Neue Datenschutzregeln Wie der Kampf zwischen Apple und Facebook das Netz verändern wird

Im Streit um mehr Datenschutz für Apps prallen zwei Welten aufeinander: Apple-Chef Tim Cook präsentiert sich als Beschützer der privaten Daten, Facebook-Chef Mark Zuckerberg als Verfechter des freien Internets. Doch worum geht es eigentlich genau?
Duell der Giganten: Facebook-Chef Mark Zuckerberg wehrt sich mit allen Mitteln gegen die neuen Datenschutzregeln von Apple-CEO Tim Cook

Duell der Giganten: Facebook-Chef Mark Zuckerberg wehrt sich mit allen Mitteln gegen die neuen Datenschutzregeln von Apple-CEO Tim Cook

Foto: AP; AFP

Es ist so eine Art D-Day des Internets: Ab dem Frühjahr 2021  will Apple seinen Nutzern mehr Kontrolle über ihre Privatsphäre geben. Mit dem Programm "App Tracking Transparency" (ATT) sollen sie die Möglichkeit bekommen, die Datensammlung in ihren Apps einzuschränken. Jeder App-Entwickler muss dann seine Nutzer für den Zugriff um Erlaubnis fragen.

Mit der Einführung dieses Programms stellt Apple das Geschäftsmodell vieler Internetkonzerne infrage. Ein Großteil der Plattformen finanziert sich bis heute nicht über Gebühren, sondern über den Verkauf von Anzeigen. So wie beispielsweise das soziale Netzwerk Facebook. Dessen Chef, Mark Zuckerberg (36), läuft schon seit Monaten Sturm gegen die neue Datenschutzfunktion. Und je näher der Tag der Einführung rückt, desto harscher werden die Töne zwischen Zuckerberg als "Verfechter des freien Internets" und Apple-Chef Tim Cook (60) als "Beschützer der privaten Nutzerdaten".

Doch worum geht es eigentlich genau bei dem Streit zwischen den beiden Techgiganten? Es geht um die sogenannten Cookies, mit denen im Internet protokolliert wird, auf welchen Seiten der Nutzer unterwegs war, wonach er gesucht hat, welche Werbung eingeblendet wurde und worauf er dann geklickt hat. Das europäische Datenschutzrecht schreibt hierzu vor, dass Unternehmen ihre Nutzer fragen müssen, ob sie damit einverstanden sind, dass ihr Klickverhalten gespeichert wird. Dies wird über die Fenster abgefragt, die auf fast jeder Internetseite aufploppen.

Doch die Datensammlung und -übertragung in den Apps auf Smartphones und Tablets ist bisher noch ungeregelt. Genau das will Apple-Chef Cook nun ändern – und stößt damit vor allem bei Facebook und Zuckerberg auf heftigen Widerstand. Schließlich müssen die App-Entwickler die Nutzer nicht mehr nur um Erlaubnis fragen, wenn sie Daten sammeln, sondern auch, wenn sie diese an andere Anbieter übermitteln wollen, beispielsweise an soziale Netzwerke wie Facebook.

Zuckerberg wirft Apple Profitgier vor

Zuckerberg befürchtet nun, dass viele Nutzer ihre Zustimmung verweigern werden. Schließlich werde in der Abfrage von Apple nicht ausreichend deutlich, dass die Datensammlung auch Vorteile habe, weil der Nutzer so auf ihn abgestimmte Werbung angezeigt bekomme. Zudem könnten viele Apps nur deshalb kostenlos angeboten werden, weil sich die Betreiber über die Werbung finanzierten.

Je mehr Nutzer die Einwilligung ablehnen, desto stärker ist die Beeinträchtigung für Facebooks Geschäftsmodell. Das soziale Netzwerk lebt vor allem von Werbung und dem Versprechen an die Werbekunden, präzise die gewünschte Zielgruppe zu treffen. Dafür ist aber möglichst ausführliches Wissen über die Menschen notwendig, die nun nur noch mit ihrer Einwilligung eingeholt werden kann.

Zuckerberg sieht aber nicht nur das eigene Geschäftsmodell in Gefahr, sondern wirft Apple auch Profitgier vor. Schließlich würden App-Betreiber durch die neuen Regeln nun dazu gezwungen, ihre Apps kostenpflichtig anzubieten, da sie durch die Werbung nicht mehr finanzierbar seien. Das wiederum würde Apple zusätzlichen Umsatz bescheren: Der Konzern verlangt bei digitalen Inhalten und Abos, die über den App Store verkauft werden, eine Gebühr von bis zu 30 Prozent.

Kein Wunder also, dass sich der Streit zwischen Facebook und Apple immer mehr zuspitzt. So attackierte Zuckerberg Apple bei der Vorstellung der Bilanz für das vierte Quartal Ende Januar so scharf wie nie zuvor: "Ich möchte betonen, dass wir Apple verstärkt als einen unserer größten Konkurrenten sehen." Apple missbrauche seine dominante Plattform, um unsere Apps und ihre Funktionen zu verhindern.

EU-Wettbewerbskommissarin Vestager schaltet sich ein

Im Dezember warnte Zuckerberg auf ganzseitigen Anzeigen in US-Zeitungen, Apples Pläne bedrohten die Zukunft des "freien Internets", in dem Inhalte kostenlos und über Werbung finanziert zur Verfügung gestellt werden. Gerade kleine Unternehmen seien in der Corona-Krise auf das Netzwerk als Plattform für ihre Geschäfte angewiesen.

Apple-Chef Tim Cook wiederum holte auf der europäischen Konferenz "Computers, Privacy & Data Protection" ebenfalls weit aus, indem er in Anspielung auf die Netflix-Dokumentation "The Social Dilemma" und den Sturm auf das Kapitol in Washington sagte : "Wir dürfen nicht zulassen, dass aus einem sozialen Dilemma eine soziale Katastrophe wird." Social Media Plattformen, die Nutzer um jeden Preis möglichst lange auf ihrer Plattform beschäftigen möchten, hätten eine Mitschuld an der Verbreitung von Verschwörungstheorien, kritisierte Cook.

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Inzwischen hat sich EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager (52) in den Datenschutzstreit der beiden Tech-Riesen eingeschaltet. Die Vizepräsidentin, die bekannt ist für ihre scharfen Maßnahmen gegen Internetkonzerne, warnt vor allem vor möglichen Wettbewerbsverzerrungen. Zwar gehe es im Streit der US-Konzerne zunächst um den Datenschutz. "Es könnte aber um Wettbewerb gehen, wenn deutlich wird, dass Apple die eigenen Apps nicht genauso behandelt wie fremde Apps", sagte Vestager Anfang Februar in Brüssel. Sie ermahnte den iPhone-Konzern, alle Apps in seinem App Store gleichzubehandeln. Die Einführung der Zustimmungspflicht an sich begrüßt Vestager.

Durch den Streit wird ein grundlegender Unterschied zwischen den beiden Konzernen deutlich. Während Apple sein Geld vor allem mit den Geräten und seinen App-Abos verdient, bietet Facebook seine Dienste gratis an und verdient nur an den Werbeeinnahmen. Sollte sich die Einführung der Datenschutzregelung tatsächlich so auswirken, wie von Facebook befürchtet, könnte das ein Wendepunkt für die Internetbranche bedeuten: Die Unternehmen müssten anstelle auf Werbeerlöse künftig auf Bezahlmodelle setzen. Seinen Willen einer ganzen Industrie aufzuzwingen, wäre nur ein weiterer Beweis dafür, wie mächtig der Konzern mit dem Apfel-Logo ist.

mg
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