
Comeback des Flugunternehmers Niki Lauda Der fünfte Anlauf des "Niki Nationale"

Eine Sache aufgeben, wenn er noch den Funken einer Chance sieht: Das zählt nicht zum Verhaltensrepertoire von Andreas Nikolaus Lauda, der in seiner Heimat Österreich gerne als "Niki Nationale" bezeichnet wird. Mit Comebacks kennt sich der 68-jährige Spross einer Wiener Industriellenfamilie nicht nur im sportlichen Bereich aus: Sein Horrorunfall auf dem Nürburgring am 1. August 1976 kostete ihn beinahe das Leben, trotzdem saß er 42 Tage später wieder im Cockpit eines Formel 1-Rennautos - und wurde im Lauf seiner Karriere drei Mal Weltmeister in der Königsklasse des Motorsports.
Als Geschäftsmann bewies Lauda viel Beharrlichkeit und Stehvermögen, auch wenn er als Luftfahrt-Unternehmer viele Höhen und Tiefen durchflog: Seine erste eigene Fluglinie gründete er noch als aktiver Formel 1-Rennfahrer im Jahr 1979 - weil er nach eigenen Worten "keine Lust mehr hatte, nur mehr im Kreis zu fahren".
Allzu erfolgreich war die allererste "Lauda Air" jedoch nicht: Im Jahr 1983 musste Lauda den Flugbetrieb einstellen, weil er mit seiner Miniflotte aus drei Propellermaschinen gegen Österreichs damalige Staats-Airline Austrian Airlines keine Chance hatte.
Im Jahr 1985 wagte der risikobereite Ex-Rennfahrer einen zweiten Anlauf mit der Lauda Air - mit einem neuen Konzept: Er positionierte seine Fluglinie als Ferienflieger und kooperierte dafür mit dem deutschen Ferienflug-Spezialisten Condor. Von der Konkurrenz wollte er sich mit besonderem Service an Bord abheben - den er mit dem Lauda-Air-Slogan "Service is our success" gekonnt vermarktete. Dabei setzte er auch auf besseres Essen für seine Fluggäste. Die Bordmenüs kreierte der Wiener Gourmetcaterer Do & Co, mit dessen Gründer Attila Dogudan Lauda bis heute befreundet ist.
Auch als Unternehmer ging Lauda großes Risiko ein
Der wohl dunkelste Moment in Laudas Leben kam 1991, als eine Boeing 767 seiner Airline wegen eines technischen Konstruktionsfehlers über Thailand abstürzte und alle 223 Insassen starben. "Ich war tief erschüttert", erzählte er. Lauda flog nach dem Unglück unverzüglich nach Thailand, sprach den Angehörigen persönlich sein Beileid aus, und drängte auf vollständige Aufklärung. In Österreich gilt sein Verhalten nach dem Flugzeugabsturz bis heute als Musterbeispiel gelungener Krisenkommunikation - und half wohl auch dabei, den Buchungseinbruch danach zu überstehen.
Dennoch musste Lauda im kleinen Markt Österreich letztlich seinen Erzkonkurrenten Austrian Airlines an Bord holen, um zu überleben. Doch der umtriebige und durchaus streitlustige Lauda konnte mit den Managern der behäbigen Staats-Airline nicht - und verkaufte seine Fluglinie ab 1997 schrittweise an den Lokalmatador. Damals schrieb die Lauda Air teils hohe Verluste. Lauda wurden dabei grobe Managementfehler vorgeworfen. Wirtschaftsprüfer rügten zudem auch Laudas riskanten Fremdwährungsgeschäfte.
Harter Rechner und Kostendrücker
Von der Fliegerei konnte und wollte der begeisterte Pilot Lauda nicht lassen: Im Jahr 2003 sah er eine weitere Chance, im Luftfahrtgeschäft noch einmal durchzustarten. Er übernahm die Reste der Österreich-Tochter des insolventen deutschen Ferienfliegers Aero Lloyd und formte daraus die Billigfluglinie Niki. Dabei bewies sich Lauda einmal mehr als harter Rechner: Seinen Flugbegleitern zahlte er oft niedrigere Löhne als der Lokalmatador, Piloten stellte er über eine Personalleasingfirma an. So erreichte er Kosten auf Ryanair-Niveau. Dennoch war die Airline zu klein, um alleine zu überleben. Bereits 2004 holte Lauda deshalb die Air Berlin als Teilhaber und Vertriebspartner an Bord, 2011 verkaufte Lauda seine Niki vollständig an die deutsche Airline.
Als Geschäftsmann achtet Lauda nicht nur auf die Kosten - sondern auch auf den besten Moment, Adieu zu sagen. Er habe sich im richtigen Moment entschieden, seine Anteile weiterzuverkaufen, sagte er über seinen Niki-Deal. "Die Entscheidung fällte ich aus dem Bauch. Alles, was ich befürchtet habe, ist später dann auch eingetroffen", erklärte er noch im März 2017 gegenüber dem "Handelsblatt".
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Doch auch nach dem Niki-Verkauf wollte Lauda nicht vom Luftfahrt-Geschäft lassen. Im Februar 2016 startete er mit seinem Unternehmen Laudamotion, das Privatjet-Flüge für eine gehobene Klientel anbot. Das ist nun Makulatur - denn die Laudamotion übernimmt die Reste der "Niki" aus der Air Berlin-Insolvenzmasse. Laut österreichischen Medienberichten erleichtert das den Neustart, weil Laudamotion über das für den Airline-Betrieb notwendige Luftverkehrsbetreiberzeugnis AOC verfügt. Bereits im März will Lauda mit seiner neuen Fluglinie abheben - und zum fünften Mal eine Airline großmachen.
Lauda gilt als einer der reichsten Österreicher
In Österreich hat der umtriebige Unternehmer seit Jahrzehnten beste Verbindungen zu Politikern und Managern, bei Wiener Society-Veranstaltungen taucht er regelmäßig auf. Im Formel-1-Zirkus ist er nach wie vor hervorragend vernetzt. Und auch auf der Klaviatur der Selbstvermarktung spielt er gekonnt mit: So kommentierte er einige Jahre lang Fernsehrennen für den Sender RTL und veröffentlichte 2015 das Buch "Reden wir über Geld".
Persönlich hat er von den Aufs und Abs im Luftfahrtgeschäft eher profitiert: Sein Privatvermögen wird auf 200 Millionen Euro geschätzt, er gilt als einer der reichsten Österreicher. Wie weit die Mitarbeiter von Niki mit ihrem neuen alten Chef glücklich werden, muss sich noch weisen. Ein Traumarbeitgeber war Lauda in der Vergangenheit nicht, warnte zuletzt ein Sprecher der deutschen Pilotengewerkschaft.
Bei einer Übernahme aus einer Insolvenz sei zu befürchten, dass die ohnehin schon bescheidenen Tarifbedingungen für das fliegende Personal der Niki noch weiter verschlechtert würden. Der Niki-Personalrat habe daher zu Recht darauf hingewiesen, dass es für viele Piloten berufliche Alternativen gebe. Sie müssten jetzt im Einzelfall prüfen, ob sie nicht besser bei anderen Fluggesellschaften anheuerten.
Darauf dürfte Lauda in Kürze wohl eine direkte Antwort finden - denn für gespielte Herzlichkeit ist er nicht zu haben. "Rote Kappe, klare und direkte Worte", charakterisierte ihn einst Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff - und dieser Maxime dürfte Lauda auch bei seinem jüngsten Airline-Abenteuer treu bleiben.