

Sergey Brin zeigt, dass er das Träumen von technologischen Revolutionen nicht verlernt hat. Laut einem "Bloomberg"-Bericht arbeitet der Google-Mitgründer privat an einer modernen Version der Zeppeline. In einem alten Luftschiff-Hangar der Nasa in Mountain View entstehe mehreren beteiligten Personen zufolge ein Flugobjekt, das die gewaltige Halle weitgehend ausfülle. Das besondere: Der Helium-Ballon soll gewissermaßen atmen können, also sich wie eine Lunge füllen und leeren.
Solche "Moonshots" sind beim Google-Konzern Alphabet nicht mehr so angesagt. Der Silicon-Valley-Riese achtet inzwischen mehr aufs Geld. Zukunftsinvestitionen müssen schneller beweisen, dass sie eine kommerzielle Perspektive haben.
Vor wenigen Tagen hatte Mitgründer Larry Page ebenfalls Furore mit einem neuen Flugobjekt gemacht. Das von ihm mitfinanzierte Unternehmen Kitty Hawk präsentierte am Montag (siehe Video) eine bemannte Drohne. Noch 2017 soll eine Variante dieses fliegenden Autos auf den Markt kommen.
Das "Moffett Airfield", wo Sergey Brins Traum "Bloomberg" zufolge Wirklichkeit wird, hatte die Google-Tochter Planetary Ventures 2014 für einen Milliardenbetrag vom Staat gepachtet. Das jahrzehntelang von der Nasa als Ames Research Center genutzte Gelände taugt zur Erweiterung der Zentrale, ebenso wie für Tests beispielsweise der Robotertechnik. Bereits zuvor hatte Brin den "Hangar One" für wissenschaftliche Wettbewerbe genutzt.
Referenzen des Projektleiters: Bungee-Jumping und Reagans "Star Wars"
Nun wird die Halle, die bereits in den 30er Jahren für Luftschiffe genutzt wurde, offenbar ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt. Ein Metallgerüst stehe bereits, heißt es in dem Bericht. Brin teilte mit, er habe "gerade jetzt" nichts zu dem Thema zu sagen.
Mit dem Projekt betraut ist demnach Alan Weston, der zuvor die Forschungsprogramme der Nasa am selben Ort leitete und eine schillernde Figur ist. In seiner Jugend war er als Mitglied des "Dangerous Sports Club" an noch verrückteren Vorhaben wie dem modernen Bungee-Jumping beteiligt, inklusive eines Sprungs von der Golden Gate Bridge. Später spielte er eine Schlüsselrolle in Präsident Reagans "Star-Wars"-Programm zur weltraumbasierten Raketenabwehr.
Den aktuellen Plan erläutern könnte ein Radiointerview, das Weston 2013 gab. Darin beschrieb er die Vorzüge von Luftschiffen, die dank neuer Technik große Lasten deutlich spritsparender transportieren könnten als Flugzeuge, vor allem aber unabhängig von teurer Infrastruktur wie Flughäfen.
Die mit der Explosion der deutschen "Hindenburg" 1937 beendete Ära der Luftschiffe sollte schon mehrfach neu entstehen. Deutsche Kleinanleger erinnern sich an das in Brandenburg mit großer Hoffnung gestartete Projekt Cargolifter, das eine als Freizeitbad genutzte Halle hinterlassen hat. In Großbritannien hob der neuartige "Airlander 10" im vergangenen Herbst zu seinem Jungfernflug ab.
Dieser "fliegende Hintern" verspricht nur eine Traglast von zehn Tonnen, dafür mit tagelanger Flugzeit ohne Tankstopp.
Weston hingegen spricht von Gefährten, die 500 Tonnen ohne Ballast tragen können. Die künstliche Lunge soll mit Druckunterschieden zwischen Helium in kleinen inneren Ballons und der Umgebungsluft funktionieren. Das Gewicht der verdrängten Luft entspreche dem Auftrieb. Auf das Geheimprojekt nun angesprochen, löschte Weston die Hinweise auf seine Luftschiff-Expertise rasch aus seinem Linkedin-Profil.
Sergey Brin, im Bild von 2011 beim Skydiving, kümmert sich persönlich um die Revolution der Luftfahrt. Der Google-Mitgründer arbeitet laut einem Bericht an der Rückkehr der Luftschiffe.
Der Bau füllt demnach den historischen Luftschiff-"Hangar One" fast komplett aus. 2014 übernahm die Konzerntochter Space Ventures die alte Nasa-Basis in Mountain View nahe der Google-Zentrale. Doch das Projekt verantwortet Brin privat.
Auch Mitgründer Larry Page hegt luftige Pläne. Der von ihm geführte Google-Mutterkonzern Alphabet achtet inzwischen mehr aufs Geld und streicht abenteuerliche "Moonshots" zugunsten praktischer, für Googles Suchmaschinengeschäft nützliche Investitionen wie Ballons im All, die Internetsignale in entlegene Winkel der Erde bringen.
