Gründerinnen im Porträt: Delia Fischer, Westwing Hübsch, blond, tough

Es klingt wie ein Klischee: Eine hübsche, blonde Frau verkauft stylische Möbel und Dekomaterial. Doch so einfach ist die Geschichte von Delia Fischer, Mitgründerin und Geschäftsführerin von Westwing, nicht.
Von Melanie Croyé
Delia Fischer umgibt sich gerne mit schönen Dingen

Delia Fischer umgibt sich gerne mit schönen Dingen

Foto: Westwing Home&Living

Sie hatte wohl schon immer ein Auge für schöne Möbel und andere Dinge, erzählt Delia Fischer. Sie spricht mit einem leichten, aber nicht zu überhörenden bayrischen Akzent. Und sie nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn sie von ihrer Anfangszeit als Unternehmerin berichtet.

"Ich bin normal nicht so der Risikotyp", gesteht Delia Fischer. Umso größer war die Überwindung für die damals 26-Jährige, ihren Job zu kündigen, noch bevor Finanzierungszusagen für das neue Projekt da waren. "Aber ich dachte, wenn ich mich jetzt nicht traue, dann mach ich es nicht mehr."

Und überzeugt von der Idee war sie ja. Denn Delia Fischer war schon vor einiger Zeit aufgefallen, dass man zwar haufenweise coole Einrichtungstipps in Zeitschriften bekam, es aber gar nicht so leicht war, an die Möbel und Dekostücke auch ranzukommen. Davon erzählte sie einem Freund mit BWL-Hintergrund - und das Konzept von Westwing war geboren.

Exotin unter den Start-up-Unternehmern

Ihre erste Präsentation vor möglichen Investoren empfand sie als suboptimal. "Ich habe mir tagelang Horrorszenarien ausgemalt, dass ich jetzt arbeitslos bin und alles nicht klappt", erinnert sie sich. Doch dann kam die Zusage - und von den Investoren ein ungewöhnliches Feedback: So jemand wie Delia Fischer sei ihnen noch nie untergekommen.

Und genau das, meint die heute 29-Jährige, macht sie auch aus: Sie ist keine normale Startup-Gründerin. Sie hat nicht BWL studiert, sondern Modejournalismus. Sie hat vorher nicht bei einer Investmentbank gearbeitet, sondern bei der Frauenzeitschrift "Elle". Sie weiß, was ihre Kunden wollen. Und das sind zu 91 Prozent Frauen.

"Klar", sagt Delia Fischer, "denn wer entscheidet, was fürs Zuhause gekauft wird, das sind die Frauen." Und bei der Entscheidung will sie ihnen behilflich sein. Denn was Delia Fischer früher für die "Elle" gemacht hat, macht sie jetzt im großen Stil: Sie berät Frauen bei der Inneneinrichtung - und verkauft die Möbel und Wohnaccesoires auch gleich noch. "Es soll sein wie beim Bummel im Einrichtungshaus, wir wollen inspirieren und Tipps geben", erklärt Fischer.

Sie glaubt: Weil sie selbst sich eigentlich gar nicht so sehr fürs Gründen interessierte, sondern viel mehr für die Produkte, kommt Westwing bei den Kunden auch so gut an. Die Zahlen geben ihr recht: Westwing ist inzwischen in zehn Ländern aktiv und der führende Anbieter für Einrichtungsgegenstände im eCommerce. 2013 hatte das Unternehmen eigenen Angaben zufolge einen Umsatz von 130 Millionen Euro - und will den 2014 verdoppeln.

Von der Gefahr, als Zicke abgestempelt zu werden

Als Frau könne sie sich einfach gut in ihre Kundinnen hineinversetzen, meint Delia Fischer. Doch als einzige Frau im Gründerteam hatte sie es aber auch nicht immer leicht. Sie musste sich eine dickere Haut zulegen, gegen viele Klischees ankämpfen - und den ein oder anderen Mann darüber aufklären, dass sie nicht die Praktikantin oder Assistentin sei, sondern die Chefin.

"Ich bin als Typ ein gutes Stück tougher geworden, sagt meine Mutter immer", erklärt Delia Fischer lachend. Dafür musste sie aber lernen, richtig mit ihren männlichen Kollegen zu kommunizieren. "Die Jungs kommen aus einem ganz anderen Background und haben eine andere Art sich auszudrücken, das war schon eine Herausforderung, uns zusammenzuraufen." Aber das hat sich gelohnt, meint Delia Fischer. Sie hat gelernt, dass man gemeinsam etwas Tolles kreieren kann, wenn man sich auf andere einlässt.

Und sie hat gelernt, wie wichtig es ist, sich durchzusetzen. "Ich glaube, wir Frauen trauen uns aus Angst vor Zurückweisung, vor dem 'nicht gemocht werden' manchmal nicht, die Meinung zu sagen oder einen Gegenvorschlag zu machen. Das finde ich schade." Stattdessen solle man zu seinen Überzeugungen stehen und sich behaupten.

Gerade als Unternehmerin muss sie das tausend Mal am Tag tun: Entscheidungen treffen und ihre Meinung vertreten. Natürlich besteht dabei auch die Gefahr, als Zicke abgestempelt zu werden. "Aber es hilft ja nix, wir müssen uns durchsetzen, auch wenn es manchmal unbequem ist", sagt Delia Fischer bestimmt und fügt hinzu: "Es ist nicht immer bequem, für die eigenen Überzeugungen zu kämpfen. Aber ich glaube es muss sein, wenn man ein Unternehmen aufbauen möchte."

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