Flugtaxis Customcells fährt Produktion für Liliums Superbatterien hoch

Under construction: 2025 will Lilium mit seinem Jet in die Luft gehen
Foto:PR
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"Wir schaffen radikal besser Möglichkeiten, sich fortzubewegen", tönt Lilium als Aufmacher seiner Website. Ziemlich forsch für ein Start-up, dessen Zukunft am seidenen Faden hängt . Mit elektrischen Senkrechtstartern will das Unternehmen aus Weßling bei München eine neue Form der Mobilität etablieren – und auf dem Weg dorthin so manchen Rückschlag wegstecken. Nun gibt es offenbar einen Lichtblick.
Um senkrecht starten zu können und dann in einen Gleitflug überzugehen, braucht Liliums Jet besonders leistungsstarke Batterien. Liefern soll sie Customcells. Ein Unternehmen aus Itzehoe, an dessen vermeintliche Superbatterien auch Porsche glaubt. Die Akkus für Lilium fertigt Customcells in Tübingen – und kann nun nach eigenen Angaben die Produktion hochfahren. Wöchentlich wolle man Lilium künftig beliefern, teilt das Unternehmen mit. Pro Jahr könne man jetzt "Tausende Zellen" liefern.
In der Entwicklung arbeitet Customcells mit dem kalifornischen Unternehmen Ionblox zusammen. Die Partner setzen auf einen hohen Siliziumgehalt. Unabhängige Tests hatten Customcells zufolge jüngst ergeben, dass die Zellen nach 800 Ladezyklen immer noch 88 Prozent ihrer ursprünglichen Leistung brachten. Angestrebt hatten sie einen Wert von 80 Prozent.
In Tübingen will Customcells-CEO Dirk Abendroth (47) die Produktionskapazität von bislang etwa 100 Megawattstunden schnell auf 1,3 Gigawattstunden ausbauen. Daneben sucht das Unternehmen nach einem weiteren Standort für die Fertigung von Flugtaxi-Batterien. Geplante Kapazität: 3,5 Gigawattstunden. Auch nach einer passenden Produktionsstätte für ein E-Auto-Batteriewerk in Deutschland fahndet Abendroth, wie er kürzlich im Gespräch mit manager magazin verriet. Nach eigenen Angaben zählt Customcells nicht nur Porsche, sondern gar "6 der Top 10 Automobilhersteller weltweit" zu seinen Kunden.
Zertifizierung ist "natürlich ein Risiko"
Flugtaxi-Hoffnung Lilium konnte die Tragfähigkeit seines Konzepts noch nicht unter Beweis stellen. Schon mehrfach wurde das Geld knapp, von einst 3,3 Milliarden Dollar Börsenwert sind nur noch knapp 270 Millionen Dollar übrig. Zuletzt fehlten nach eigenen Angaben 540 Millionen Dollar für die Serienproduktion. 2025 will Lilium so weit sein. Ende 2022 hatte verfügte Lilium über 206 Millionen Euro Liquidität.
Retten soll die Mission seit August 2022 ein neuer Chef. Aufsichtsratsboss und Ex-Airbus-CEO Tom Enders (64) ersetzte Gründer Daniel Wiegand (37) durch seinen ehemaligen Airbus-Wegbegleiter Klaus Roewe (58). Der verordnete Lilium direkt ein neues Geschäftsmodell : Statt wie Wiegand alle Welt will Roewe mit den Jets zunächst vor allem gut betuchte Fluggäste beglücken.
Als größte Hürde auf dem Weg dorthin gilt die Zertifizierung durch die europäische Luftfahrtbehörde Easa. "Das ist natürlich ein Risiko", weiß auch Customcells-CEO Abendroth. Gemeinsam habe man nun aber "einen wichtigen Meilenstein" erreicht, beteuert Lilium-COO Yves Yemsi. Noch in diesem Jahr wolle Lilium mit dem Bau des ersten Flugzeugs für den Zertifizierungsprozess beginnen, heißt es. In der zweiten Hälfte des kommenden Jahres soll es dann einen bemannten Jungfernflug geben.
Darauf hofft auch Customcells-Chef DirkAbendroth. Er will jetzt die Produktion "Zug um Zug zu großen Stückzahlen" automatisieren. Und sollte Lilium als Kunde doch wegbrechen? Dann werde sich schon ein anderer Abnehmer finden, so die Hoffnung. Den Traum vom Flugtaxi träumt man schließlich nicht nur in Weßling.