die Nutzung von Tiktok in Teilen verboten.
Daten europäischer Nutzer werden nicht ausschließlich in Europa bleiben, da dies bei einem global agierenden Dienst nicht möglich wäre. Hier komme aber der unabhängige Partner ins Spiel, der über die Datenströme wachen solle. Mit einem Kandidaten für die Rolle sei man seit sechs Monaten im Gespräch, den Namen nennt Tiktok allerdings nicht. In den USA lässt Tiktok den Softwarecode seiner App in einer ähnlichen Struktur von dem Software-Konzern Oracle prüfen.
Die Social-Media-App ist eine absolute Aufmerksamkeitsmaschine , sagt einmal eine ehemalige Managerin der Plattform. Gründer Zhang Yiming schafft es wie kein anderer, die Nutzerinnen und Nutzer an seine App zu binden. Das funktioniert über eine künstliche Intelligenz, die permanent trainiert mit Unmengen abgesaugter persönlicher Daten. Bytedance besitzt die aktuell mächtigsten Algorithmen der globalen Unterhaltungsindustrie und kann damit nicht nur die Gefühle der Menschen, die auf Tiktok unterwegs sind, sondern womöglich auch deren Denken beeinflussen.