Ältere Gründer Bloß keine Pleite vor der Rente

Ältere gründen vorsichtiger. Doch ihre Erfahrung ist doppelt wichtig
Foto: CorbisAlle sieben bis zehn Jahre kommt sie auf, diese innere Unruhe, der Wunsch nach einem Neubeginn. Beim letzten Mal, als die Unruhe kam, war Friederike Sträter 49 Jahre alt und hatte als Geschäftsführerin eine wissenschaftlich-pharmazeutische Fachgesellschaft aufgebaut. Von sieben Mitgliedern auf 1000 war sie unter Sträters Leitung gewachsen. "Aber da kannte ich Pharma auch rauf und runter."
Sträter grübelte, wohin ihre Unruhe sie diesmal treiben könnte. Sich noch einmal bewerben? "Schwierig in dem Alter." Warum nicht die Selbstständigkeit? "Ich habe mir das Gehirn zermartert, womit." Bis ihr schließlich einfiel, wie schwierig sie es als Verbandsgeschäftsführerin immer hatte, passende Tagungshotels zu finden. "Ich war immer Kundin eines Hotels und habe gemerkt, dass da was fehlt. Das war die Idee."
Drei Tage nach ihrem 50. Geburtstag eröffnete die gelernte chemisch-technische Assistentin in Bonn die "Villa Godesberg". Ein Jugendstilbau mit 24 Zimmern und Glasmalerei in den Fenstern.
Mit 50 den Schritt in die Selbstständigkeit wagen - Menschen wie Friederike Sträter sind eine Ausnahme in Deutschland. Der aktuelle Gründungsmonitor der Kreditanstalt für Wiederaufbau belegt, dass Unternehmertum ein Jugendphänomen ist: Die 25- bis 34-Jährigen sind mit 28 Prozent unter den Gründern überrepräsentiert, in der Gesamtbevölkerung macht diese Altersgruppe gerade einmal 17 Prozent aus.
Die Älteren wiederum sind deutlich unterrepräsentiert: Nur 7 Prozent der Gründer sind zwischen 55 und 64 Jahre alt, aber 19 Prozent der Deutschen.
Weniger Zeit, um Insolvenzen zu verkraften
Wenn die Bevölkerung altert, drohen damit auch die Unternehmensgründungen zurückzugehen - eine fatale Entwicklung für die Wirtschaft, glaubt Ulrike Heitzer-Priem, Gründungsexpertin beim RKW-Kompetenzzentrum in Eschborn, einer Forschungsstelle der mittelständischen Wirtschaft. "Gründer sind enorm wichtig für den Wohlstand einer Volkswirtschaft", sagt Heitzer-Priem. "Der demografische Wandel verlangt, dass auch mehr Ältere gründen, damit wir das Niveau an neuen Unternehmen halten können."
Bloß: Warum tun sich die Älteren bislang mit dem Gründen schwer?
Die wichtigste Antwort lautet: Eine Gründung ist riskant, gerade für Ältere. Wer in jungen Jahren ein eigenes Unternehmen aufbaut, dem bleibt genug Zeit, die Investitionskosten zu erwirtschaften. Kurz vor dem Ruhestand ist das schon schwieriger - und eine Insolvenz umso bedrohlicher. "Wenn Sie mit 25 oder 30 Jahren ein Unternehmen gründen und Pleite gehen, haben Sie anschließend noch genug Zeit, etwas Anderes zu machen", sagt Gründungsexpertin Heitzer-Priem. "Mit 50 sieht das schlecht aus."
Wenn Banken neben dem Businessplan schon einen Nachfolgeplan verlangen
Dass Ältere vorsichtiger gründen, zeigt auch eine Untersuchung des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung: Ältere investieren weniger Zeit in ihre Unternehmen als Jüngere und gründen häufiger im Nebenerwerb. Und sie sind nicht so überzeugt von ihren Geschäften: 81 Prozent der jungen Gründer gaben an, dass sie den Schritt in die Selbstständigkeit noch einmal gehen würden, aber nur 67 Prozent der älteren Gründer teilt die Begeisterung.
Es gibt Ältere, die die Herausforderung suchen, die eine Gründung als eine Selbstverwirklichung in späten Jahren begreifen. In den meisten Fällen spielt aber auch der Umstand eine große Rolle, dass die Arbeitsmarktchancen mit den Lebensjahren schlechter werden - selbst bei bester Qualifikation.
Allerdings ist Gründen im Altern auch nicht immer leicht. Eine große Hürde ist die Finanzierung, auch wenn ältere Gründer häufig einen geringen Kapitalbedarf haben. "Die Banken verlangen mit dem Businessplan oft direkt einen Nachfolgeplan, oder winken gleich ab, weil es sich nicht lohnt."
Ältere Gründer brauchen aber nicht nur Geld, sondern auch gezielte Beratung: "Berater sollten ihnen Mut zusprechen, ihnen helfen, sich fehlendes Know-how anzueignen und sie ermuntern, lieber sicher als schnell zu wachsen. Vielleicht sollte man sich auch schon eine Nachwuchskraft heranzüchten oder gleich im Team gründen", sagt Heitzer-Priem.
Gründerin Sträter denkt derweil noch gar nicht ans Aufhören. Einen Nachfolger? "Das wird sich schon ergeben", sagt sie zuversichtlich. Gerade erst hat sie ihr Hotel erweitert. Die innere Unruhe, den Drang zu Neuem, spürt sie bislang nicht. "Die zehn Jahre sind noch nicht um."
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