Führungskräfte Neun Fragen, an denen man gute Gründerinnen und Gründer erkennt

Marcus Diekmann
Johannes Kliesch
Die Kolumne "Digitale Zwillinge" von Marcus Diekmann und Johannes Kliesch
Wer kann ein Projekt wirklich ins Ziel führen – und wer nicht? Eine Checkliste zeigt, wie Investoren sich dieser Frage nähern. Der Test gilt für Gründerinnen und Gründer – und ganz ähnlich auch für Führungskräfte in Konzernen.
"Hast Du ein großes Ego?": Die Investoren Johannes Kliesch und Marcus Diekmann stellen Fragen

"Hast Du ein großes Ego?": Die Investoren Johannes Kliesch und Marcus Diekmann stellen Fragen

Foto:

Fredo Gerdes

Keine Zeit? Hier die Executive Summary:

  • Die Qualitäten von Gründerinnen und Gründern sind fundamental bei der Bewertung eines Start-ups.

  • Auch wenn die jeweiligen Personen individuell betrachtet werden müssen, gibt es doch allgemeingültige Qualitäten, die viel über die Erfolgschancen aussagen – und die sich beinahe 1:1 auch auf Führungskräfte in Konzernstrukturen übertragen lassen.

  • Sie offenbaren sich nach nur 12 simplen Fragen.

Das Autoren-Team
Foto:

privat

Marcus Diekmann und Johannes Kliesch (l.) schreiben seit Januar 2023 regelmäßig eine Kolumne zu Tech- und Start-up-Themen für das manager magazin. Digital-Unternehmer Diekmann ist Beirat von Rose Bikes, wo er lange Co-CEO war; er ist parallel Investor und engagiert bei Unternehmen wie Shopware oder Scala. Kliesch ist Co-Gründer der Lifestyle-Modemarke Snocks, mit speziellem Fokus auf Social-Media-Branding. Gemeinsam haben sie mit prominenten Partnern die Founders League gegründet, eine Plattform für Business-Angels und Investoren im deutschsprachigen Raum.

Was macht einen guten Gründer oder eine gute Gründerin aus? Das ist die eine, zentrale Frage, die bei jeder Gründung, bei jedem Start-up im Raum steht. Seit Jahren arbeiten wir selbst als Gründer und mit Gründern zusammen, bekommen Pitchdecks zur Beurteilung zugesandt, stecken unser Geld in neue Geschäftsideen. Und immer, wirklich ausnahmslos immer, stehen die Qualitäten der Macher ganz weit oben auf der Liste der dabei entscheidenden Fundamentals. Die Personen sind der entscheidende Faktor, ob etwas zu einem Erfolg werden kann oder nicht.

Das gilt übrigens genauso für Projekte in Unternehmen oder Konzernen. Wir sprechen regelmäßig mit Menschen in Management-Funktionen, wir verhandeln um Kapital, um Beratungsmandate, Aufträge oder ähnliches. Jedes mal müssen wir dabei für uns beurteilen: Können wir uns eine Zusammenarbeit vorstellen? Ist es sinnvoll, sich mit dem Gegenüber einzulassen, eine Geschäftsbeziehung einzugehen? Am Ende entscheiden wir auch da nach denselben Kriterien. Denn alles, was gute Gründerinnen und Gründer ausmacht, ist auch für angestellte Führungskräfte von entscheidender Relevanz.

Also: Worauf kommt es an? Sicher, stressresistent sollen sie sein, kompetitiv und von diesem unzufriedenen Optimismus erfüllt, der Unternehmerinnen und Unternehmer nun einmal ausmacht. Aber all das sind No-Brainer-Eigenschaften. Wir finden: Es ergibt viel mehr Sinn, den Kontext größer zu ziehen und die Menschen in ihrem Umfeld zu betrachten. Und zwar anhand von neun Fragen, die ein bisschen mehr erforschen als das typische "Führungskräfte-Profiling 1.0".

1. Bist Du hungrig genug?

Hört sich nach Castingshow-Sprech an und klingt furchtbar abgedroschen, ist aber die Basis von allem. Gründen ist brutal, es wird Dir alles abfordern, und die Aussichten auf Erfolg sind gering. Willst Du das? Wirklich? Du kannst viele Defizite ausgleichen, fast alle sogar. Aber nicht die fehlende Bereitschaft, Entbehrungen zu ertragen. Für echten Erfolg musst Du all in gehen.

2. Bist Du mutig?

Auch das wieder: scheinbar banal. Doch die Fähigkeit, unter Zeitdruck und mit begrenztem Wissen Entscheidungen zu treffen – und Verantwortung zu übernehmen, ist fundamental. Das gilt für alle Führungspositionen. Übrigens: Mut ist vielleicht auch das unterschätzteste Kriterium in der Konzernwelt – extrem wichtig und leider extrem selten.

