Forschung Das Geld bekommen die anderen
Hamburg - Das Zeugnis ist exzellent. 193 Milliarden Euro haben mittelständische Unternehmen in Deutschland im vergangenen Jahr investiert, so viel wie lange nicht mehr. Der Aufschwung der Konjunktur in Deutschland habe den Mittelstand "voll erfasst", heißt es im aktuellen Mittelstandspanel der KfW-Gruppe, für den das staatliche Kreditinstitut 10.000 kleine und mittlere Unternehmen befragte. Deutschlands Mittelständler exportieren Waren in alle Welt, schaffen Jobs und geben wieder mehr Geld für Wachstum aus: Ein verlässliches Zeichen, dass die Auftragslage derzeit sehr gut ist.
Was liegt näher, als aus einer Position der Stärke heraus einige Schwächen abzustellen? Um sich auf dem Weltmarkt zu behaupten, muss sich Deutschland weiter spezialisieren und Innovationen anbieten, denn mit Massenware verdienen andere Länder Geld. Doch bei der Forschung und Entwicklung, so ein weiteres Ergebnis des Mittelstandspanels, gibt es einiges aufzuholen.
Nicht einmal jedes zweite mittelständische Unternehmen habe im vergangenen Jahr erfolgreich neue Produkte eingeführt, und nur etwa jedes zehnte investiert kontinuierlich in Forschung und Entwicklung. Für KfW-Chefin Ingrid Matthäus-Maier ein "ernsthafter Grund zur Sorge" - sie befürchtet, dass die Zurückhaltung bei der Suche nach Neuem schon in naher Zukunft Umsätze und Arbeitsplätze kosten könnte.
Forschung: Jeder dritte Konzern erhält Zuschüsse
Doch es liegt nicht an den kleinen und mittleren Unternehmen allein. Häufig bremsen schwierige Kreditverhandlungen mit der Hausbank den Elan, neue Produkte zu erforschen und damit finanziell ins Risiko zu gehen. Und von den Fördermitteln des Bundes zur Stärkung von Spitzentechnologie kommt nur wenig beim Mittelstand an: Der Großteil fließt in die Kassen von Konzernen, die sich zudem stärker auf die besonders geförderten Bereiche wie Biotechnologie, Nanotechnologie, Medizintechnik oder regenerative Energien spezialisiert haben.
Eine Untersuchung der IW Consult bestätigt, dass der Mittelstand bei der Forschungsförderung im Nachteil ist. So haben nur 8 Prozent der Unternehmen mit bis zu 1 Million Euro Umsatz in den vergangenen fünf Jahren staatliche Forschungsgelder bekommen. Bei mittelgroßen Firmen mit 1 bis 50 Millionen Euro Umsatz liegt diese Quote bei 10 Prozent. Bei großen Mittelständlern mit 50 bis 250 Millionen Euro Umsatz wird etwa jedes sechste Unternehmen mit Fördermitteln bedacht. Dagegen erhält in Deutschland jedes dritte Großunternehmen FuE-Fördermittel vom Staat.
Mittelständische Firmen stecken dabei in einem Dilemma, betont das Institut der Deutschen Wirtschaft. Sie können den Konzernen in puncto Forschung und Entwicklung nicht Paroli bieten, auch wenn die Bilanz auf der Beschäftigungsseite gar nicht einmal so schlecht ist.
Förderung sehr selektiv
Mehr Zuschüsse wären gut angelegt
Nach Angaben des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft arbeiteten in Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern im Jahr 2005 zwar rund 57.000 Vollzeitforscher; damit ist fast jeder fünfte in einem Unternehmen tätige Wissenschaftler im Mittelstand beschäftigt. Wenn es aber ums Geld geht, fallen die Kleinen zurück: Die FuE-Aufwendungen der kleinen und mittleren Betriebe betrugen im Jahr 2005 rund 5,9 Milliarden Euro. Gemessen an den 40,4 Milliarden Euro, die Großunternehmen für Forschung und Entwicklung in die Hand nehmen, ist das eine äußerst geringe Summe.
Dabei sind die staatlichen Zuschüsse eigentlich gut angelegt, so das IW. Jeder Förder-Euro sorge dafür, dass zusätzliche 71 Cent für eigene Forschungs- und Entwicklungsprojekte ausgegeben würden. Die Hälfte der geförderten Unternehmen verfolge außerdem Projekte, die sie ohne Förderung unterlassen hätte.
Das Problem des aktuellen Verteilungssystems: Viele industrielle Mittelständler arbeiten in den "falschen" Technologiegebieten. Fast 60 Prozent der geförderten Betriebe sind in der Bio- oder Nanotechnologie, der Medizintechnik, der Mikrosystemtechnik, den optischen Technologien oder den regenerativen Energien aktiv. Das sind nach Angaben des IW jedoch überwiegend Wirtschaftsbereiche, die vornehmlich von großen Firmen abgedeckt werden.
Tax Credits könnten helfen
Die IW Consult hat eine Anzahl von Empfehlungen erarbeitet, um die Innovationsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen zu erhöhen und das Ziel von EU und Bundesregierung zu erreichen, den Anteil der FuE-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt bis 2010 von 2,5 bis auf 3 Prozent zu steigern.
Die Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklungsarbeit sei zum Beispiel ein Weg, die Förderung von bestimmten Programmen abzukoppeln und den Unternehmen die Forschungsrichtung selbst zu überlassen.
Normalerweise können Firmen die Kosten für Forschung und Entwicklung zwar von der Steuer absetzen. Wenn sie aber in den ersten Jahren keinen Gewinn mit den Neuerungen machen, nutzt das wenig. Besser wären laut IW Consult eine erhöhte Absetzbarkeit und Steuergutschriften - sogenannte Tax Credits. Das Finanzamt zahlt hier Geld aus, wenn entsprechende Forschungsausgaben nachgewiesen werden. Andere Länder wie die Niederlande praktizieren diese Methode bereits.
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