Übernahm die Anteile von seinem Bruder Ferdinand: Hans Michel Piëch
Foto: picture alliance / dpaDer Autopatriarch Ferdinand Piëch hat den Großteil seiner indirekten Beteiligung am VW-Konzern an seinen jüngeren Bruder Hans Michel Piëch verkauft. "Das war eine gemeinsame Entscheidung der Familien Porsche und Piëch", sagte Hans Michel Piëch der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitagausgabe) laut Vorabmeldung.
Er habe den größten Teil von Ferdinand Piëch 14,7 Prozent an der Porsche Holding übernommen und damit eine Sperrminorität (mehr als 25 Prozent) erreicht. Die darüber hinausgehenden rund 4,3 Prozent seien innerhalb der Familie weitergereicht worden. Über die Holding kontrollieren die Nachfahren des Autopioniers Ferdinand Porsche die Mehrheit am Volkswagen-Konzern.
Bei den Gesprächen in der Eigentümerfamilie sei es darum gegangen, den Status Quo zu erhalten, wonach kein Familienstamm ein dominierendes Übergewicht hat, sagte Hans Michel Piëch. Sein Mitaktionär Wolfgang Porsche sagte der Zeitung, die Familien seien "in früherer Zeit manchmal kritisch miteinander umgegangen", in wichtigen Fragen habe man aber immer klare Entscheidungen getroffen: "gemeinsam - das ist wichtig". Die Erhaltung der Eigentümer- und Machtstruktur in der Porsche-Holding nach dem Ausstieg Ferdinand Piëchs sei "ein ganz wichtiges Thema" gewesen.
Video: Ferdinand Piech verstehen - in 60 Sekunden
Ruhiger Vermittler statt Antreiber
Der 75-jährige Jurist Hans Michel Piëch betreibt eine Kanzlei in Wien. In der Vergangenheit hielt er sich öffentlich eher im Hintergrund. Doch bei Familienzwistigkeiten zwischen den Porsches und Piëchs nahm er mehrfach eine Vermittlerrolle ein. In einem Interview, dass er gemeinsam mit seinem Cousin Wolfgang Porsche dem SPIEGEL im Oktober 2016, grenzte sich der jüngere Piëch deutlich von seinem älteren Bruder ab: "Wir sind anders, und wir verstehen unsere Aufgabe als Vertreter der Familien anders, " sagte er damals.
Sein Bruder Ferdinand sei ein außergewöhnlicher Techniker und habe hohes Interesse am operativen Geschäft. Die restliche Piëch-Familie sei da anders: "Unsere Grundeinstellung ist: Der Vorstand macht Vorschläge. Wenn sie plausibel sind, werden wir ihnen folgen. Wir greifen nicht ins operative Geschäft ein." Laut Piëch sei es "unsere wichtigste Aufgabe", "die richtigen Personen für die Führung zu finden und sie dann ihre Arbeit erledigen zu lassen."
Doch mit Hans Michels Komplettübernahme der Porsche SE-Anteile seines Bruders hat seine Tochter Julia Kuhn-Piëch gute Chancen, bald eine größere Rolle bei Volkswagen zu spielen. Die 1981 geborene Immobilienkauffrau sitzt seit 2014 im Aufsichtsrat von MAN - der Lkw-Hersteller gehört seit Jahren zum Volkswagen-Reich. Auch dem Aufsichtsrat des Volkswagen-Konzerns gehört Julia Kuhn-Piëch nach dem Ausscheiden von Ferdinand Piëch kurz an. Sie schied jedoch bald wieder aus, um Platz für den früheren VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch zu machen.
Ferdinand Piëch: Sein Name steht für eine Ära in der Autoindustrie, die vor mehr als 50 Jahren begann. Wohl kein anderer Manager hat die Branche so geprägt wie er. An der Spitze des Volkswagen-Konzerns - und weit darüber hinaus. Jetzt ist er im Alter von 82 Jahren gestorben.
April 1963 - Piëch startet bei Porsche: Der Enkel von Ferdinand Porsche beginnt seine Karriere bei seinem Onkel Ferry Porsche (Porsche sitzt hier in einem Bild aus dem Jahr 1968 auf einem Porsche 911 2,0 Coupé) in Stuttgart-Zuffenhausen.