Wer die ersten beiden Fragen mit "ja" ankreuzen kann, ist eigentlich schon good to go. Wir empfehlen aber eine ausführlichere Variante. Vorweg: Eigentlich keine der Fragen ist für sich genommen eine Killer-Frage. Am Ende muss jeder Fall ohnehin für sich stehen und gesehen werden. Aber in ihrer Gänze ist diese Gründer-Checkliste schon ziemlich gut geeignet, Gründerqualitäten zu begutachten. Und im Zweifel sticht die Antwort der Kurzvariante.

3. Bist Du gesund?

Ist eigentlich ganz simpel: Wenn ein Großteil Deiner Energie in Genesung oder das Bekämpfen einer chronischen Krankheit fließt, wird es schwierig. Gründen ist Raubbau an der eigenen Gesundheit; Du solltest davon ausreichend haben.

4. Hast Du Probleme?

Wir meinen nicht Probleme der Kategorie "der Tüv ist überfällig". Sondern richtige Life Problems. Lässt Du Dich gerade scheiden? Führst Du einen nervenraubenden Prozess? Hast Du familiäre Sorgen? Wenn ja: lösen, abwarten und erst dann gründen.

5. Bist Du wohlhabend?

Die Frage soll nicht als Reichen-Bashing verstanden sein. Aber wir kennen Dutzende Beispiele von "Gründern", die viel Geld besitzen, das sie nicht selbst erarbeitet haben – ob geerbt, geheiratet, gewonnen oder was auch immer, egal. Sind die so hungrig wie jemand, der nichts zu verlieren hat? Genau. Ist kein K.O.-Kriterium, aber ein Indiz. Genau wie Jungunternehmer, die großen Wert auf Status-Symbole legen oder einen hohen Lebensstandard pflegen.

6. Hast Du Kinder?

Eine harte Frage, klar. Und auch das: nicht ausschlaggebend. Aber Elternrollen sind Hardcore-Jobs, die nicht nur massig Energie fordern, sondern auch absolute Hingabe. Beides braucht auch ein Start-up. Bist Du bereit für ein weiteres Kind? Und hast Du eine Infrastruktur, die Dich im Ernstfall unterstützen kann? Wenn nicht, bleib lieber angestellt.

7. Hast Du ein großes Ego?

Du wirst auf die Fresse fallen. Mehrfach, hart und ständig. Kannst Du damit umgehen? Und bist Du ehrlich genug zu Dir selbst, um daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen? Wer glaubt, alles zu können, kann eines ganz sicher nicht: Gründen.

8. Ist Deine Idee idiotensicher?

Wieder eine Fangfrage: Eine Idee, die jeder sofort versteht, die jeder sofort gut findet – ist entweder eine Idee, die schon tausendmal umgesetzt wurde. Oder die nicht funktioniert. Sonst wäre sie nämlich schon umgesetzt. Jedenfalls ist sie in beiden Fällen keine, mit der Du gründen solltest.

9. Hast Du Mitgründer?

Das endgültige Urteil, ob Einzelgründungen erfolgreicher sind oder nicht, steht noch aus – es gibt diverse Studien dazu, und sie kommen nicht alle zum selben Ergebnis. Wir glauben: Die Möglichkeit des Austauschs auf Augenhöhe, der Teamgeist einer Schicksalsgemeinschaft und die Chance, Stress, Druck und Arbeit zu verteilen, wiegen die Nachteile (geringere Anteile, Streitrisiko etc.) mehr als auf.

Aber Achtung: Ein Team sollte divers besetzt sein. Teams sind dann gut und erfolgreich, wenn sie unterschiedliche Rolle besetzen können. Nämlich Vertrieb, Produkt, Einkauf und Verwaltung/Operations. Wer das eine gut kann, wird die anderen nicht automatisch auch meistern.

Done. Wenn Du die Antworten auf diese insgesamt neun Fragen kennst, kennst Du eine ziemlich belastbare Antwort darauf, wer ein guter Gründer oder eine gute Gründerin ist, sein wird, sein könnte. Eine Garantie ist das natürlich nicht. Aber wer hungrig und mutig genug ist, wirst die auch nicht brauchen, oder?

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Playlist
Speichern Sie Audioinhalte in Ihrer Playlist, um sie später zu hören oder offline abzuspielen. Zusätzlich können Sie Ihre Playlist über alle Geräte mit der SPIEGEL-App synchronisieren, auf denen Sie mit Ihrem Konto angemeldet sind.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren