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Schlamm darüber

Chromblitzend und ausgestattet als "Special"-Version macht der LandCruiser 100 innerorts eine gute Figur. Taugt der schwere Toyota auch in schwierigem Gelände?
Von Henning Krogh
aus manager magazin 3/2000

Wann lässt er endlich die Finger davon? Immer wieder streicht Manfred Ahle (51) mit der flachen Hand über das dunkelblaue Blechkleid der kolossalen Karosse. Unterdes mahnt der Lichtbildkünstler mehrmals zur Eile, die Fotos müssen zur Post. Manfred Ahle aber nimmt sich Zeit: "Gut Ding braucht Weile."

Das Thema Qualität liegt dem Geschäftsführer der Joh. Vaillant GmbH & Co. eben besonders am Herzen. Noch beim Fototermin tastet Ahle, Chef des Heizungs- und Warmwassergeräteherstellers aus Remscheid, die Lederpolster des mm-Testwagens ab, nestelt an Bedienknöpfen herum, prüft Spaltmaße und Passungen.

Das Modell LandCruiser 100 V 8 Special preist Produzent Toyota immerhin als "Spitzenmodell der Offroad-Palette" an. "Robuste Technik" für unbefestigte Pisten verbinde dieses Allradauto mit den "Charaktermerkmalen einer Luxuslimousine". So viel Eigenlob macht skeptisch, weshalb Tester Ahle den Japaner "besonders sorgsam" mustern will.

Strenge Qualitätskontrollen sind Ahle vertraut. Der Diplomingenieur fungiert als oberster Mentor von "Vaillant Exzellenz", einer umfassenden Change-Management-Initiative, die das Familienunternehmen vor bald drei Jahren gestartet hat.

Die Zufriedenheit der Kunden, die Motivation der Mitarbeiter, die Wettbewerbsfähigkeit im Weltmarkt - all dies will die Vaillant-Gruppe, Gewinner des Deutschen Qualitätspreises 1999, stetig verbessern. "Wir orientieren uns an den Besten der Branche", sagt Ahle, "und wir suchen Vorbilder quer durch alle Industrien."

So bezieht Vaillant auch Toyota in das Benchmarking ein: Für so fortschrittlich halten die Remscheider Firmenoberen den japanischen Konzern, dass sie in dessen Werk Georgetown im US-Bundesstaat Kentucky alljährlich einen ihrer rund 5000 Beschäftigten als Beobachter entsenden: "Nutze das Wissen deiner Mitarbeiter", zitiert Ahle aus der Toyota-Managementlehre.

Bei der Begutachtung des Testautos vertraut Ahle auf eigene Erfahrung. Als Dienstwagen steht dem Vaillant-Chef eine S-Klasse-Limousine von Mercedes-Benz zur Verfügung - wie der Toyota motorisiert von einem großvolumigen Achtzylindermotor. "Die Laufruhe", lobt Ahle die neu entwickelte Vierventilmaschine des Geländemobils, "liegt auf dem hohen Niveau des Daimlers."

Mit einem Grundpreis von mehr als 100 000 Mark sind die Special-Versionen des LandCruiser 100 - neben dem Benziner ist ein Turbodiesel mit 4,2 Litern Hubraum zu haben - die mit Abstand teuersten Produkte der Marke Toyota. Die qualitative Anmutung des Interieurs sei "dieser Preisklasse angemessen, mit einer Einschränkung" (Ahle).

Der ärgste Makel des Innenraums: "Die großflächigen Plastikblenden sollen zwar wie Edelholz wirken", sagt der Qualitätsfanatiker, "für mich sehen sie allerdings billig aus."

Auch mit dem Wendekreis des stattlichen Toyota (12,6 Meter) und seiner "kraftraubenden Lenkung" tut sich Ahle schwer. "In so gewichtigen Fahrzeugen", gibt der Informatiker zu bedenken, "hat man eben Abstriche bei der Agilität hinzunehmen."

Das mag für den Stadtverkehr gelten; ein Kurvenwunder ist der vollbeladen bis zu 3,26 Tonnen schwere LandCruiser nicht. So muss Ahle in den verwinkelten Gassen rund um die Vaillant-Zentrale zunächst heftig "zirkeln und am Lenkrad zerren", um den ausladenden Toyota nicht gegen ein Hindernis zu setzen.

Erst ein Abstecher zu den Wäldern und Wiesen des Bergischen Landes zeigt, warum das Auto LandCruiser heißt: So problemlos, wie der Toyota im Eschbachtal über Stock und Stein setzt, so mühelos erklimmt er die Steigungen des Schnütfel-Bruchs.

Auch offroad, etwa im Matsch von Dorfmüllershammer, droht dem vierradgetriebenen Vehikel keine Gefahr: Mit sperrbarem Zentral- und Heckdifferenzial sowie dank einem zuschaltbaren Untersetzungsgetriebe mit Geländereduktion kann so ein LandCruiser 100 V 8 Special kaum einmal im Dreck stecken bleiben.

Zweibeiner können das schon. Für ein gefälliges Aufmacherfoto muss der Lichtbildschaffende nun durch knöcheltiefen Humus waten.

Des einen Leid, des anderen Freud: "Wenn Sie im Morast versinken", gibt Ahle dem geplagten Fotografen mit auf den Weg, "bleibt mir mehr Zeit zum Testen." Henning Krogh

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