März 1969 - Das gibt Streit: Piëch tüftelt an teuren Modellen, auf dem Foto von 1969 präsentiert er den Rennwagen Porsche 917. Anfang der Siebzigerjahre kommt es zum großen Familienkrach: Der Porsche-Piëch-Clan einigt sich darauf, dass kein Familienmitglied mehr im operativen Geschäft der Firma tätig sein darf.
Januar 1972 - Piëch wechselt zu Audi: Er macht aus der Spießer- eine Premiummarke, entwickelt den Fünfzylinder und den Allradantrieb. Den Posten als Vorstandschef verwehrt man ihm zunächst. Kurz überlegt er deshalb sogar, nach Japan auszuwandern, dessen Autobauer er sehr bewundert. Piëch bleibt dann aber doch und steigt 1988 zum Vorstandsvorsitzenden auf. (Archivfoto von 1982)
Januar 1993 - Endlich VW-Chef: Als Piëch von Carl Hahn den Posten als VW-Chef übernimmt, ist der Konzern ein Sanierungsfall. Er rettet das Unternehmen vor der Pleite und vermeidet Massenentlassungen. Und sichert sich so die dauerhafte Loyalität der einfachen Arbeitnehmer.
März 1993 - Piëch holt Lopez: Vom Konkurrenten General Motors wirbt er den Spanier Jose Ignacio Lopez (links) ab. Der Einkaufsvorstand stolpert schließlich über den Vorwurf der Industriespionage. Die jahrelange Auseinandersetzung mit GM, die letztlich in einem Vergleich mündet, kostet auch Piëch einiges an Ansehen.
Ab 1998 - Piëch sammelt Premiummarken: Erst kauft er den italienischen Sportwagenhersteller Lamborghini, dann die Markenrechte an Bentley, schließlich gründet er Bugatti neu. Als Piëch den VW-Phaeton entwickeln lässt, erntet er viel Kritik. (Archivbild von 1999)
Ab 2001 - Piëch will's grüner: Technik-Avantgarde will Piech aber nicht nur im Luxusbereich sein - sondern auch beim Spritsparen. Er lässt Ingenieure ein Fahrzeug entwickeln, das weniger als einen Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer verbraucht. Mit dem Prototypen fährt er, wie hier zu sehen, medienwirksam zu seiner letzten Hauptversammlung als VW-Konzernchef - von Wolfsburg nach Hamburg (Archivbild vom 15. April 2002).
2002 - Piëch wird VW-Oberaufseher: Als Aufsichtsratsvorsitzender hält er sich anfangs zurück. Doch dann betreibt er die Ablösung seines Nachfolgers an der Konzernspitze, den von BMW abgeworbenen Bernd Pischetsrieder (rechts im Bild).
2005 - Die Schlacht um Volkswagen beginnt: Porsche-Chef Wendelin Wiedeking (rechts) startet den Übernahmeangriff auf Volkswagen. Als sich das Porsche-Management verzockt, dreht Piëch den Spieß um und verleibt den Sportwagenhersteller dem VW-Konzern ein.
Juli 2005 - die Sexaffäre wird bekannt: Was zunächst wie eine Korruptionsaffäre bei der VW-Tochter Skoda aussieht, entpuppt sich wenig später als riesiger Rotlichtskandal in der Zentrale. Eine wichtige Rolle darin spielen der damalige VW-Betriebstratschef Klaus Volkert (im Bild) und der damalige VW-Vorstand Peter Hartz. Oberaufseher Piëch will nichts gewusst haben.
2008 - Piëch schmiedet einen Lkw-Konzern: Er sichert Volkswagen die Mehrheit an Scania, drei Jahre später auch die an MAN. Zusammen mit den VW-Nutzfahrzeugen soll daraus ein internationaler Lkw-Gigant werden. Wie gut die Modelle sind, kann Piëch selbst testen - den Lkw-Führerschein besitzt er seit langem, den für Busse übrigens auch.
