Start-up vor Börsengang per Spac Deutsche Flugtaxi-Firma Lilium will im Eiltempo an die Nasdaq

Zum Jungfernflug enthüllter Prototyp: Das Flugtaxi-Unternehmen Lilium steht vor Börsennotierung durch Fusion

Zum Jungfernflug enthüllter Prototyp: Das Flugtaxi-Unternehmen Lilium steht vor Börsennotierung durch Fusion
Der Flugtaxi-Entwickler Lilium steht laut Kreisen vor dem Sprung an die Börse durch die Fusion mit einem sogenannten Übernahmevehikel. Das Start-up-Unternehmen aus Oberpfaffenhofen bei München befinde sich dazu in Gesprächen mit der US-Firma Qell Acquisition Corp, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Mittwochabend unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtete.
Qell ist ein so genannter "Spac" ("Special Purpose Acquisition Vehicle") – also ein leeres börsennotiertes Unternehmen, dessen Zweck die Übernahme anderer Firmen ist, um diesen Zugang zu mehr Kapital zu verschaffen. Es hat sich auf die Fahnen geschrieben, vor allem in Mobilitäts- oder Transportunternehmen "der nächsten Generation" investieren zu wollen. Für eine Übernahme würde Quell neues Kapital am Aktienmarkt aufnehmen, die gemeinsame Firma könnte so mit mehr als 2 Milliarden US-Dollar bewertet werden, hieß es. Noch sei aber nichts entschieden, der Deal könne auch noch platzen. Sowohl Vertreter von Qell als auch von Lilium wollten die Informationen gegenüber Bloomberg nicht kommentieren.
Lilium wurde 2015 von den Ingenieuren Daniel Wiegand (CEO), Sebastian Born, Matthias Meiner und Patrick Nathen gegründet und will bis 2025 in mehreren Städten um den Globus einen vollelektrischen vertikalen Start- und Landepassagierjet in Einsatz nehmen. Im vergangenen Jahr hat das Start-up mehr als 375 Millionen US-Dollar eingesammelt, investiert sind beispielsweise Atomico, Tencent und Baillie Gifford. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 600 Mitarbeiter.
Hinter dem Akquisitionsunternehmen Qell steckt der frühere GM-Manager Barry Engle, der bei dem Börsengang im September 350 Millionen Dollar von Investoren eingesammelt hatte. Durch die Fusion könnte Lilium durch die Hintertür die Notierung an der US-Technologiebörse Nasdaq erreichen.
Spacs sind vor allem im letzten Jahr in den USA groß in Mode gekommen. Häufig gehen sie in einer Erstemission an die Börse und sammeln Kapital ein, ohne dass bereits feststeht, was sie genau mit dem Geld anfangen werden – daher spricht man von ihnen auch als "Blankoscheck"-Firmen.
Lange galten elektrisch angetriebene Personen-Flugdrohnen für Kurzstrecken in der Stadt eher als Fantasterei. Nun steigen vermehrt kapitalstarke Finanzinvestoren bei Start-ups ein, die elektrisch angetriebene Vertikalflugzeuge ("electric vertical take-off and landing", oder kurz "eVTOL") in Serie bauen wollen. Weltweit arbeiten über 200 Firmen an solchen Senkrechtstartern, weit vorn dabei sind auch zwei deutsche Jungunternehmen:
Das Start-up Lilium aus dem bayerischen Oberpfaffenhofen will für seine Flugtaxis bis 2025 ein Netzwerk von "Vertiports" rund um den Globus aufbauen, also Start- und Landestellen für die vollelektrischen vertikalen Passagierjets. Um das zu schaffen, bereitet Lilium nun den Gang an die Börse vor - über einen Fusion mit der US-Mantelgesellschaft Qell, die das Unternehmen nun vereinbart hat.
Die Lilium-Stammaktie soll an der US-Technologiebörse Nasdaq notiert werden. Das Unternehmen erwarte aus der Ausgabe von Aktien und aus treuhänderisch verwalteten Barmitteln 830 Millionen Dollar (gut 707 Mio Euro). Mit dem Erlös solle der Start des kommerziellen Betriebs im Jahr 2024 finanziert werden. Der Wert des fusionierten Unternehmens betrage 3,3 Milliarden Dollar. Die jetzigen Investoren wollen ihre Anteile in das kombinierte Unternehmen einbringen.
