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MBA World Summit: Gipfeltreffen der Überflieger

Foto: Klaus Werle

MBA World Summit Nur noch kurz die Welt ändern

MBA-Studenten wollen bewegen, möglichst schnell, möglichst viel. Doch sind dafür Startups der bessere Ort oder Konzerne? Auf dem MBA World Summit der künftigen Business-Elite wird deutlich: Für Unternehmen wird es schwieriger, bei der anspruchsvollen Zielgruppe zu punkten.

Hongkong - Sie kommen aus den unterschiedlichsten Ecken der Erde, doch als Tim Eisenmann von Lufthansa erzählt, reitet er auf einer Welle der Zustimmung. Eisenmann ist 24 Jahre alt und MBA-Student in Stanford, zuvor arbeitete er zwei Jahre lang im Bereich "Sales Strategy and Post Merger Integration" der Lufthansa. Seine Erfahrungen bei der Airline lassen sich als durchwachsen beschreiben, zurückhaltend formuliert.

Bei vielen der MBA-Studenten in einem Konferenzraum des Gründer- und Technologiezentrums Cyberport in Hongkong, die bei anderen Großunternehmen im Sold standen, trifft er damit einen Nerv. Starre Hierarchien, kein klarer Karrierepfad? Zustimmendes Gemurmel. Das Gefühl, in den eigenen Ambitionen ausgebremst zu werden, im Job nicht den erhofften Aufschlag landen zu können? Nachdrückliches Nicken ringsum.

Am nächsten Tag wird Eisenmanns Workshop mit dem Titel "Shaping the world - Startup or Big Business?" den Preis für die beliebteste Veranstaltung beim "MBA World Summit 2014" erhalten. Kaum erstaunlich, bringt sie doch die Frage auf den Punkt, die derzeit wie kaum eine zweite unter MBA-Studenten debattiert wird.

"Es muss schon der Traumjob sein"

Mag auch der "Master of Business Administration" als Ganzes durch immer mehr Anbieter und zuletzt sinkende Bewerberzahlen ein wenig Glanz eingebüßt haben - wer an einer der Top-Schulen wie Harvard oder Stanford sein Manager-Examen ablegt, kann sich nach wie vor seinen Job aussuchen. Das Gipfeltreffen der MBAler in Hongkong zeigt, wie schwierig es selbst für globale Großunternehmen geworden ist, bei der anspruchsvollen Zielgruppe zu punkten. "Ich studiere in Stanford", sagt Eisenmann, "nach dem Abschluss nehme ich sicher nicht das Zweitbeste. Es muss schon der Traumjob sein."

Ausgerichtet vom Talent-Netzwerk "QX-Quarterly Crossing" trafen sich gut sechzig MBA-Studenten der weltweit renommiertesten Manager-Schmieden in der asiatischen Metropole, um über Ethik, Private Euity in Schwellenländern oder Rockstars als Vorbilder für Manager zu diskutieren. "Anstatt sich von Vorträgen externer Manager berieseln zu lassen, stellen die Studenten hier ihr eigenes Programm auf.

So können sich die Führungstalente der Business Schools weltweit vernetzen und von ihren Erfahrungen gegenseitig profitieren", sagt QX-Gründer Thomas Fuchs, der die in dieser Form einzigartige Veranstaltung künftig dauerhaft etablieren will. Wissensaustausch, Kontaktpflege, dazwischen Stadtführung, ein Bootstrip und abends Party im angesagten Club Dragon-I. Eben Work hard, play hard.

Praktika bei McKinsey, eigene Firmen, beeindruckende Meilenkonten

Die Teilnehmer aus 28 Ländern, von Indien über die USA bis Usbekistan, wurden per Lebenslauf, Motivationsschreiben und Video-Interviews aus rund 2500 Bewerbern ausgewählt, vertreten sind die Premium-Adressen wie Harvard, Stanford, London Business School oder London Business School. Die Besten der Besten, wenn man so will; mit beeindruckenden Meilenkonten, Praktika bei Facebook und McKinsey, eigenen Firmen oder sozialen Projekten in Ghana und Lateinamerika.