2011 - Piëch will sein Lebenswerk sichern: Er hat seine Firmenanteile in zwei Stiftungen eingebracht. Nach seinem Tod soll Ehefrau Ursula über das Erbe des VW-Patriarchen wachen. Seine 13 Kinder haben der Konstruktion schon zugestimmt. Den Posten der Aufsichtsratsvorsitzenden übernimmt sie jedoch nicht von Piëch. Doch die Pläne sind bald Makulatur: Wenige Jahre später scheidet Ursula Piëch aus sämtlichen Kontrollfunktionen des Volkswagen-Konzerns aus.
10. April 2015 - Die Demontage des Zöglings: Dem "Spiegel" sagt Piëch: "Ich bin auf Distanz zu Winterkorn." Es ist der Versuch, den VW-Chef (im Bildvordergrund) aus dem Konzern zu drängen. Das Vorhaben scheitert.
April 2015 - Die Ära endet mit einer Pflichtmitteilung: An einem Samstag teilte die Volkswagen AG in einer Meldung an die Finanzwelt mit, dass Ferdinand Piëch seinen Posten als Aufsichtsratschef niederlegt.
September/Oktober 2015 - Großes Stühlerücken im Zuge des Abgasskandals: VWs Eingeständnis, Diesel-Motoren per Software manipuliert zu haben, fegt Winterkorn aus dem Amt. Sein Nachfolger als Vorstandschef wird Porsche-Boss Matthias Müller. VWs langjähriger Finanzchef Hans Dieter Pötsch wechselt an die Aufsichtratsspitze - mit Piëchs Plazet.
Februar 2017 - Rundumschlag des Alten Monatelang hörte man nichts von Piëch, der dennoch in Wolfsburg weiterhin Strippen zog. Doch dann berichtete der "Spiegel", dass Piëch in einer Aussage vor der Staatsanwaltschaft Brauschweig Ex-VW-Chef Winterkorn schwer belastet habe. Winterkorn soll früher als bislang eingeräumt vom Abgasbetrug erfahren haben. Piëch selbst will Ende Februar von einem Informanten Hinweise erhalten haben und Winterkorn darauf angesprochen haben. Und nicht nur das ...
... Piëch will auch vier VW-Aufsichtsräte, unter ihnen seinen Cousin Wolfgang Porsche, bereits im Februar 2015 über diese Hinweise auf den Dieselbetrug informiert haben. Wolfgang Porsche sagte über den Vorwurf Mitte März 2017 öffentlich: "Verwandtschaft, die kann man sich nicht aussuchen".
Porsche kritisierte auch Piëchs Umspringen mit Winterkorn deutlich. So gehe man nicht mit einem Menschen um, der 35 Jahre für Volkswagen gearbeitet habe. Vorerst gibt Piëch seinen letzten verbliebenen Aufsichtsratsposten im VW-Reich - bei der Holding Porsche SE - noch nicht komplett auf. Ursprünglich...
... wollte Piëch den VW-Großaktionär Katar mit Hilfe von Familienmitgliedern rauskaufen, wie manager magazin bereits im Oktober 2016 berichtete. Doch da wollte seine Verwandtschaft nicht mitziehen. Piëch sei darüber so erbost gewesen, dass er mit dem Verkauf seiner Anteile gedroht habe - und diese Drohung hat er nun wahrgemacht.
Kurz vor seinem 80. Geburtstag verkaufen Piëchs Privatstiftungen den "wesentlichen Teil" ihrer Stammaktien an der Porsche SE an "weitere Mitglieder der Familien Porsche und Piëch", wie die Holding Porsche SE am 3. April 2017 bekanntgab. Der Mann, der die Geschicke von Europas Autoriesen jahrzehntelang mitbestimmte, fühlte sich vom Rest der Familie und führenden VW-Managern verraten.
... Piëch will auch vier VW-Aufsichtsräte, unter ihnen seinen Cousin Wolfgang Porsche, bereits im Februar 2015 über diese Hinweise auf den Dieselbetrug informiert haben. Wolfgang Porsche sagte über den Vorwurf Mitte März 2017 öffentlich: "Verwandtschaft, die kann man sich nicht aussuchen".