Die Musterzulassung steht noch aus. Mit dem Flughafenbetreiber Ferrovial will Lilium in Florida zehn Start- und Landeplätze aufbauen. Lilium-Mitgründer und Vorstandschef Daniel Wiegand sagte: "Die heutige Ankündigung bringt uns dem Start unseres Passagierdienstes näher."
Die senkrecht startenden, siebensitzigen Elektrojets sollen in Deutschland in Serie gebaut werden. Der Lilium Jet (im Bild der erste Prototyp aus dem Jahr 2018) soll Städte "umweltfreundlich, schnell und erschwinglich" miteinander verbinden. Der Prototyp absolvierte im Oktober 2019 den ersten Testflug.
Allein im vergangenen Jahr haben die Münchener knapp 380 Millionen Dollar von Investoren eingesammelt. Seit Anfang 2021 sitzt der ehemalige Airbus-Chef Thomas Enders im Lilium-Aufsichtsrat.
Nicht ganz so finanzstark, aber dennoch weit vorn dabei, ist Volocopter. Das badische Unternehmen entwickelt elektrisch angetriebene Multikopter zur Personenbeförderung und Drohnen für den innerstädtischen Gütertransport. Ihr Flugtaxi Volocity soll von 18 Einzelmotoren in die Luft gehoben werden und befindet sich bereits im Zertifizierungsprozess für den kommerziellen Einsatz.
Das Fluggerät Volocity soll eine Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometer und eine Höhe von maximal knapp 2000 Metern erreichen. Es kann sich eine Stunde lang in der Luft halten.
Volocopter hat per Stand Anfang März 2021 insgesamt 322 Millionen Euro an Kapital aufgenommen. Das Geld soll vor allen in die weiteren Schritte zur Zulassung des Volocity fließen. Das Unternehmen plant Flugtaxidienste in Metropolen weltweit. Volocopter soll Medienberichten zufolge ebenfalls einen Börsengang via Spac-Börsenhülle anpeilen. Experten rechnen damit, dass Volocopter insgesamt 700 Millionen Euro benötigen wird, um sein Fluggerät in Serie zu bauen und kommerzialisieren zu können.
Im Bild Firmenchef Alexander Zosel im Frühjahr 2016 beim bemannten Erstflug.
Als wohl bald finanzstärkstes Flugtaxi-Start-up gilt das US-Unternehmen Joby Aviation, das sich vor kurzem die ehemalige Uber-eVTOL-Sparte "Elevate" einverleibt hat. Nun wollen zwei bekannte Tech-Investoren, Marcus Pincus und der Linkedin-Gründer Reid Hoffmann, Joby ebenfalls mithilfe einer Spac-Hülle an die Börse bringen. Die damit angepeilte Bewertung liegt bei satten 5,7 Milliarden Euro.
Auch das ist - wie bei der Konkurrenz - eine hochriskante Wette für Investoren: Denn mehr als Prototypen und hochfliegende Pläne haben sämtliche Start-ups noch nicht vorzuweisen. Das Fluggerät von Joby (im Bild) hat aber laut einem Bericht bereits 600 Testflüge hinter sich.
Bereits an der Börse notiert - und das ebenfalls via Spac-Blitzbörsengang - ist Jobys US-Konkurrent Archer Aircraft (im Bild der Archer-Prototyp mit der schönen Bezeichnung "Maker"). Anfang Februar 2021 erfolgte der IPO mit einer Gesamt-Unternehmensbewertung von 3,8 Milliarden Dollar. Zudem vermeldete das Unternehmen einen Auftrag über eine Milliarde Dollar von United Airlines. Der ist allerdings an die Bedingung geknüpft, dass die US-Flugbehörden das elektrisch angetriebene Archer-Fluggerät für den regulären Betrieb zulassen.
Der "Maker" soll knapp 100 Kilometer weit fliegen können und auf eine Spitzengeschwindigkeit von 240 km/h kommen.
Auch Airbus arbeitet an neuen, elektrischen Konzepten für die Luftfahrt.
Das Flugtaxi für den Stadtverkehr soll der Cityairbus werden. Airbus verfolgt ebenfalls das Konzept des vertikalen Startens und Landens. Der Multikopter hob im Mai 2019 zum Jungfernflug ab.
Die acht mit Elektromotoren betriebenen Propeller sollen besonders leise sein, die Reisegeschwindigkeit bis 120 km/h betragen. Auf festen Strecken soll es teils ferngesteuert fliegen und vier Passagiere befördern können.
