
Enthüllungen um Axel-Springer-Chef Warum Döpfners Rücktritt überfällig ist


Radikales Weltbild: Mit Mathias Döpfner an der Spitze wird die Expansion von Axel Springer in den USA zunehmend schwierig
Foto:Kay Nietfeld / picture alliance/dpa
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Ein Verleger ist ein Mensch, der etwas anderes verkauft als Autos oder Bügeleisen oder Fernreisen. Er handelt mit Meinungen und Nachrichten. Sein Gewerbe ist dank der Pressefreiheit vom Grundgesetz geschützt, weil es zur Meinungsbildung in einer Demokratie beiträgt. Wer also Verleger sein möchte, sollte besser kein Wirrkopf sein. Umso mehr gilt das, wenn der Verleger mit dem Axel-Springer-Verlag eine der einflussreichsten deutschen Mediengruppen führt, mit der "Bild" und der "Welt" und den ursprünglich amerikanischen Medien "Politico" und "Business Insider".
Mathias Döpfner (60) wirkt in seinen von der "Zeit" kolportierten Mails und Chatnachrichten wie ein besonders radikaler Gast an einem virtuellen Stammtisch, und das zu sehr später Stunde. "Ossis" seien "entweder Kommunisten oder Faschisten." Und "eklig". Er sei "sehr für den Klimawandel". Und fordert nach Recherchen der Wochenzeitung auf: "fuck the intolerant Muslims und all das andere Gesochs." Und so weiter.
Für Döpfner kann das jetzt nur eins bedeuten: den Rücktritt vom Amt des Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer SE. Sollte er das nicht freiwillig tun, müssen die Eigentümer des Medienkonzerns dafür sorgen. Das sind neben Döpfner (21,9 Prozent) vor allem Friede Springer (80; 22,5 Prozent) sowie das renommierte Private-Equity-Unternehmen KKR (35,6 Prozent) und der kanadische Pensionsfonds CPPIB (12,9 Prozent). Tritt Döpfner jetzt nicht zurück, wird der Konzern großen und dauerhaften Schaden nehmen und zu befürchten ist: auch das Ansehen der deutschen Wirtschaftselite in der Welt.
Erratische Amtsführung, die zum Risikofaktor wird
Schon vor Monaten, als erste seltsame Nachrichten Döpfners herauströpfelten und seine zögerliche Haltung in der Me-Too-Affäre des damaligen "Bild"-Bosses Julian Reichelt (42) mit Recht kritisiert wurde, haben einzelne Aufsichtsräte die Möglichkeit von Döpfners Rückzug in Erwägung gezogen. Inzwischen kann Döpfners Amtsführung definitiv als erratisch und als Risikofaktor gelten. So wollte er erst die "Bild-" und "Welt"-Gruppe zusammenführen, dann wieder nicht. So machte er erst Johannes Boie (39) zum Chefredakteur, dann feuerte er ihn von einem Tag auf den anderen und ersetzte ihn durch Marion Horn (57).
So führt man kein Unternehmen, übrigens auch keines, das Bügeleisen oder Fernreisen verkauft. Und schon gar kein Medienunternehmen, das große unternehmerische Pläne hat.
Springer will seine Job- und Immobilienportale an die Börse bringen und mit dem Geld zum weltweit größten digitalen Medienunternehmen aufsteigen. Das klang schon immer mindestens ambitioniert, jetzt, nach Döpfners kolportierten Nachrichten, klingt es geradezu wirr, fast lächerlich. In den USA, wo schon jetzt der Schwerpunkt des Springer-Geschäfts liegt, wird der Verlag mit einem Mathias Döpfner an der Spitze Schwierigkeiten bekommen, Topjournalisten und -journalistinnen, Managerinnen und Manager zu bekommen. Denn wer will für einen Menschen mit derlei Meinungen noch arbeiten? Zumal er ganz offensichtlich zumindest in Einzelfällen Einfluss auf die Berichterstattung in seinen Medien nimmt.
Als potenzieller Nachfolger Döpfners gilt Jan Bayer, der jetzige Vize und US-Chef. Er ist ein guter Mann fürs Operative, wirkt uneitel und gemäßigt in Ton und Umgang – gewissermaßen das Gegenteil von Döpfner. Und somit das, was Springer in seiner Not jetzt braucht.