Deutsche Bahn Mehdorns musealer Abschied
Berlin - "Wenn wir's richtig anfangen, wird das auch gelingen", prophezeit Hartmut Mehdorn der Deutschen Bahn eine glänzende Zukunft. Und doch ist er an diesem Montag bereits Teil ihrer Geschichte wie die alten Lokomotiven, die im großen Schuppen des Deutschen Technikmuseums in Berlin den Rahmen des feierlichen Empfangs bilden. Mehdorns Nachfolger Rüdiger Grube ist seit 1. Mai im Amt.
Es wird viel Gutes gesprochen über den Mann, der die Bahn fast zehn Jahre führte und zugleich wird deutlich, dass er letztlich über sich selbst stolperte. Aufsichtsratschef Werner Müller sagt, erst Mehdorn sei es gelungen, was "vor ihm einige versucht" hätten: die Staatsbahn zu einem erfolgreichen Verkehrs- und Logistik-Konzern umzuformen. Minister Thomas de Maizière (CDU) lobt stellvertretend für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Mehdorn sei "das Gesicht der Bahn" geworden, der "aus Beförderungsfällen Kunden gemacht" und für das Unternehmen "persönlich gebrannt" habe.
Grube nennt Mehdorn gar einen Visionär und seinen Meister, von dem er nicht nur in der gemeinsamen Zeit bei Airbus viel gelernt habe. Er verschweigt geflissentlich, wie er selbst Mehdorns Führungsteam in wenigen Tagen auseinandergenommen hat, um die Datenaffäre zu beenden und damit Mehdorn ein denkbar schlechtes Zeugnis ausstellte. Der Aufsichtsrat wollte am Montag über die vier Neubesetzungen im Vorstand entscheiden.
Müller sprach die vier scheidenden Vorstandsmitglieder in Konzern und Verkehrstochter nochmals von jeder konkreten Schuld an den Regelverstößen in der Datenaffäre frei. Keiner von ihnen habe von illegalen Vorgängen gewusst, sie toleriert oder gar angeordnet. Für die zum Chemiekonzern BASF wechselnde Personalchefin Margret Suckale gab er sogar eine Ehrenerklärung ab: "Sie haben einen untadeligen Ruf", sagte Müller, womit er sie gegen Verdächtigungen in einem "widerwärtigen Zeitungsartikel" in Schutz nahm, der ihr eine direkte Verwicklung in die Datenaffäre unterstellt hatte.
"Ehrenrührig und falsch" sei es auch, Norbert Hansen als einen "gekauften Gewerkschafter" hinzustellen, sagt Müller. Es sei seine eigene Idee gewesen, den damaligen Vorsitzenden der Gewerkschaft Transnet im Mai 2008 in den Bahnvorstand zu berufen. Mehdorn, dem manche damals Kungelei mit Hansen nachsagten, sei da "eher skeptisch" gewesen, berichtet der Aufsichtsratschef den rund 300 Ehrengästen. Personal-Vorstand Hansen geht jetzt, weil seine angegriffene Gesundheit eine längere Auszeit nötig macht.
Die Datenaffäre behandelt der alte Bahnchef Mehdorn bei seinem Abschied eher als Nebensache. Ja, er bedauere die Fehler, die er gemacht habe. Aber: "Ich habe diese Fehler auch aus Überzeugung gemacht", fügt er mehrdeutig hinzu. "Ich habe gehobelt und Späne produziert." Zum Schluss dankt Mehdorn dem Kanzleramt und sogar der Presse, die ihn nicht nur kritisiert, sondern gelegentlich auch unterstützt habe. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee, der vor dem Rednerpult in der ersten Reihe steht, erwähnt er mit keiner Silbe.
Bernd Röder, dpa