Foto: Sean Gallup/ Getty Images... wollte Piëch den VW-Großaktionär Katar mit Hilfe von Familienmitgliedern rauskaufen, wie manager magazin bereits im Oktober 2016 berichtete. Doch da wollte seine Verwandtschaft nicht mitziehen. Piëch sei darüber so erbost gewesen, dass er mit dem Verkauf seiner Anteile gedroht habe - und diese Drohung hat er nun wahrgemacht.
Foto: Julian Stratenschulte/ picture alliance / Julian Stratenschulte/dpaDer Machtkampf der Alten, Ferdinand Piëch und Wolfgang Porsche, ist eskaliert. Der Zwist dauert schon lange an - und bremst mittlerweile auch einen Generationenwechsel. "Ich will gerne die neue Generation stärker beteiligen", erklärt Wolfgang Porsche, Sprecher des Porsche-Familienstamms, zwar. Doch er will das "nicht mit Gewalt", sondern "schrittweise" machen. Chancen auf mehr Einfluss in näherer Zukunft haben die folgenden Vertreter der Familien Porsche und Piëch ...
Der Wirtschaftsprüfer Ferdinand Oliver Porsche hat aus der vierten Generation den größten Einfluss gewonnen: Er sitzt in den Aufsichtsräten von Porsche SE, Volkswagen und Audi.
Mark Philipp Porsche, der Bruder von Ferdinand Oliver Porsche, hat sich als Medienmanager weit vom Autofach entfernt. Dennoch wird er oft auf Automessen gesehen und kontrolliert als Aufseher Seat, MAN und dessen Truck-und-Bus-Sparte.
Hans-Peter Porsche (l.) könnte in Kürze aus dem Aufsichtsrat der Porsche SE zurücktreten und seinem einzigen Kind, Peter Daniell Porsche (r.) Platz machen. Dieser ist bereits im Aufsichtsrat der VW-Tochter Skoda.
Wolfgang Porsche hält große Stücke auf seinen Sohn Christian. Der Neurologe praktiziert als Arzt und sitzt zugleich in den Aufsichtsräten der VW-Lkw-Töchter MAN, MANs Truck-und-Bus-Sparte und Scania. Auch in der familiären Beteiligungsfirma Porsche Piëch GmbH arbeitet er als Geschäftsführer.
Mit dem Kauf der Rechte an den Comic-Figuren von Fix und Foxi zeigt Stefan Piëch seine Leidenschaft für historische Liebhabereien. Der Sohn von Ferdinand Piëchs Bruder Hans Michel schaut häufig bei Automessen vorbei und sitzt im Seat-Aufsichtsrat.
Julia Kuhn-Piëch arbeitet als Immobilienmaklerin. Kurzzeitig war sie nach dem Abgang von Ferdinand Piëch als VW-Aufsichtsratschef auch VW-Aufseherin. Heute kontrolliert sie Audi, MAN, MANs Truck-und-Bus-Sparte und ist Geschäftsführerin der familiären Beteiligungsfirma Porsche Piëch GmbH.
Ferdinand Piëchs Sohn Markus Sixtus Piëch besetzt als eines der wenigen Kinder des Patriarchen VW-Positionen: als Aufsichtsrat von MAN, MAN Truck und Bus, Scania und als Vorstand der Salzach Privatstiftung - über die der Clan 2,37 Prozent an VW hält. Seine jüngere Schwester Florina sitzt im Skoda-Aufsichtsrat.
Ferdinand Piëchs Nichte Louise Kiesling kontrolliert als VW-Aufseherin bereits seit mehreren Jahren den Konzern. Die Designerin hat ein großes Interesse am Unternehmen.
Ferdinand Porsche, Konstrukteur des legendären VW-Käfer (vorne, hinter ihm sein Sohn Ferry Porsche), legte mit seiner Ingenieurskunst den Grundstein für die Autodynastie. Mit seiner Ehefrau Aloisia Kaes gründete er die Sippe.
Idyllisch und doch meist als Treffpunkt zu Krisenzeiten aufgesucht: Das Schüttgut, jener 600 Jahre alte Bauernhof, den die Familie im Zweiten Weltkrieg als Zufluchtsort gewählt hat. Hier haben Wolfgang Porsche und Ferdinand Piëch schon als Kinder gespielt.