Günther Fielmann König im Reich der Kassenbrillen
Hamburg - "Die Preise der Optiker waren einheitlich hoch und die Kassenbrillen zeitlos hässlich. Ich habe mir gesagt: Das kann man auch anders machen." Soweit das Erfolgsrezept von Günther Fielmann. Tragbare Kassenbrillen sollten Fielmanns Verkaufsschlager werden.
Der Sohn eines Oberstudiendirektors aus dem kleinen Dorf Stafstedt bei Rendsburg wollte eigentlich Fotograf werden, ließ sich dann aber vom Vater von der Optikerausbildung überzeugen. Um diese zu finanzieren, kaufte und verkaufte er VW-Käfer.
1972 eröffnet Fielmann sein erstes Geschäft in Cuxhaven. Von der Küste aus erobert der Schleswig-Holsteiner Jung' die Republik, überzieht das Land mit einem Filialnetz. Weit über 500 sind es mittlerweile in Deutschland, auch in Nachbarländer stößt Fielmann allmählich vor, so auch in die Schweiz und nach Österreich. 6,1 Millionen Brillen wurden 2008 verkauft.
"Die Lust an der Pflicht", übernommen vom Vater, treibt den Unternehmer an. Mit modischen Kassenbrillen zum Nulltarif sagt er der Branche den Kampf an, wirbt mit eingängigen Slogans wie "... und Papi hat keinen Pfennig dazubezahlt". Er schließt 1981 einen Sondervertrag mit der gesetzlichen Krankenkasse AOK, damit sich die Versicherten schickere Fassungen auf Rezept aussuchen können. Schießen Gesundheitsreformen quer, verblüfft Fielmann die Konkurrenz mit der nächsten Idee, beispielsweise 2004 mit der Nulltarif-Versicherung.
Statt branchenüblichen Gewinnen von einst bis zu 300 Prozent gab sich Fielmann mit einem Bruchteil zufrieden - und gewinnt Marktanteile. Zum Ärger der Wettbewerber, die mit Klagen zurückschlagen, ihm Wettbewerbsverstöße und Qualitätsmängel vorwerfen. Vergebens.
"Wer Erfolg hat, darf keinen Beifall erwarten", sagt Fielmann. Den bekommt der Großaktionär (direkter Anteil 36,8 Prozent) allerdings von Kleinaktionären (Streubesitz 29 Prozent) für eine Dividende von 1,95 Euro je Anteilsschein (2008) und von der Börse, die nach 15 Jahren Marktpräsenz das Wertpapier Anfang 2009 in den MDax hochstuft. Ein Jahresumsatz von mehr als einer Milliarde Euro und zumeist stattliche Gewinne krönen das Lebenswerk des Brillenkönigs.
"Ich habe sehr viel Glück gehabt"
Aber auch Menschen auf dem Lande freuen sich über den Erfolg des Unternehmers. "Früher war hier gar nichts los, wir haben Herrn Fielmann viel zu verdanken", sagte eine Frau unlängst in Plön, dem schleswig-holsteinischen Städtchen, dem Fielmann neuen Glanz verlieh.
Er erwarb und restaurierte das Plöner Schloss, baute es zu einer Akademie aus und lässt dort junge Menschen zur Optikern ausbilden. Rund 2200 Auszubildende beschäftigt Fielmann selbst im Konzern, mehr als 12.000 Mitarbeiter sind es insgesamt.
Überhaupt hat der Brillenträger ein Faible für Land und Natur. Vier landwirtschaftliche Bio-Höfe werden von ihm betrieben; Rinder und vor allem Kärntner Brillenschafe haben es ihm angetan. Eine Verbindung von Mensch und Natur knüpft er auch, indem er für jeden Mitarbeiter jedes Jahr einen Baum pflanzt, bis heute sind es eine Million. "Ich habe sehr viel Glück gehabt im Leben und dafür bin ich dankbar. Das ist auch der Grund, warum ich mich engagiere", sagt Fielmann zu seinen sozialen Projekten.
An ein Aufhören im Unternehmen denkt Fielmann noch nicht, auch wenn mit seinem 20 Jahre alten Sohn Marc (und einer 15 Jahre alten Tochter) ein Nachfolger bereitsteht. "Ich möchte gerne erreichen, dass die Firma Fielmann über Generationen besteht", sagte der Konzernlenker kürzlich in einem Interview mit dem NDR. Der Vorstandsvorsitz der Aktiengesellschaft soll an Marc gehen. Doch der ist zurzeit noch zum Studieren in London.
manager-magazin.de mit Material von dpa und ap