Studie zur Zeitarbeit Zeitarbeit führt immer öfter bis hinauf ins Management
Zeitarbeit ist die Arbeit eines Lückenfüllers, irgendwo zwischen Kaffeekochen und Kopierorgien? Von wegen. Inzwischen werden auch verantwortungsvolle Aufgaben auf Zeit vergeben, zeigt eine Studie von Page Personnel, die manager magazin online vorab vorliegt.
Page Personnel hat die Studie in Auftrag gegeben. Das Unternehmen ist eine Tochter der Personalberatung Page Group. Insofern mag die Erkenntnis, dass Zeitarbeit bis in die Führungsetagen reicht, vielleicht nicht überraschen.
Doch die Trends, die die Experten aus Datenmaterial und mehreren tausend Gesprächen destilliert haben, haben es in sich. Denn sie zeigen, dass das obig skizzierte Bild des Zeitarbeiters als Lückenbüßer tatsächlich Geschichte ist. Sie zeigen aber auch, dass Deutschland im globalen Wettbewerb noch Nachholbedarf hat.
"Deutschland ist sicher ein konservativer Markt, aber auch ein vergleichsweise junger Markt", sagt Goran Baric , Geschäftsführer der Personalberatung Page Group Deutschland. " Als wir in Deutschland 2008 damit anfingen, wussten wir auch nicht so recht, worum es ging. Es schien mir fast ein Abstieg zu sein im Vergleich zur klassischen Personalberatung, wie sie unsere Mutter Page betreibt. Heute ist das eine selbstverständliche Dienstleistung, die Unternehmen ebenso wie in Großbritannien in Anspruch nehmen."
Karriere-Killer? Im Gegenteil

47 Prozent der befragten Zeitarbeitnehmer sind Männer, 53 Prozent entsprechend Frauen. Und im Schnitt sind sie 45 Jahre alt. Der weltweite Schnitt liegt bei 42 Jahren
Foto: CorbisVor allem ist die Zeitarbeit kein verschwiegenes Geschäft mehr, das im Fahrstuhl nach oben emporgezogene Augenbrauen hervorruft. Es sind vielmehr gestandene Männer und Frauen, die sich auf diese Art und Weise anheuern lassen. 45 Jahre alt ist der typische deutsche "Springer". Weltweit liegt der Altersschnitt bei 42 Jahren.
74 Prozent von ihnen haben mehr als zehn Jahre Berufserfahrung - mehr als im globalen Schnitt übrigens, der bei 65 Prozent liegt. Und 45 Prozent erhalten von ihrem Interims-Arbeitgeber ein Training - es wird also investiert. Weltweit sind es mit 58 Prozent indes deutlich mehr. Allerdings stellen auch 37 Prozent der Unternehmen Zeitarbeitnehmer für die Aufgaben ein, für die sie normalerweise Festangestellte rekrutieren. Und das bedeutet in der Summe was? Immerhin 47 Prozent der Menschen führen einen Karriereschub auf ihre Erfahrungen in der Zeitarbeit zurück. Und rund 40 Prozent werden unbefristet übernommen - das ist die aktuelle Übernahmequote von Page Personnel, so Baric.
Von wegen nur blauer Kragen

Blaukragen-Arbeiter arbeiten mit ihren Händen - und die mit weißem Kragen eher am Schreibtisch. Eine holzschnittartige Unterscheidung
Foto: Getty ImagesDie gewachsene Bandbreite der angebotenen Jobs steigert auch die Attraktivität, sich nur zeitweise anheuern zu lassen. Die Studie zeigt, dass 18,1 Prozent der Jobs in der Industrie vergeben werden. Im öffentlichen Dienst und in Non-profit-Organisationen sind es dagegen lediglich 3,1 Prozent. Doch abseits der Branchen - in welchen Abteilungen wird zeitgearbeitet?
Ein gutes Drittel der Jobs findet sich im Rechnungswesen und Controlling. 32 Prozent sind in Bereich Ingenieure und Techniker zu finden. Und 23 Prozent sind Management tätig. Weltweit sind es 21 Prozent. Wie sich die Zeitarbeit verändert hat, zeigt sich auch in den akademischen Abschlüssen ihrer Nutzer. 55 Prozent in Deutschland haben einen Bachelor, weltweit sind es 68 Prozent.
"Auch wenn ich quasi von Amts wegen nicht ganz neutral bin, glaube ich daran, dass es so weiter gehen wird", sagt Bari. "Das Selbstverständnis bei Unternehmen und unseren Zeitarbeitnehmern hat sich einfach gewandelt und wird sich weiter wandeln."
Die neue Offenheit

Karriere durch Servilität?
Foto: CorbisEin Befund nicht nur von Page. Auch der Dachverband Deutsches Interim Management (DDIM) frohlockt, im Jahr 2020 würden bis zu 60 Prozent aller Arbeitsverhältnisse in Deutschland auf flexibler und freier Basis gestaltet werden. Eine kühne These, deren Begründung indes einiges für sich hat. Denn Fachwissen, so schreibt der Verband, sei immer schneller überholt und zwinge die Unternehmen zum Import des jeweils aktuellen Wissens. Ob die Männer und Frauen, die die Dienste von Unternehmen wie Page Personnel in Anspruch nehmen, weil sie diese Erkenntnis vorwegnehmen, ist nicht überliefert. Die Page-Studie zeigt aber, dass es für sie offenbar drei Treiber gibt, sich zeitweise beschäftigen lassen - Flexibilität, Unabhängigkeit und Vernetzung.
Flexibilität? 78 Prozent der Zeitarbeitnehmer müssen flexibler sein, so die Studie. Weltweit sind es sogar 80 Prozent. 65 Prozent erklärten, sie hätten als "temp" mehr Freiheit bei ihrer Arbeit als zuvor. Weltweit lag diese Einschätzungsquote übrigens bei 74 Prozent. Und Kommunikation? 65 Prozent sprechen mehr mit anderen Abteilungen blicken also über den Tellerrand hinaus. Weltweit sind es 80 Prozent.
Ist die Zukunft der Arbeit flexibel, wie der DDIM schrieb? Baric wird es gewiss gern lesen.