Nach Gewinnrückgang RTL will weitere Millionen in Streaming-Angebote investieren

Die Flaute auf dem Werbemarkt belastet auch die RTL-Gruppe. Sie erwartet operativ weniger Gewinn und setzt auf den Hoffnungsträger Streaming. Dort will RTL Millionen zahlende Kunden gewinnen. Der Verkaufsprozess für Gruner+Jahr-Zeitschriften hat begonnen.
Setzt weiter auf Streaming: RTL-Chef Thomas Rabe

Setzt weiter auf Streaming: RTL-Chef Thomas Rabe

Foto: Bernd von Jutrczenka / dpa

Die schwierige Situation auf dem TV-Werbemarkt belastet auch die RTL-Gruppe. Nach einem Gewinnrückgang im Vorjahr rechnet Konzernchef Thomas Rabe (57) für 2023 damit, dass operativ erneut weniger Gewinn übrig bleiben dürfte. Mittelfristig hält der Manager am Hoffnungsträger Streaming fest, auch wenn sich das Wachstum dort zuletzt abschwächte. Dafür will Rabe weiter Millionen von Euro in die Sparte investieren. Beim übernommenen Magazingeschäft des Verlags Gruner + Jahr sieht es dagegen mau aus: Die erhofften Synergien dürften in den kommenden Jahren noch geringer ausfallen als gedacht.

Dieses Jahr soll der Umsatz der Gruppe auf 7,3 bis 7,4 Milliarden Euro wachsen, teilte der im MDax notierte Fernsehkonzern am Donnerstag in Luxemburg mit. Allerdings dürfte der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (Ebita) leicht auf 1,0 bis 1,05 Milliarden Euro sinken. Das wäre der zweite Rückgang in Folge. Seine Anlaufverluste im wichtigen Streaming-Bereich will RTL auf weniger als 200 Millionen Euro reduzieren.

Zahl der Streaming-Kunden soll auf 10 Millionen wachsen

Die Bertelsmann-Tochter will das Streaming-Geschäft zugleich weiter ausbauen. Bis 2026 sollen 10 Millionen Menschen für die Dienste "RTL+" in Deutschland und "Videoland" in den Niederlanden bezahlen. Rabe rechnet damit, dass der bisherige Umsatz von 267 Millionen Euro bis dahin auf eine Milliarde Euro klettert.

Ende 2022 zählte die Gruppe fast 5,5 Millionen zahlende Abonnenten und damit knapp 44,3 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Allerdings schwächt sich das Wachstum ab. Der Großteil der Kunden entfällt auf den Dienst RTL+, den der Konzern etwa über eine strategische Partnerschaft mit der Deutschen Telekom vermarktet.

Mit dem Plan verbunden ist die Vorstellung, mit anderen Streamingdiensten wie Netflix oder AppleTV+ konkurrieren zu können. Rabe warb bereits dafür "nationale Champions" durch den Zusammenschluss europäischer Medienhäuser zu erschaffen – daraus geworden ist bisher aber nichts: Sowohl in Frankreich als auch in den Niederlanden hatten Wettbewerbshüter an den Fusionsplänen etwas auszusetzen.

Verkaufsprozess für Zeitschriften hat begonnen

"Wir sind überzeugt, dass die Marktkonsolidierung früher oder später kommen wird", sagte Rabe in einer Konferenz mit Journalisten. RTL wolle weiter Wege für Partnerschaften und Zusammenarbeiten ausloten. In den USA platzte bereits die Übernahme des US-Buchverlags Simon & Schuster, nachdem sich die US-Regierung mit einer kartellrechtlichen Klage erfolgreich gegen den Kauf gestemmt hatte.

Rabe, der auch das Sagen beim RTL-Mehrheitsaktionär Bertelsmann hat , zeigte sich optimistisch, räumte aber auch Herausforderungen ein. Zu diesen dürfte der Manager die Übernahme der Magazine von Gruner + Jahr zählen. Nach dem Zukauf im vergangenen Jahr kündigte RTL Deutschland Anfang Februar an, 700 der 1900 Stellen bei dem Verlag zu streichen und Dutzende Titel einstellen oder verkaufen zu wollen. Kernmarken wie "Stern" und "Brigitte" will der Konzern behalten.

Die zum Verkauf stehenden Zeitschriften von Gruner+Jahr stoßen offenbar auf großes Interesse. Es hätten sich "etliche" Investoren gemeldet, sagte RTL-Chef Thomas Rabe am Donnerstag. "Die Verkaufsprozesse haben begonnen." Die Interessenten erhielten Informationen und seien aufgefordert, demnächst Angebote abzugeben. Er gehe davon aus, dass das Bieterverfahren einige Monate dauere und bis zum Sommer abgeschlossen sei, betonte der CEO. Über mögliche Erlöse wolle er nicht spekulieren.

Kritiker werfen Rabe mangelnde publizistische Verantwortung vor

Titel wie "P.M.", "11 Freunde", "Landlust", "Beef" oder "Essen&Trinken" sollen verkauft werden. Kritiker nicht nur aus der Belegschaft hatten Rabe vorgeworfen, ihm mangele es an publizistischer Verantwortung. "Ich habe mich nie selbst als Journalist oder Verleger positioniert", rechtfertigte sich Rabe daraufhin in einer Telefonkonferenz. Er interessiere sich breit für Journalismus und journalistische Inhalte, sehe seine Stärke aber bei der Führung von Bertelsmann als Konzern mit mehr als 20 Milliarden Euro Umsatz. Dafür spüre er auch große Rückendeckung von den RTL- und Bertelsmann-Aufsichtsräten.

Das Publishing-Geschäft habe allerdings nichts zum operativen Ergebnis 2022 beigetragen, rechtfertigte Rabe seine Entscheidung. Die erhofften Synergien dürften zudem geringer ausfallen als bislang gedacht. So dürften sich diese bis 2025 auf nun 75 Millionen Euro im Jahr belaufen – und damit ein Viertel weniger als anfangs erwartet.

Im abgeschlossenen Jahr stieg der Umsatz aus eigener Kraft um 1,6 Prozent auf 7,2 Milliarden Euro. Rechnet man die Übernahme von Gruner + Jahr mit, fällt das Plus deutlich größer aus. Der bereinigte operative Gewinn (Ebita) sank um sechs Prozent auf 1,08 Milliarden Euro. Unter dem Strich fiel der Gewinn auf 766 Millionen Euro nach rund 1,45 Milliarden Euro im Vorjahr. Im Jahr 2021 hatte RTL allerdings von hohen Veräußerungsgewinnen profitiert.

mje/ dpa / Reuters
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