Insolvente Kryptobörse FTX Dritter Kronzeuge erhöht Druck auf Sam Bankman-Fried

Dem Gründer der insolventen Kryptobörse FTX, Sam Bankman-Fried, drohen 110 Jahre Haft. Er plädiert auf nicht schuldig. Doch nach Caroline Ellison und Gary Wang ist mit Nishad Singh nun der dritte SBF-Vertraute bereit, als Kronzeuge gegen ihn auszusagen. Dies könnte Folgen für den geplanten Prozess haben – und SBF zu einer neuen Taktik bewegen.

FTX-Gründer Sam Bankman-Fried: 3 Kronzeugen gegen den gestürzten Krypto-König

FTX-Gründer Sam Bankman-Fried: 3 Kronzeugen gegen den gestürzten Krypto-König

Foto: Justin Lane / EPA

Seit seiner Auslieferung von den Bahamas in die USA bereitet sich Sam Bankman-Fried (30), Gründer der insolventen Kryptobörse FTX, in einer vergleichsweise entspannten Atmosphäre auf seinen Prozess vor. Der gestürzte Krypto-König befindet sich nach Zahlung einer Kaution in Millionenhöhe auf freiem Fuß. Er muss allerdings eine elektronische Fußfessel tragen und darf das Haus seiner Eltern im kalifornischen Palo Alto nur in Ausnahmefällen verlassen. Die Staatsanwaltschaft wirft Bankman-Fried "Betrug epischen Ausmaßes" vor: "SBF" soll rund 10 Milliarden Dollar von FTX zu seinem Hedgefonds Alameda verschoben haben , ein Teil der Kundengelder ist bis heute verschwunden. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm 110 Jahre Haft.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass Bankman-Fried bislang in jedem öffentlichen Statement seine Unschuld beteuert. Er habe Fehler gemacht, Kontrollen hätten versagt, die ganze Angelegenheit tue ihm furchtbar leid – aber vorsätzlichen Betrug? Keinesfalls. Der Prozess gegen ihn soll im Oktober in News York beginnen, die Staatsanwaltschaft bereitet sich auf einen Mammutprozess vor.

Doch es ist gut möglich, dass SBF seine Strategie noch einmal überdenkt und sich auf einen Deal mit den Strafverfolgern einlässt. Sollte Bankman-Fried sich schuldig bekennen, würden die Strafverfolgungsbehörden viel Zeit und der Staat die Kosten eines aufwendigen Verfahrens sparen.

Drei Kronzeugen bekennen sich schuldig

Denn die Staatsanwälte haben immer mehr Argumente auf ihrer Seite, um Bankman-Frieds Rolle im FTX-Skandal in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Nach Bankman-Frieds Ex-Freundin Caroline Ellison, die zuletzt den Hedgefonds Alameda geleitet hat, sowie FTX-Mitgründer und Chief Technology Officer Gary Wang hat sich nun auch Bankman-Frieds Geschäftspartner Nishad Singh (27) als schuldig bekannt. Singh will ebenso wie Ellison und Wang mit den Strafverfolgern kooperieren und über die Machenschaften bei FTX aussagen.

"Es tut mir unglaublich leid", sagte Singh. Ihm sei seit Mitte des Jahres 2022 bewusst gewesen, dass SBFs Hedgefonds Alameda Kundengeld von FTX abziehe - ohne das Wissen der FTX-Kunden. "Er will alles in seiner Macht Stehende tun, um den Opfern der FTX-Affäre zu helfen", gaben Singhs Anwälte Andrew Goldstein und Russell Capone am Dienstag zu Protokoll. Singh bekannte sich unter anderem der Geldwäsche, des Betruges und der Steuerhinterziehung für schuldig. Zeitgleich erhob die US-Börsenaufsicht Zivilklagen gegen den neuen Kronzeugen.

Spenden in Millionenhöhe und Einsatz von Strohleuten

Angesichts der persönlichen Nähe zu SBF sowie angesichts der tragenden Rollen, die Singh, Wang und Ellison im FTX-Imperium spielten, dürfte es Bankman-Fried schwerfallen, an seiner Darstellung als unschuldiges Opfer festzuhalten. Die Liste der Anklagepunkte gegen SBF ist inzwischen auf zwölf gewachsen: Zu den neuen Vorwürfen gehört, dass Bankman-Fried gemeinsam mit weiteren Verantwortlichen der Kryptobörse Spenden im zweistelligen Millionenbereich eingesetzt habe, um die Gesetzgebung zu beeinflussen. Diese Spenden seien über Strohmänner ausgezahlt worden. Ein Sprecher von Bankman-Fried wollte sich nicht zu den neuen Vorwürfen äußern.

Die Tatsache, dass sich ein weiterer FTX-Akteur schuldig bekenne, unterstreiche den "enormen Umfang" der kriminellen Aktivitäten bei der Kryptobörse, sagte Damian Williams, der als Staatsanwalt in Manhattan den Prozess gegen SBF vorbereitet. FTX habe das Finanzsystem durch einen Betrug in Milliardenhöhe beschädigt, so Williams. Und zugleich hätten die Verantwortlichen das politische System der USA durch illegale Zuwendungen in Millionenhöhe beschädigt.

Bankman-Fried, so die These der Staatsanwaltschaft, habe seinen Mitgründer Gary Wang angewiesen, im Zahlungssystem von FTX eine "Hintertür" anzulegen. Auf diese Weise habe Alameda bis zu 65 Milliarden Dollar für eigene Geschäfte bei FTX 'ausleihen' können – ohne das Wissen der FTX-Kunden. Der Hedgefonds Alameda, der von SBFs Ex-Freundin Caroline Ellison geleitet wurde, habe diese Kreditlinie zwar nicht ausgeschöpft, sich aber dennoch reichlich an den Einlagen der FTX-Kunden bedient: Nach jüngsten Schätzungen der US-Behörden und der Konkursverwalter wurden zehn bis zwölf Milliarden Dollar von FTX zu Alameda herübergeschoben. Die Hälfte davon investierte Alameda in rund 150 Start-ups weltweit und finanzierte verschiedene riskante Kryptowetten, darunter eine Bitcoin-Mining-Farm in Kasachstan: Wie viel Geld davon abgeschrieben werden muss, steht noch nicht fest.

mit Reuters
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