Top-Frauen und ihre Erfolgsgeschichten "Die alte Garde von despotischen Chefs dankt langsam ab"

Kamera läuft! Diana Iljine ist Star in Eigenregie und Geschäftsführerin. Sie leitet das Filmfest München, einen der wichtigsten internationalen Treffpunkte für die Branche wie für die Fans
Foto: Sonja CalvertEigenen Einsatz bringen
Nach meinem Studium der Kommunikationswissenschaften arbeitete ich parallel zu meinem ersten Job in der Programmplanung bei Premiere an einem Buch über Filmproduktion. Abends kam ich nach Hause und schrieb bis drei Uhr morgens. Samstags habe ich erst einmal ausgeschlafen, dann aber wieder bis in die Nacht geschrieben. Meine Freunde, die am Wochenende feiern gingen, sahen mich höchstens einmal zum Frühstück. Aber es lohnte sich: Meine Abschlussarbeit wurde zum Buch. "Der Produzent" steht heute als Standardwerk in allen Fachbibliotheken.
Chancen wahrnehmen
Anfang der 90er wechselte ich zu RTL2 - zunächst als Filmeinkäuferin, später wurde ich Leiterin des Programmeinkaufs. Es war die Zeit, in der die privaten TV-Sender sich vergrößerten und immer wichtiger wurden. Wir verbrachten Monate in Hollywood und sichteten schon damals die neuesten Serien. Alle Chefs in dieser Zeit und auch noch später waren Männer. Dennoch hatte ich das Gefühl, dass bei RTL2 kein Unterschied zwischen Frauen und Männern gemacht wurde. Wir hatten alle die gleichen Chancen. Das brachte mir damals viel Selbstsicherheit ein. Man musste allerdings einen großen Einsatz zeigen: 70-Stunden-Wochen waren eine Selbstverständlichkeit. Das Privatleben war ad acta gelegt.
Weiterbilden
Nach drei Jahren wurde ich von einem Headhunter für die Telekom rekrutiert. Ich fing dort als Content-Managerin bei T-MediaNet an und kümmerte mich um den Aufbau von TV- Sendern im Kabelnetz. Nach sieben Jahren Telekom kam ich zu dem internationalen Vertrieb Telepool und baute den Programmeinkauf für den Bayerischen Rundfunk auf.
Ich war Ende 30 und hatte noch 20 Jahre meines Berufslebens vor mir. Seit vielen Jahren war ich in Führungspositionen im Medienbereich. Geschäftsführer werden aber immer die, die Wirtschaft oder Jura studiert haben, selten die, die aus dem Bereich der Geisteswissenschaften kommen. Das brachte mich zum Umdenken und ich beschloss noch einmal zu studieren - und zwar Wirtschaft. Ich erhielt ein Stipendium für einen MBA an der renommierten Steinbeis Hochschule in Berlin.
Seit 2011 leite ich als Geschäftsführerin die Internationale Münchner Filmwochen GmbH, und bin damit Chefin vom Filmfest München und vom Internationalen Festival der Filmhochschulen. Mein Traumjob! Alle Puzzleteile meiner beruflichen Karriere fließen hier wie selbstverständlich zusammen.
Frauensicht gibt es nicht
Wenn ich in der Männerwelt scheu war oder meinte, mir hätte jemand auf die Füße getreten, rief ich empört meinen Vater an und holte mir bei ihm Rat. Er verweigerte mir eine weiblich empfindliche Sicht und meinte, ich solle Dinge sportlich nehmen und nicht persönlich.
Es ist allgemein wichtig - auch in der beruflichen Karriere - erfahrene Menschen, um Hilfe und Rat zu bitten und auch Danke sagen zu können. Außerdem muss man auf Menschen und Situationen zugehen. Die kommen nicht von selbst hereinspaziert, nur weil man gut ist oder fleißig.
Frauenquote
Obwohl ich persönlich sehr gute Erfahrungen auf dem Karriereweg gemacht habe, halte ich es dennoch mit Laura Liswood, einer der großen Frauen bei Goldman Sachs: "There's no such thing as a glass ceiling for women. It's just a thick layer of men."
Das kann einen manchmal ermüden. Deutschland könnte meiner Meinung nach weiter sein. Aus eigenen Erfahrungen weiß ich, dass es für beruflich erfolgreiche Frauen schwer sein kann, Kinder zu kriegen. Das Private kommt oft zu kurz. Ich bin jeden Tag dankbar für unsere wunderbare Tochter und dafür, dass ich Familienleben und Karriere kombinieren kann.
Ich trete für eine Frauenquote ein. Anscheinend braucht es sie, um die entsprechenden Strukturen zu schaffen und Frauen in Deutschland die Wahl zu geben.
Die Zukunft ist gut
Wenn ich die nächsten Generationen sehe, habe ich viel Hoffnung. Sie sind lockerer und emanzipierter - Männer wie Frauen. Außerdem legen sie Wert auf ihr Privatleben. Ich finde es wichtig, beides zu wollen - Karriere und Privatleben. Die alte Garde von despotischen Chefs dankt langsam ab. Frauen werden in den nächsten Jahren sehr gute Chancen haben. Frau muss sie dann nur ergreifen!