Publicis "Chancen des interaktiven Marketings nutzen"
mm: Publicis Deutschland hat seit 2008 ohne CEO gearbeitet, nur mit COO Peter Wendt an der Spitze. Warum nimmt jetzt Steven Althaus als Chairman und CEO die Arbeit auf?
Richard Pinder: Weil es uns um Wachstum geht. In den USA, England und Frankreich zählt Publicis jeweils zu den Top Fünf der Marketing- und Kommunikationsunternehmen, dieses Ziel wollen wir auch in Deutschland erreichen. Dazu gehört, die Chancen des interaktiven und digitalen Marketings noch stärker zu nutzen - in diesem Bereich hat Publicis weltweit starke Ressourcen.
Wir ändern also nicht die Struktur, sondern schaffen ein neues Amt für zusätzliche Aufgaben. Um das Neugeschäft unserer deutschsprachigen Agenturen anzukurbeln und neue digitale Initiativen voranzutreiben, bringt Steven Althaus die Voraussetzungen mit: Er ist ein inspirierender Stratege, der Agenturerfahrung hat und mit den Bedürfnissen der Kunden bestens vertraut ist. Das ist auch ein Signal an alle Mitarbeiter in Deutschland und Österreich, die Wirtschaftskrise abzuhaken und sich nun auf Wachstum und die künftigen Chancen im Markt zu konzentrieren.
mm: Wie hat die Krise den Werbemarkt verändert?
Richard Pinder: Die Veränderungen sind dramatisch. Ich habe in den vergangenen zwei Jahren einen stärkeren Wandel beobachtet als in den zehn Jahren davor. Das hat unter anderem mit dem Wachstum digitaler Medien zu tun und den Möglichkeiten für interaktives Marketing, die sich den Unternehmen bieten. Daraus folgt, dass sich auch der Anspruch der Kunden grundlegend verändert hat. Das ist eine Chance für Unternehmen, die eine starke digitale Agenda haben.
mm: Herr Althaus, was wird sich bei Publicis Deutschland ändern?
Steven Althaus: Publicis Deutschland muss sich nicht neu erfinden. Das weltweite Netzwerk ist sehr gut aufgestellt, und wir sind ein Teil davon.
Mir geht es vor allem um drei Dinge: Wir wollen die Kontakte zu den Unternehmen stärken, um auch auf dem deutschen Markt in die Spitzengruppe vorzustoßen. Dabei werden wir unser digitales Reservoir, also die hohe Kompetenz von Publicis in diesem Bereich, in Zukunft stärker nutzen. Drittens werden wir das Neugeschäft ankurbeln - dabei geht es auch darum, die neuen Möglichkeiten des Marketings zu nutzen.
mm: Also mehr interaktive Kommunikation und weniger klassisches Marketing via Print und TV?
Steven Althaus: Es geht nicht darum, Quoten oder Budgets für die verschiedenen Kommunikationskanäle zu verteilen. Es kommt darauf an, auf welche Weise ein Unternehmen seine Kunden erreichen will. Digitale Medien sind längst aus ihrer Nischenecke heraus, weil sich das Verhalten der Kunden, die Informationswege und Muster der Kommunikation stark verändert haben.
Ein Unternehmen kann nicht einfach eine Botschaft platzieren, sondern muss seine Botschaft auf all diesen Informationswegen auch erfüllen, authentisch sein. Publicis hat die geeignete Struktur, um der veränderten Kommunikation zu entsprechen und Gespräche über Marken zu verändern.
mm: Herr Althaus, warum verlassen Sie die Allianz, für deren internationale Markenführung Sie verantwortlich waren?
Steven Althaus: Die knapp neun Jahre bei der Allianz waren extrem wichtig für mich. Es ist keine Abwendung von der Allianz, sondern eine Hinwendung zu Publicis: Die Verantwortung für das Management und die Pflege des weltweiten Netzwerkes sind sehr reizvoll - ich freue mich, diese Aufgaben zu übernehmen.
mm: Wie wird sich der Werbemarkt in Deutschland nach ihrer Einschätzung entwickeln?
Richard Pinder: Ich glaube, dass dem deutschen Markt eine starke Erholung bevorsteht. Das lässt sich derzeit noch nicht an den Budgets ablesen, aber das Vertrauen auf eine Erholung ist bei den Unternehmen deutlich gestiegen. Zudem dürfte der steigende Dollar deutschen Exporteuren helfen. Ich bin zuversichtlich, dass wir die Krise weitgehend hinter uns haben.
Steven Althaus: Eine Krise schafft nicht nur Probleme, sondern birgt immense Chancen. Das Feld der Wettbewerber hat sich verändert, viele sind deutlich kleiner geworden. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen ihre Ansprüche und Ziele in der Kommunikation neu definieren: Das sind gute Voraussetzungen, um durchzustarten.