Coronavirus Astrazeneca will Impfstofflieferungen verdoppeln

"Nicht perfekt, aber toll": Astrazeneca-Chef Pascal Soriot ist von seinem Impfstoff überzeugt
Foto: WIN MCNAMEE / AFPDer britisch-schwedische Pharmakonzern Astrazeneca will seine monatlichen Covid-19-Impfstoff-Lieferungen kurzfristig mehr als verdoppeln. Ab April wolle Astrazeneca mehr als 200 Millionen Dosen pro Monat ausliefern, kündigte Vorstandschef Pascal Soriot (61) am Donnerstag zur Vorstellung der Jahresbilanz an. Aktuell würden mehr als 100 Millionen Dosen pro Monat produziert.
Das Mittel war im Januar als dritter Covid-19-Impfstoff in der Europäischen Union zugelassen worden, hatte zuvor aber für Schlagzeilen wegen eines Lieferstreits von Astrazeneca mit der EU, Zweifeln an der wirksamsten Dosierung sowie an der Wirksamkeit gegen die Virusmutationen gesorgt. In Deutschland hatte die Ständige Impfkommission den Impfstoff nur für die Anwendung bei 18- bis 64-Jährigen empfohlen, da es aus ihrer Sicht nicht genügend Daten für die Wirksamkeit bei Älteren gibt.
Am Wochenende hatten Studiendaten zudem gezeigt, dass das Vakzin offenbar weniger wirksam bei milden Verläufen der ansteckenderen südafrikanischen Virusvariante ist. Die Impfkampagne wurde dort daher ausgesetzt. Inzwischen rät die panafrikanische Gesundheitsbehörde Africa CDC Ländern, in denen diese Mutation vorherrscht, sogar davon ab, den Astrazeneca-Impfstoff einzusetzen. Die WHO empfiehlt allerdings weiterhin den Einsatz des Vakzins. Es gebe keine Hinweise darauf, dass der Impfstoff nicht gegen schwere Verläufe von Covid-19 schütze, hieß es. Zudem bescheinigte sie dem Mittel eine gute Wirksamkeit in allen Altersgruppen. "Ist er perfekt? Nein, er ist nicht perfekt, aber er ist toll. Wer sonst noch stellt 100 Millionen Dosen im Februar her?", sagte Soriot.
Neue Generation soll vor Virusvarianten schützen
Astrazeneca kündigte nun an, im kommenden Herbst die nächste Generation des Corona-Impfstoffs ausrollen zu wollen, der noch besser vor den Virusvarianten schützen soll. Im Frühjahr sollen klinische Tests mit diesen Impfungen beginnen. In sechs bis neun Monaten könne dann voraussichtlich die Massenproduktion starten.
"In ein oder zwei Jahren werden wir zurückblicken und jeder wird erkennen, dass wir einen großen Einfluss hatten", zeigte sich Soriot am Donnerstag selbstbewusst. "Wir werden Tausende Leben retten." Das Mittel war von der Universität Oxford – die es zusammen mit Astrazeneca entwickelt hatte – als "Impfstoff für die Welt" angepriesen worden, weil es günstiger ist und leichter ausgeliefert werden kann als etwa der mRNA-Impfstoff von Biontech und Pfizer, der eine ultrakalte Lagerung benötigt.
Daten aus einer weiteren Studie mit dem Impfstoff in den USA erwartet Astrazeneca vor Ende März – und hofft, dass diese zeigen, dass das Mittel gut gegen schwere Krankheitsverläufe und Tod bei der südafrikanischen Variante schützt. Die enttäuschenden Studienergebnisse hinsichtlich der Variante aus Südafrika hatten dagegen den Einfluss bei milderen Fällen bewertet.
Keine Gewinne mit dem Corona-Impfstoff
In Astrazenecas Geschäftszielen für 2021 ist der Impfstoff nicht berücksichtigt, da der Konzern versprochen hat, während der Pandemie kein Geld mit dem Mittel verdienen zu wollen. Umsätze sollen aber ab dem ersten Quartal ausgewiesen werden. Für 2021 stellte das Unternehmen ein Umsatzwachstum zu konstanten Wechselkursen im niedrigen zweistelligen Prozentbereich in Aussicht. Der bereinigte Gewinn je Aktie soll stärker zulegen, zwischen 18 und 24 Prozent auf 4,75 bis 5,00 Dollar.
An der Börse legte die Aktie zuletzt um knapp 2 Prozent zu. Analysten reagierten allerdings verhalten: Der Ausblick für den Umsatz sei zwar stark, bewege sich beim Gewinn je Aktie aber nur im Rahmen der Erwartungen, schrieb Jefferies-Analyst Peter Welford. Laut Branchenkenner Keyur Parekh von Goldman Sachs könnten nun die Marktschätzungen für die bereinigte Marge sinken.
Gewinn und Umsatz gesteigert
Im vergangenen Jahr hatte Astrazeneca vor allem von neuen Medikamenten und Krebstherapien profitiert. Bei Blockbustern aus der Onkologie wie Tagrisso, Imfinzi und Lynparza verbuchte der Konzern hohe, prozentual zweistellige Wachstumsraten. Die noch relativ jungen Arzneien steuern inzwischen rund die Hälfte des Konzernumsatzes bei. Der Konzern habe einen "deutlichen Schritt nach vorne" gemacht, sagte Konzernchef Soriot.
Konzernweit stiegen die Erlöse im vergangenen Jahr um 9 Prozent auf rund 26,6 Milliarden Dollar (21,9 Milliarden Euro), im Schlussquartal lag das Wachstum mit 11 Prozent noch etwas darüber. Das Ergebnis stieg noch deutlicher. Verantwortlich waren unter anderem gesunkene Kosten für die Forschung und Entwicklung sowie niedrigere Ausgaben für die Verwaltung. Unter dem Strich entfiel auf die Aktionäre ein Gewinn von rund 3,2 Milliarden Dollar, ein Jahr zuvor waren es noch 1,3 Milliarden Dollar gewesen. Die Anleger erhalten wie im Vorjahr eine stabile Dividende von insgesamt 2,80 Dollar.
An seinem Zeitplan für die Alexion-Übernahme hält Astrazeneca fest, das Geschäft soll im dritten Quartal abgeschlossen sein. Astrazeneca hatte im vergangenen Dezember den Zukauf des US-Wettbewebers Alexion für 39 Milliarden US-Dollar bekannt gegeben. Die Übernahme werde die Entwicklung des Konzerns wissenschaftlich und kommerziell weiter beschleunigen, sagte Soriot. Mit Alexion wollen die Briten unter anderem ihr Portfolio mit Arzneien gegen seltene Immunkrankheiten ausbauen.