Offene Fragen ProSiebenSat.1 stoppt Veröffentlichung der Bilanz

ProsiebenSat.1-Chef Habets stoppt überraschend die Veröffentlichung der Konzernbilanz. Auch der Termin der Hauptversammlung wackelt. Es gibt Unstimmigkeiten bei zwei Tochterfirmen. Der Hinweis sei aus dem eigenen Unternehmen gekommen, heißt es. Die späte Absage ist gleichwohl peinlich für den Konzern und den Wirtschaftsprüfer EY.
Überraschend verlegt: ProsiebenSat.1-CEO Bert Habets verlegt Jahres- und Konzernabschluss

Überraschend verlegt: ProsiebenSat.1-CEO Bert Habets verlegt Jahres- und Konzernabschluss

Foto: PR

Der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 verschiebt kurzfristig die Vorlage des Jahres- und Konzernabschlusses und möglicherweise auch die Hauptversammlung. Grund seien regulatorische Fragen im Kontext des zugehörigen Geschäftes von "Jochen Schweizer mydays", teilte der MDax-Konzern am Dienstag überraschend in Unterföhring mit.

ProSiebenSat.1 gehe nach einem jüngst erhaltenen Hinweis auf der Grundlage der Ergebnisse einer externen Prüfung davon aus, dass die Geschäftstätigkeit ihrer beiden Tochtergesellschaften Jochen Schweizer GmbH und mydays GmbH, die im Wesentlichen im Vertrieb von Gutscheinen besteht, in Teilen unter das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) falle, hieß es zur Begründung des Schritts. Die Gesellschaft prüfe aktuell, das Geschäftsmodell von Jochen Schweizer mydays anzupassen.

Das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz reguliert allerlei neu entstandene Zahlungsdienstleister jenseits der klassischen Banken. Unter anderem schreibt es vor, dass Zahlungsdienstleister eine Genehmigung der Bafin brauchen, ansonsten machen sich die handelnden Personen strafbar.

"Der Hinweis kam aus unserem Unternehmen"

ProSiebenSat.1 argumentiert, dass die Regel-Auslegung zuletzt so verschärft worden sei, dass Teile des Jochen-Schweizer-Geschäfts neuerdings betroffen sein könnten. "Wir schauen gerade, ob wir darunterfallen", sagt eine Sprecherin. "Der Hinweis kam in den vergangenen Tagen aus unserem Unternehmen."

Bezogen auf die Außenumsatzerlöse des Konzerns mache die Geschäftstätigkeit von Jochen Schweizer mydays Group (ohne Regiondo) im Geschäftsjahr 2021 mit 73 Millionen Euro einen Anteil von 1,6 Prozent aus, hieß es weiter. Der Ergebnisbeitrag habe 2021 mit einem um Sondereffekte bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von minus einer Million Euro bei minus rund 0,1 Prozent gelegen, bezogen auf den Konzern. Auf Basis der bisherigen Erkenntnisse halte die Gesellschaft am bisherigen Ausblick für 2022 fest. Der Umsatz der gesamten Konzerngruppe lag zuletzt bei 4,5 Milliarden Euro mit 7800 Mitarbeitenden.

Die späte Absage der Bilanzvorstellung ist peinlich für ProSiebenSat.1 und den Wirtschaftsprüfer EY. Der Hinweis auf die offene Rechtsfrage tauchte offenbar erst unmittelbar vor dem finalen Testat auf, das ansonsten wohl erteilt worden wäre. EY steht gerade am Standort München unter Beobachtung, nachdem ihre Prüfer im Wirecard-Skandal öffentlich bekannt gewordene Hinweise auf Unregelmäßigkeiten lange ignoriert hatten.

PROSIEBENSAT.1

Über die neuen Termine werde die Gesellschaft "so bald wie möglich" informieren. Bisher war die Bilanz-Pressekonferenz an diesem Donnerstag geplant und die Hauptversammlung am 2. Mai. Der Aktienkurs notierte zuletzt rund 3 Prozent leichter.

Der Konzern hat aber eigentlich andere Probleme. Anfang November übernahm der frühere CEO der RTL Group, Bert Habets (51), den Chefsessel der Unterföhringer Konzernzentrale. Der deutsche Manager wollte eigentlich am Donnerstag eine geänderte Strategie vorstellen, die das dominierende Fernsehgeschäft weniger abhängig vom volatilen Werbemarkt macht. Habets soll als neuer CEO die Zukunftsfähigkeit des werbefinanzierten TV beweisen . Vergangene Woche war zudem ein neuer Großaktionär aus Tschechien eingestiegen, dessen Motive noch nicht völlig klar sind.

mje/dpa-afx
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