Absturz eines Superstars Neuer Deal soll Klarna nur noch mit 6,5 Milliarden Dollar bewerten

Das schwedische Fintech war mit einer Bewertung von 46 Milliarden Dollar eben noch Europas wertvollstes Start-up. Nun hofft CEO Sebastian Siemiatkowski auf frisches Kapital zu radikal anderen Bedingungen.
Die Zeiten waren schon besser: Co-Gründer Sebastian Siemiatkowski

Die Zeiten waren schon besser: Co-Gründer Sebastian Siemiatkowski

Foto: Magnus Hjalmarson Neideman/SvD/TT / picture alliance / TT NEWS AGENCY

Es ist noch nicht lange her, da war das schwedische Unternehmen Klarna das mit Abstand wertvollste Start-up Europas. Im vergangenen Jahr noch sammelte CEO Sebastian Siemiatkowski (40) frisches Kapital ein, zu einer Bewertung von 46 Milliarden Dollar. Nun soll er kurz vor dem Abschluss der nächsten Finanzierungsrunde stehen – für eine Bewertung von gerade noch 6,5 Milliarden Dollar.

Angeführt von bestehenden Investoren soll der Bezahldienst wohl mehr 600 Millionen Dollar frisches Kapital erhalten. Mit dabei sind offenbar kalifornische Wagniskapitalgeber Sequoia Capital, dessen Partner Michael Moritz (67) auch Aufsichtsratschef bei Klarna ist, sowie der Staatsfonds von Abu Dhabi, Mubadala. Der Deal, über den zuerst das "Wall Street Journal" berichtet hatte , soll kurz vor dem Abschluss stehen.

Klarna ist damit das bislang prominenteste Beispiel für die neue Zeit in der Start-up-Szene. Der massive Bewertungsabschlag um mehr als 80 Prozent verdeutlicht, wie schwer es selbst gefeierte Firmen wie der schwedische Buy-Now-Pay-Later-Anbieter haben, aktuell an frisches Kapital zu kommen. Im Silicon Valley richten sich die Investoren und Gründerteams aktuell auf sehr harte Jahre ein  – und auch in der deutschen Techwelt geht die Sorge vor einer neuen Eiszeit  um. Finanzierungen dürften für viele Unternehmen schwierig bis unmöglich werden. Und wenn, dann zu deutlich schlechteren Bedingungen. Der Fall Klarna definiere den Begriff "Down-Round" allerdings völlig neu, heißt es in der Szene.

Das schwedische Unternehmen, 2005 von Siemiatkowski und zwei Co-Gründern gegründet, hat einen schnellen Aufstieg hinter sich. Seit 2010 ist der US-Investor Sequoia Capital an Bord. In den Folgejahren hatte sich das Who-is-Who der globalen Tech-Investoren bei Siemiatkowski eingekauft: unter anderen Silver Lake, Atomico, Blackrock, Permira und natürlich Softbank.

So war die Bewertung über die Jahre schnell gestiegen. Bei der bislang letzten Finanzierungsrunde vor rund einem Jahr steckten die Geldgeber angeführt von Softbank 639 Millionen Dollar in die Firma – und machten sie zum wertvollsten Start-up Europas. Inzwischen bewerten Investoren die Buy-Now-Pay-Later-Dienste jedoch deutlich schlechter als noch vor Monaten: Auch die Aktienkurse der börsennotierten Konkurrenten Affirm aus den USA und Zip in Australien sind seit den Höchstständen um 90 beziehungsweise 95 Prozent gefallen.

Eine Gewinnmaschine ist Klarna mit seinen zuletzt 147 Millionen Kunden bislang ohnehin nicht. Im ersten Quartal 2022 schrieb das Unternehmen umgerechnet rund 240 Millionen Euro (2,57 Milliarden schwedische Kronen) Verlust; im Gesamtjahr 2021 war der Nettoverlust rund dreimal so hoch (7,1 Milliarden schwedische Kronen). Um die Kosten in den Griff zu bekommen, hatte Siemiatikowski vor wenigen Wochen Massenentlassungen angekündigt. Etwa zehn Prozent der rund 7000 Arbeitsplätze sollen wegfallen.

Wie aussichtsreich das Geschäft als Mittler zwischen Online-Kunden, Banken und Verkäufern ist, scheint ohnehin fraglich. Und zuletzt war mit Apple Pay Later zudem noch ein Konkurrent in das Geschäft eingestiegen, der beim Thema Kapitalsuche eher keine Probleme haben dürfte.

lhy
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