ALCATEL SEL Schlag auf Schlag
Auf den Wechsel ist Verlaß. In den zurückliegenden drei Jahren hat Alcatel SEL dreimal die Vorstandsvorsitzenden ausgetauscht. Das Topmanagement des angeschlagenen Stuttgarter Konzerns wurde ausgedünnt. Doch die Radikalkur schlug nicht an. Jetzt plant der seit Januar amtierende Vorstandschef Gottfried Dutiné (46) den Rundumschlag: Zwei der vier Vorstände werden in den nächsten Wochen gehen, ein Dritter bangt um seinen Job.
Arbeitsdirektor Klaus Fritsche (62) verabschiedet sich planmäßig Ende August. Mit ihm verläßt dann auch Siegfried Schlag (57) das Unternehmen. Bislang ist Schlag zuständig für die Geschäftsbereiche Bürokommunikation, Telephonanlagen, Zugangs- und Übertragungssysteme. Der altgediente SELer gilt als solider Werksleiter, der sich um die ehemalige Amtsbaufirma der Deutschen Telekom verdient gemacht hat. Im globalen Konkurrenzkampf hat der bodenständige Manager aber keine Erfahrung. Der von ihm verantwortete Bereich der Sprachkommunikation verfehlte im abgelaufenen Geschäftsjahr sein Umsatzziel.
Ebenfalls umstritten ist Gerhard Barth (49), der im Oktober 1996, von Daimler-Benz kommend, in den Alcatel-SEL-Vorstand einzog. Ihm werfen Insider vor allem Schwächen im operativen Geschäft vor. Den hochgelobten Intellektuellen, dessen Stärken in der Softwareentwicklung und im Innovationsmanagement liegen, sähen manche gern als Forschungs- und Entwicklungsvorstand. Statt dessen kümmert sich Barth, Honorarprofessor an den Universitäten Karlsruhe und Ulm, insbesondere um das hart umkämpfte Kerngeschäft mit Vermittlungsanlagen (Umsatz 1997: 2,5 Milliarden Mark) und die vertriebsintensive Mobilfunksparte. Der Verkauf ist indes nicht seine Stärke.
Gerade hier muß Alcatel-Chef Dutiné zulegen. Das Digitalisierungsprogramm der Deutschen Telekom, das bei den Stuttgartern im letzten Geschäftsjahr für ein Zwischenhoch sorgte (siehe Graphik Seite 35), ist abgeschlossen. Bei Neuaufträgen gibt es für die Ex-Hoflieferanten der Telekom keinen nationalen Bonus mehr. Überleben kann Alcatel SEL nur mit international konkurrenzfähigen Angeboten.
Damit tun sich die Stuttgarter schwer. Der Auftragseingang lag 1997 mit knapp 4,5 Milliarden Mark um 15 Prozent unter dem Vorjahreswert. Im ersten Halbjahr 1998 konnte die deutsche Alcatel, größter Auslandsableger des französischen Telekommunikationskonzerns, kein positives operatives Ergebnis ausweisen.
Auf den promovierten Nach- richteningenieur Dutiné kommen schwierige Aufgaben zu. Er muß den Vertrieb des immer noch zu sehr auf Technik fixierten Konzerns stärken, die Präsenz in Wachstumsfeldern wie Mobilfunk und Internet ausweiten und das Dienstleistungsgeschäft ankurbeln.
Nicht auszuschließen, daß sich Ex-Bosch-Geschäftsführer Dutiné, der als Teamworker gilt, einen Vertriebs- und Marketingvorstand an die Seite holt. Denn nach bitteren Verlustjahren, Werksschließungen und Personalabbau will der französische Konzernchef Serge Tchuruk (60) endlich nachhaltige Erfolge im wichtigsten europäischen Markt sehen. ap
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Die Geschäftsentwicklung der Alcatel SEL AG (Teilkonzern)
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