Page steht aber als privater Investor hinter einer Firma namens Kitty Hawk, die Passagierdrohnen noch 2017 auf den Markt bringen will. Andere Milliardäre in der Tech-Branche heben deutlich höher ab.
Jeff Bezos will jährlich Amazon-Aktien für eine Milliarde Dollar verkaufen, um sein Weltraumunternehmen Blue Origin zu beschleunigen. In Colorado Springs präsentierte der Amazon-Chef Anfang April die Raumkapsel "Crew Capsule".
Laut Bezos sollen ab 2018 kurze Weltraumflüge für Touristen angeboten werden. Hauptanliegen der Firma ist es jedoch, kommerziell erfolgreich zu sein und die Kosten der Raumfahrt dramatisch zu senken. Die Mission vereint ihn mit einem anderen Milliardär, Elon Musk - und bringt beide in einen Wettlauf.
Bereits im November 2015 landete Blue Origin eine wiederverwertbare Trägerrakete sicher nach ihrem Flug ins All - Premiere für wiederverwertbare Raketen. Als Startplatz diente ...
... eine alte Air-Force-Basis nahe Cape Canaveral, also in der Nachbarschaft von SpaceX. Blue Origin hegt ambitionierte Ziele. Bis spätestens ...
... Ende des laufenden Jahrzehnts will Bezos bemannte wiederverwertbare Raketen testen.
Elon Musk baut mit Tesla Motors nicht nur Elektroautos. Der Multimilliardär schießt über sein Raumfahrtunternehmen SpaceX auch Raketen ins All - die er neuerdings wieder wohlbehalten zur Erde zurück bringt.
Ende März 2017 schaffte SpaceX es erstmals, eine bereits gebrauchte Falcon-9-Rakete erneut ins All zu schießen.
Für die erfolgreichen Starts von Cape Canaveral wie hier im Dezember 2015 brauchte es mehrere Fehlversuche.
Im Sommer 2015 erlitt SpaceX einen herben Rückschlag, als "Falcon 9" wenige Minuten nach dem Start zur Internationalen Raumstation ISS explodierte.
Immerhin: Mit seiner Dragon-Raumkapsel hat SpaceX bereits erfolgreiche Missionen absolviert: Hier dockt das Modul an die Internationale Raumstation ISS an. Doch die Zeit drängte zuletzt, denn ...
... Musk will mit SpaceX ab 2017 für die US-Weltraumorganisation Nasa tätig werden (im Bild Nasa-Chef Charles Bolden). Die erfolgreiche Landung der Trägerrakete war dafür eine Grundvoraussetzung.
Zunächst lautete der Plan, Teile der "Falcon" auf schwimmenden Plattformen zu landen - das misslang allerdings.
Auch SpaceX hat Pläne für privaten Weltraumtourismus. Schon vor Jahren präsentierte Musk seine Dragon-Kapsel. 2018 will er Flüge zum Mond anbieten.
Zur milliardenschweren Raumfahrerriege gehört auch Richard Branson: Der Gründer der Virgin Group, die aus einer gleichnamigen Plattenladen-Kette hervorgegangen ist, arbeitet im Gegensatz zu seinen Kollegen Bezos und Musk vor allem an der touristisch ausschlachtbaren Raumfahrt.
In New Mexico ließ Branson bereits einen futuristischen "Spaceport" errichten. Doch bisher bleibt der Weltraumflughafen nahe dem Ort Truth or Consequences ungenutzt.
Mit dem Ingenieur Burt Rutan (rechts) arbeitet er am Raumschiff SpaceShipTwo, das Touristen Kurztrips ins Weltall anbieten soll. Das eigentliche Raumschiff (mittig) wird dabei von einem Trägerflugzeug ...
... aus abgeworfen und fliegt anschließend alleine weiter. Wie auch bei SpaceX und Blue Origin verlaufen die bisherigen Tests nicht nur vielversprechend: ...
Im Oktober 2014 starb etwa ein Pilot beim Absturz eines SpaceShipTwo in der kalifornischen Mojave-Wüste.
Für mehr als eine Milliarde Dollar pachtet die zum Google-Konzern gehörende Firma Planetary Ventures die kalifornische Basis Moffett Airfield von der US-Weltraumagentur Nasa. Google hält sich zu den Plänen bedeckt, die Nasa teilt aber mit, hier würden unter anderem High-Tech-Forschung um Satelliten und Roboter untergebracht.
Das vier Quadratkilometer große Gelände, von dem 2013 auch das Solarflugzeug Solar Impulse zur Weltumrundung abhob, liegt in direkter Nachbarschaft der Google-Zentrale. Hier hat Google schon seine Roboterautos ausprobiert und die Jets der Firmenchefs geparkt. Im Bildhintergrund steht der gigantische "Hangar One" ...
