Italiens verhinderter Finanzminister Paolo Savona Dieser 81-Jährige ist der wahre Euro-Schreck

Paolo Savona: Der Euro-Kritiker ist Favorit für den Posten des Finanzministers
Foto: Bloomberg via Getty ImagesEin Mann verkörpert die Angst des Finanzmarkts vor einer neuen Euro-Krise. An der Personalie Paolo Savona scheiterte die Zustimmung von Staatspräsident Sergio Mattarella zur neuen Regierung. Die Koalitionspartner Lega und Fünf-Sterne-Bewegung bestanden auf Savona als Finanz- und Wirtschaftsminister. Mattarella fürchtet einen "Anti-Euro-Minister" mehr als einen unerfahrenen Premier, aber ein Veto gegen den 81-jährigen Ökonomen werde Neuwahlen provozieren, warnen die Parteien.
Der parteilose Professor im Ruhestand äußerte sich nur kurz gegenüber der Zeitung "L'Avvenire": "Wer mich nicht will, ist allenfalls das Establishment, das mir vorwirft den Populismus zu decken, der aber Frucht seines eigenen Verhaltens ist."
Establishment? Paolo Savona hat selbst eine jahrzehntelange Karriere in den führenden Kreisen von Finanz, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft hinter sich. Er begann 1961 in der Banca d'Italia, arbeitete bei der Federal Reserve und mit dem späteren Nobelpreisträger Franco Modigliani am MIT.
Savona war Generalsekretär des Unternehmerverbands Confindustria, führte mehrere Unternehmen, darunter verschiedene Vorläuferbanken der Großbank Unicredit und zweimal den Einlagensicherungsfonds der italienischen Banken. 1993/94 war er schon einmal für ein Jahr Industrieminister, in der letzten Allparteienregierung der Ersten Republik. Jetzt steht er für den nächsten radikalen Umbruch, zur "Dritten Republik".
Schäuble gegen Varoufakis - die Neuauflage mit anderen Parteifarben

Was diesen Musterbürger zum Bürgerschreck macht? Seine späte Berufung zum Euro-Kritiker. Er hat die Währungsunion schon als "deutschen Käfig" geschmäht und mehrfach einen "Plan B" gefordert: Italiens Ausstieg aus dem Euro - nicht als Ziel, sondern als Option für den Notfall. "Wenn wir unvorbereitet erwischt werden sollten, wäre das ein echtes Drama", sagte er der Zeitschrift "Vita" 2015.
Paolo Savona als Italiens Vertreter in der Euro-Gruppe, der Versammlung der Finanzminister aller Mitgliedstaaten der Währungsunion - das verspricht eine Wiederholung der Schaukämpfe von 2015, damals zwischen dem linken griechischen Kollegen Yanis Varoufakis und dem Deutschen Wolfgang Schäuble.
An Schäuble hat Savona sich schon mehrfach abgearbeitet. Er warf ihm vor, mit Deutschland als Ordnungsmacht Europas mit verarmter Peripherie einen der Angelpunkte des Plans von Nazi-Wirtschaftsminister Walther Funk zu verwirklichen.
An Schäubles Stelle sitzt nun der Sozialdemokrat Olaf Scholz, aber mit demselben Programm. Savona ist ein Mann des rechten Lagers, vertritt aber viele von Varoufakis bekannte Positionen - bis hin zum Bekenntnis, ein Fan der europäischen Einigung zu sein.
Der Euro sei "eine großartige und wertvolle Idee", sagte der Ökonom dem katholischen Fernsehsender TV2000. Funktionieren würde er aber nur in einer vollkommenen politischen Union. Und das sei leider unmöglich, weil "Deutschland kein verlässlicher Partner im Aufbau eines vereinten Europas ist". Deshalb stehe der Kontinent vor der Wahl, stattdessen zum Binnenmarkt unabhängiger Nationen zurückzukehren, die ihre eigene Geldpolitik betreiben.
"Die Schlüssel zum eigenen Haus wiederfinden", nennt Savona das. Die eurokritischen Koalitionspartner haben alle Hinweise auf einen Italexit zwar aus ihrem Programm gestrichen - mit einem Finanzminister Paolo Savona hätten sie jedoch einen, der mit sanftem Ton provokante Thesen aufstellen kann.