Konkurrent Boeing schickte im Januar 2019 den Prototypen seines autonomen Passagierluftfahrzeugs Boeing PAV (kurz für "passenger air vehicle") auf Jungfernflug. Die Zukunft des Projekts ist nun aber fragwürdig, nachdem Boeing im September 2020 seinen Innovationsbereich Boeing NeXt infolge der Corona-Krise und der Probleme mit der 737 Max schloss.
Das Wasserstoffflugzeug HY4 soll als Transportmittel für Kurzstrecken dienen. Das viersitzige Passagierflugzeug ist mit Wasserstoff-Brennstoffzellen und Elektroantrieb zur Unterstützung beim Start und Steigflügen ausgestattet.
Im September 2016 startete das HY4 zum offiziellen Erstflug vom Flughafen Stuttgart. Es soll eine Geschwindigkeit von 145 Kilometern pro Stunde erreichen und bis zu 1500 Kilometer weit fliegen.
Das Fluggerät ist das Ergebnis einer Kooperation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit mehreren Unternehmen.
Auch Google-Gründer Larry Page mischt im Flugtaxigeschäft mit. Mit dem Deutschen Sebastian Thrun als CEO gründete er die Firma Kitty Hawk. Auf der Suche nach einem Fluggerät für den täglichen Gebrauch hat das kalifornische Start-up mit dem "Flyer" (Foto) nach eigenen Angaben das erste elektrisch angetriebene Vertikalflugzeug gebaut, das von Nicht-Piloten geflogen werden kann. Im März 2020 beendete die Firma das Projekt, um sich auf die Weiterentwicklung des "Heaviside"-Flugzeugs zu konzentrieren – ebenso ein Einzelflugzeug.
Lange galten elektrisch angetriebene Personen-Flugdrohnen für Kurzstrecken in der Stadt eher als Fantasterei. Nun steigen vermehrt kapitalstarke Finanzinvestoren bei Start-ups ein, die elektrisch angetriebene Vertikalflugzeuge ("electric vertical take-off and landing", oder kurz "eVTOL") in Serie bauen wollen. Weltweit arbeiten über 200 Firmen an solchen Senkrechtstartern, weit vorn dabei sind auch zwei deutsche Jungunternehmen:
Das Start-up Lilium aus dem bayerischen Oberpfaffenhofen will für seine Flugtaxis bis 2025 ein Netzwerk von "Vertiports" rund um den Globus aufbauen, also Start- und Landestellen für die vollelektrischen vertikalen Passagierjets. Um das zu schaffen, bereitet Lilium nun den Gang an die Börse vor - über einen Fusion mit der US-Mantelgesellschaft Qell, die das Unternehmen nun vereinbart hat.
Foto: LiliumDie Lilium-Stammaktie soll an der US-Technologiebörse Nasdaq notiert werden. Das Unternehmen erwarte aus der Ausgabe von Aktien und aus treuhänderisch verwalteten Barmitteln 830 Millionen Dollar (gut 707 Mio Euro). Mit dem Erlös solle der Start des kommerziellen Betriebs im Jahr 2024 finanziert werden. Der Wert des fusionierten Unternehmens betrage 3,3 Milliarden Dollar. Die jetzigen Investoren wollen ihre Anteile in das kombinierte Unternehmen einbringen.
Die Musterzulassung steht noch aus. Mit dem Flughafenbetreiber Ferrovial will Lilium in Florida zehn Start- und Landeplätze aufbauen. Lilium-Mitgründer und Vorstandschef Daniel Wiegand sagte: "Die heutige Ankündigung bringt uns dem Start unseres Passagierdienstes näher."
Die senkrecht startenden, siebensitzigen Elektrojets sollen in Deutschland in Serie gebaut werden. Der Lilium Jet (im Bild der erste Prototyp aus dem Jahr 2018) soll Städte "umweltfreundlich, schnell und erschwinglich" miteinander verbinden. Der Prototyp absolvierte im Oktober 2019 den ersten Testflug.
Allein im vergangenen Jahr haben die Münchener knapp 380 Millionen Dollar von Investoren eingesammelt. Seit Anfang 2021 sitzt der ehemalige Airbus-Chef Thomas Enders im Lilium-Aufsichtsrat.
Foto: Daniel Karmann / dpaNicht ganz so finanzstark, aber dennoch weit vorn dabei, ist Volocopter. Das badische Unternehmen entwickelt elektrisch angetriebene Multikopter zur Personenbeförderung und Drohnen für den innerstädtischen Gütertransport. Ihr Flugtaxi Volocity soll von 18 Einzelmotoren in die Luft gehoben werden und befindet sich bereits im Zertifizierungsprozess für den kommerziellen Einsatz.