... dessen Stahlhülle (hier im Archivbild von 1999) wegen Schadstoffbelastung abmontiert wurde. Google will das Gebäude, in den 1930er Jahren für Luftschiffe gebaut, restaurieren. Doch dem Konzern geht es wohl kaum um eine bloße Erinnerung an historische Luftfahrtunternehmen.
Am 24. Oktober überraschte der 57-jährige Google-Manager Alan Eustace mit einem Sprung aus der Stratosphäre - aus 41 Kilometern Höhe, zwei mehr als der bisherige Rekordsprung des Österreichers Felix Baumgartner. Zuvor hatte Google wenig Aufhebens um dieses Projekt, das der Forschung der bemannten Raumfahrt dient, gemacht.
Ein anderes Google-Projekt für das All wurde 2013 bekannt: Ballons, die als Sendemasten auch bisher weißen Flecken auf dem Globus Internetzugang bringen würden. Seit Jahren versuchen sich private Firmen an großen Weltraumplänen, doch zuletzt häuften sich die Rückschläge:
Am 31. Oktober zerschellte in der Mojave-Wüste das "Spaceship Two" von Virgin Galactic in einem Testflug. Das Raumschiff ...
... steht für das große Versprechen des Unternehmers Richard Branson, erstmals zahlende Touristen ins All fliegen zu lassen. Das Vorhaben wurde schon mehrmals verschoben, aber noch nie so heftig infrage gestellt wie durch diesen Unfall. Branson will weitermachen.
In der Wüste New Mexicos steht bereits ein Weltraumbahnhof namens Spaceport America bereit.
Zwei Tage zuvor, am 29. Oktober, explodierte beim Start der Raumtransporter Cygnus, der die Internationale Raumstation ISS mit Material beliefern sollte. Das Vehikel hatte die Firma Orbital Sciences im Auftrag der Nasa in die Luft gebracht.
Erfolgreicher ist Tesla-Gründer Elon Musk mit seiner Firma SpaceX, auch wenn die hier vorgestellte Kapsel für private Orbitalflüge noch weit vom Betrieb entfernt ist. SpaceX kann sich des ersten privaten Raketenstarts, des ersten privaten Raumtransports zur ISS und mehrerer kommerziell vermarkteter Satellitenstarts rühmen. Musk verfolgt aber eine andere Ambition: SpaceX soll an die Börse gehen, wenn das Projekt der Besiedlung des Mars in vollem Gang ist.
Neben SpaceX zählt auch ein Konsortium aus Boeing, Lockheed Martin und der Firma Blue Origin von Amazon-Gründer Jeff Bezos zu den Auftragnehmern des im September verkündeten US-Plans, wieder eigene Astronautenflüge zur ISS anzubieten, um nicht mehr auf russische Hilfe angewiesen zu sein. Auch Bezos hängt großen Träumen von "Raumflügen für Jedermann" mit kommerziellem Erfolg an. Bisher hängt die private Raumfahrt aber entscheidend von Staatsaufträgen ab.
So frontal betrachtet, zieht der "Airlander" in den sozialen Netzen Spott auf sich. Trotz der Ähnlichkeit mit einem Hintern geht es um ein sehr ernsthaftes Unterfangen ...
... die Rückansicht mit dreigeteilten Luftkammern weckt diese Assoziation schon nicht mehr ...
... und schräg von unten, wie ihn wohl die meisten zu Gesicht bekommen dürften, sieht der Airlander geradezu konventionell aus. Doch es handelt sich um das mit 92 Metern längste Luftschiff der Welt ...
... und das geräumigste Fluggerät überhaupt. Das ursprünglich von der US-Armee geförderte Projekt wird nun im englischen Cardington auf den Erstflug vorbereitet. Britische Regierung, EU und Investoren wie Iron-Maiden-Sänger Bruce Dickinson beteiligten sich an der Hoffnung auf spritsparende, flexible Schwertransporte in der Langstrecke.
Manchen deutschen Investoren wird die Idee bekannt vorkommen. Das 1996 zu diesem Zweck gegründete Unternehmen Cargolifter ließ eine riesige Produktionshalle in Brandenburg bauen, musste 2002 aber Insolvenz anmelden.
Auch Großkonzerne wie Boeing mit dem hier abgebildeten Skyhook, Airbus oder Thales forschten in den vergangenen Jahren an einer modernen Version des Zeppelins.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebten die von Ferdinand Graf von Zeppelin entwickelten, mit leichtem Gas wie Helium (oder dem leichter entflammbaren Wasserstoff) gefüllten Luftschiffe schon eine goldene Ära ...
... doch die Explosion der deutschen "Hindenburg" über dem US-Ort Lakehurst 1937 setzte dem ein Ende. Danach gehörte die Luft schweren Flugzeugen, trotz der geringeren Effizienz.