Studierende wie Malika Cantor (23), die in Cambridge studiert hat, jetzt an der Tsinghua University in Peking ihren MBA draufsetzt, begeisterte Malerin ist und nebenbei in einer Firma arbeitet, die über gesundheitsgefährdende Inhaltsstoffe in Kosmetika informiert. Oder Evan Fisher, MBA-Student an der Columbia Business School, der im Sommer bei Google einsteigt, was "zwar weniger Geld bringt als Investment Banking, aber viel spannender ist".

Hier wird nicht darüber gesprochen, ob sie später einen guten Job kriegen, sondern welcher Ort am besten passt. Klar, China boomt noch immer, Dubai ist auch nicht schlecht, aber ist nicht doch Afrika the next big thing?

Zersplitterte Karrierepfade

Vorbei die Zeit, als Beratung oder Investmentbanking die allein seligmachende Anschlussverwendung für die künftige Business-Elite war. Nach Finanzkrise und Silicon Valley-Euphorie sind die Karrierepfade zersplitterter, die Erwartungen der Umworbenen höher - und schwerer zu fassen. In einer Umfrage an der WHU in Koblenz gaben kürzlich 200 MBA-Interessenten zu Protokoll, dass sie in erster Linie persönlich wachsen und lernen wollen, gefolgt von Karrieremöglichkeiten und einem besseren Gehalt.

"Das Schlüsselwort ist impact", sagt Tim Eisenmann, "wir wollen etwas bewegen." Einen Fußabdruck soll die eigene Arbeit hinterlassen, und wenn sie dazu noch spannend ist, kann es auch nicht schaden.

War for talents

In der Top-Zielgruppe ist der "war for talents" längst vom Schlagwort zur Realität geworden - die Unternehmen, gerade die großen, traditionellen, müssen sich auf die Hinterbeine stellen. Henkel  und BASF  etwa treten als sponsornde Partner des MBA World Summit auf - und führen parallel zu den Workshops Job-Interviews mit den Studenten; auch bei der Entwicklung der Fragen für die Video-Interviews war Henkel dabei.

Die Düsseldorfer schätzen die Kombination aus Elite-Auswahl und geographischer Lage - bis 2016 will der Konsumartikler einen Großteil seines Wachstums in Schwellenländern generieren. Henkels Antwort auf den Wunsch der Jungen nach Abwechslung heißt "Triple Two Philosophie": Zwei Länder, zwei Geschäftseinheiten, zwei Funktionen in kurzer Zeit. "Und das nicht erst, wenn sie sich jahrelang im Konzern 'bewährt' haben, sondern schon nach wenigen Jahren Berufserfahrung", betont Henkel.

Wie attraktiv die Gipfelteilnehmer das finden, muss die Zukunft zeigen. Tim Eisenmann jedenfalls hat auf seine kontroverse Frage - Startup oder Großkonzern - am Ende eine überraschende Antwort. Natürlich bieten Startups mehr Gestaltungsspielraum - aber wie groß ist der Hebel von Snapchat oder Tumblr wirklich, um die Welt zu verändern?

"Der Run auf die Startups ähnelt dem Brain Drain aus armen Ländern: Dadurch ändert sich gar nichts", sagt Eisenmann. Als Reaktion auf die Web-Begeisterung vieler Kommilitonen hat er kürzlich in Stanford einen Vortrag gehalten. Titel: "Unnötige Startups". Und seine persönliche Job-Strategie angepasst: Nach dem MBA einige Jahre Beratung - und dann in einem großen Unternehmen höher einsteigen. "Da kann ich viel mehr bewegen als wenn ich die hundertste Dating-App auf den Markt bringe."

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