Allianz-Topmanagerin Elisabeth Corley als Finanzaufseherin Leiser Startschuss für die Frau mit dem Maschinengewehr

Elizabeth Corley: Die Chefin von Allianz Global Investors ist die Hoffnung der britischen Finanzaufsicht
Foto: imagoBriten und Tradition, diese Kombination findet gerade in London oftmals ihren architektonischen Niederschlag. Im Mansion House zum Beispiel, Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet. Säulen davor, schwere Teppiche darin. Und Mark Carney, der am Mittwoch Abend die traditionelle Rede des Chefs der Zentralbank hielt. Mit angemessenem Pathos und voll angelsächsischer Artigkeiten kam dann doch der Satz, auf den die anwesenden Banker gewartet hatten.
"Auch wenn die Märkte ein kraftvoller Treibsatz für Wohlstand sein können, können sie in die Irre gehen. Unbeaufsichtigt, sind sie anfällig für Instabilität, Exzesse und Mißbrauch", zitiert der "Telegraph". Neu dürfte diese Erkenntnis für die, wie zu vermuten ist, aufmerksam lauschende Finanzwelt nicht gewesen sein. Denn die Manipulation des Zinssatzes Libor oder auch des Goldpreises hatte dafür gesorgt, dass Banken immer weiter an öffentlichem Vertrauen eingebüßt haben. Eine Entwicklung, die auch die Finanzwelt spürt.
Doch mit ihr ist auch eine konkrete Personalie verbunden. Elisabeth Corley soll genau diese Missbräuche eindämmen. Zumindest dürfte es auf sie hinauslaufen, Carney schwieg dazu, obwohl einige Worte genau dazu erwartet worden waren. Dennoch ist ihr Name seit Monaten im Gespräch. Sie soll zumindest zwischenzeitlich das verschwundene Vertrauen in die Finanzindustrie wieder aufbauen. Ein stiller Startschuss für eine Herkulesarbeit, wenn man so will.
Freilich soll Corley diese Arbeit nicht allein stemmen, soviel Munition lieferte Carney's Rede dann doch.
Munition, die sie zwingend benötigt. Sie selbst sagte vor einigen Jahren, es gäbe keine Silberkugel. Keine magische Waffe also, die das Biest mit einem Schuss zu Boden strecken könne. Doch wenn das möglich wäre, dann bitte ein Maschinengewehr voller Silberkugeln, weil der Markt nun einmal sehr komplex sei, zitiert sie die Seite "thisismoney".
Die Angst vor dem "Schwarzen Buch"
Corley soll dem so genannten Fixed Income Markets Standards Board (FMSB) vorstehen, einer Art am Reißbrett entwickelter neuer Behörde, allerdings ohne offizielle Befugnisse. Ein zahnloser britischer Löwe soll die Institution dennoch nicht sein. Carney zumindest erklärte schon zuvor, die Organisation werde eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum ginge, bei der Reinigung der City von den zahlreichen Skandalen zu helfen. Ein Mittler zwischen Bank und Kunden. Einer Art Ombudsmann, an deren Spitze Corley steht. Und damit auch ein Auge auf "gewisse Handelspraktiken haben", wie Carney es in seiner Rede ausdrückte. Finanziert wird die Institution von der Finanzindustrie. Noch einmal Carney: "Für die Besten ist das nichts neues (…). Aber für die Anderen: Die Zeit der Verantwortungslosigkeit ist vorbei."
Corley wird das gern hören. Sie war bereits im Vorfeld der Gründung des FMSB aktiv, hatte den "Fair and Effective Markets Review" mit verantwortet, eine Art Bestandsaufnahme der Industrie, wie sie Schatzkanzler George Osborne vor einem Jahr anordnete. Und sie scheut sich offenbar nicht, unangenehme Dinge auszusprechen. Bislang hatten Verteidiger des alten Finanzstils immer wieder betont, es gäbe zwar ein paar faule Äpfel unter den Händlern, doch das große Bild sei in Ordnung. Nicht in den Augen von Corley.
Denn es müsse Systeme geben, die verhindern, dass diese verfaulten Äpfel in andere Gesellschaften kullern. Das "Approved Persons Register" beispielsweise, eine Liste jener Menschen, die in der Finanzindustrie arbeiten, ließe sich überarbeiten. Derzeit "gibt es Grenzen, manchmal rechtlicher Art, die es erschweren, dieses 'Kullern' zu andren Arbeitgebern zu verhindern." Man könne daher Informationen in dieses Register aufnehmen, die erklären, warum jemand eine Gesellschaft verlasse, was jemand als "Schwarzes Buch" bezeichnet habe, zitiert sie "thisismoney".
Corley ist seit 2012 Vorstandsvorsitzende von Allianz Global Investors, der Fondstochter der Allianz - und sie schreibt nebenher Krimis. Anregung genug dürfte ihr die Zukunft geben.