Das Fluggerät Volocity soll eine Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometer und eine Höhe von maximal knapp 2000 Metern erreichen. Es kann sich eine Stunde lang in der Luft halten.
Foto: VolocopterVolocopter hat per Stand Anfang März 2021 insgesamt 322 Millionen Euro an Kapital aufgenommen. Das Geld soll vor allen in die weiteren Schritte zur Zulassung des Volocity fließen. Das Unternehmen plant Flugtaxidienste in Metropolen weltweit. Volocopter soll Medienberichten zufolge ebenfalls einen Börsengang via Spac-Börsenhülle anpeilen. Experten rechnen damit, dass Volocopter insgesamt 700 Millionen Euro benötigen wird, um sein Fluggerät in Serie zu bauen und kommerzialisieren zu können.
Im Bild Firmenchef Alexander Zosel im Frühjahr 2016 beim bemannten Erstflug.
Foto: Nikolay Kazakov / Nikolay Kazakov for VolocopterAls wohl bald finanzstärkstes Flugtaxi-Start-up gilt das US-Unternehmen Joby Aviation, das sich vor kurzem die ehemalige Uber-eVTOL-Sparte "Elevate" einverleibt hat. Nun wollen zwei bekannte Tech-Investoren, Marcus Pincus und der Linkedin-Gründer Reid Hoffmann, Joby ebenfalls mithilfe einer Spac-Hülle an die Börse bringen. Die damit angepeilte Bewertung liegt bei satten 5,7 Milliarden Euro.
Auch das ist - wie bei der Konkurrenz - eine hochriskante Wette für Investoren: Denn mehr als Prototypen und hochfliegende Pläne haben sämtliche Start-ups noch nicht vorzuweisen. Das Fluggerät von Joby (im Bild) hat aber laut einem Bericht bereits 600 Testflüge hinter sich.
Foto: Bradley Wentzel / Joby AviationBereits an der Börse notiert - und das ebenfalls via Spac-Blitzbörsengang - ist Jobys US-Konkurrent Archer Aircraft (im Bild der Archer-Prototyp mit der schönen Bezeichnung "Maker"). Anfang Februar 2021 erfolgte der IPO mit einer Gesamt-Unternehmensbewertung von 3,8 Milliarden Dollar. Zudem vermeldete das Unternehmen einen Auftrag über eine Milliarde Dollar von United Airlines. Der ist allerdings an die Bedingung geknüpft, dass die US-Flugbehörden das elektrisch angetriebene Archer-Fluggerät für den regulären Betrieb zulassen.
Der "Maker" soll knapp 100 Kilometer weit fliegen können und auf eine Spitzengeschwindigkeit von 240 km/h kommen.
Foto: Archer AircraftKonkurrent Boeing schickte im Januar 2019 den Prototypen seines autonomen Passagierluftfahrzeugs Boeing PAV (kurz für "passenger air vehicle") auf Jungfernflug. Die Zukunft des Projekts ist nun aber fragwürdig, nachdem Boeing im September 2020 seinen Innovationsbereich Boeing NeXt infolge der Corona-Krise und der Probleme mit der 737 Max schloss.
Foto: BoeingIm September 2016 startete das HY4 zum offiziellen Erstflug vom Flughafen Stuttgart. Es soll eine Geschwindigkeit von 145 Kilometern pro Stunde erreichen und bis zu 1500 Kilometer weit fliegen.
Das Fluggerät ist das Ergebnis einer Kooperation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit mehreren Unternehmen.
Foto: DLRAuch Google-Gründer Larry Page mischt im Flugtaxigeschäft mit. Mit dem Deutschen Sebastian Thrun als CEO gründete er die Firma Kitty Hawk. Auf der Suche nach einem Fluggerät für den täglichen Gebrauch hat das kalifornische Start-up mit dem "Flyer" (Foto) nach eigenen Angaben das erste elektrisch angetriebene Vertikalflugzeug gebaut, das von Nicht-Piloten geflogen werden kann. Im März 2020 beendete die Firma das Projekt, um sich auf die Weiterentwicklung des "Heaviside"-Flugzeugs zu konzentrieren – ebenso ein Einzelflugzeug.
Foto: HANDOUT/ AFP