Milliardenvergleich
Oxycontin-Hersteller Purdue bekennt sich schuldig
Der größte Drogendealer der USA muss zahlen. Wegen der verheerenden Schmerzmittelsucht willigen Purdue Pharma und die Eignerfamilie Sackler in einen Milliardenvergleich mit dem Staat ein. Ob das Geld wirklich fließt, ist unklar: Die Firma ist insolvent.
Für Hunderttausende Tote verantwortlich gemacht: Dosen mit Oxycontin-Tabletten von Purdue Pharma in einer US-Apotheke
Foto: George Frey / REUTERS
Der insolvente Pharmakonzern Purdue, gegen den tausende Klagen wegen des süchtig machenden Schmerzmittels Oxycontin laufen, hat sich mit der US-Regierung auf einen Vergleich geeinigt. Der Kompromiss sehe vor, dass das Unternehmen insgesamt mehr als 8,3 Milliarden Dollar (7 Milliarden Euro) zur Beilegung zivil- und strafrechtlicher Verfahren auf Bundesebene zahle, teilte das Justizministerium am Mittwoch in Washington mit. Zudem sollen Mitglieder der Eigentümerfamilie Sackler 225 Millionen Dollar zahlen.
Purdue werde darüber hinaus ein Schuldgeständnis wegen Verstößen gegen mehrere US-Bundesgesetze abgeben, unter anderem wegen Verschwörung zum Betrug. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Verantwortlichen dauern indes weiter an, betonte das Ministerium. Ob die Vergleichssumme gezahlt werden kann, ist allerdings unklar. Die Entscheidung, inwieweit dies möglich sei, liege letztlich beim zuständigen Insolvenzgericht, so Vizejustizminister Jeffrey Rosen (62).
Purdue Pharma und den Sacklers wird vorgeworfen, Schmerzmittel unter Verschleierung von Suchtgefahren mit rücksichtslosen und aggressiven Methoden vermarktet zu haben. Damit wurde aus Sicht der Kläger eine Basis für die Opioid-Epidemie in den USA gelegt, die nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC seit der Jahrtausendwende zu mehr als 450.000 Toten durch Überdosierungen führte und weiterhin - auch im Schatten der Corona-Krise - in vielen Gegenden großes Unheil bereitet. Purdue war bereits 2007 wegen seiner Rolle in der Epidemie zur Rechenschaft gezogen worden, danach verschlimmerte sich die Opioid-Krise in den USA jedoch nur noch weiter.
Der nun erzielte Vergleich mit dem Justizministerium ist umstritten. Purdue hatte 2019 nach zahlreichen Klagen von amerikanischen Bundesstaaten, Städten und Landkreisen Insolvenz beantragt. Die Kläger fordern hohe Strafen und Entschädigungen für Milliarden von Dollar, die im Kampf gegen die Schmerzmittelkrise aufgewandt wurden. Kritiker wie die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James (62) sehen die Insolvenz als Manöver von Purdue Pharma, um sich aus der Verantwortung zu stehlen und das Vermögen der Sacklers zu schonen.
Laut "Bloomberg" haben die Sacklers in den Jahren vor der Insolvenz Werte von 10,8 Milliarden Dollar aus der Firma gezogen. Selbst nach einem von ihnen vorgeschlagenen 10-Milliarden-Vergleich mit 48 klagenden Bundesstaaten, von dem rund ein Viertel aus dem Familienvermögen bezahlt werden soll, wären sie immer noch eine Milliardärsfamilie.