Sachsenring-Prozess Haftstrafen für die Brüder Rittinghaus

Wegen Untreue in Millionenhöhe und Bilanzmanipulationen sind die früheren Sachsenring-Vorstände Ulf und Ernst-Wilhelm Rittinghaus zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Die beiden Manager waren angeklagt, im Wissen um die finanzielle Schieflage des Unternehmens von 2000 an rund sechs Millionen Euro aus der Firma abgezogen zu haben.

Chemnitz - Plötzlich ging alles ganz schnell: Im langwierigen Prozess gegen zwei Ex-Vorstände der früheren Sachsenring Automobiltechnik AG haben sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung überraschend auf einen Deal geeinigt. Daraufhin verurteilte das Landgericht Chemnitz am Montag Ulf und Ernst Wilhelm Rittinghaus wegen Untreue und Bilanzfälschung zu vier beziehungsweise drei Jahren Haft. Das sagte ein Gerichtssprecher am Dienstag und bestätigte entsprechende Medienberichte. Kurz zuvor hatten die Brüder ein Geständnis abgelegt, nachdem sie die Vorwürfe immer bestritten hatten. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Verurteilten hatten erst im Mai 2002 einen Insolvenzantrag für ihr Unternehmen gestellt. Nach Ansicht des Gerichts war Sachsenring aber bereits seit März 2000 nicht mehr zahlungsfähig. Ein ehemaliger Sachsenring-Buchhalter hatte in dem Prozess ausgesagt, die Bilanzen des Unternehmens seien schon in den 1990er Jahren immer wieder manipuliert worden.

Die aus dem Sauerland stammenden Brüder Rittinghaus hatten das Sachsenring-Werk in Zwickau, das zu DDR-Zeiten den Trabant produziert hatte, 1993 von der Treuhand gekauft, zu einem Autozulieferer umgebaut und 1997 an die Börse gebracht. Der Konzern galt lange Zeit als ostdeutsches Vorzeigeunternehmen und beschäftigte bis zu 1.400 Mitarbeiter. Die Sachsenring-Auffanggesellschaft wurde vier Jahre nach der Pleite Anfang 2006 an die Leipziger HQM-Gruppe verkauft.

Ins Gefängnis müssen Ulf und Ernst Wilhelm Rittinghaus aller Voraussicht nach nicht. Wegen der langen Verfahrensdauer von rund sechs Jahren gilt die Hälfte der Haftstrafen bereits als verbüßt, der Rest kann auf Antrag zur Bewährung ausgesetzt werden. In diesem Fall wollen die Brüder eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 Euro beziehungsweise 15.000 Euro an den Insolvenzverwalter der Sachsenring AG zahlen.

Ihnen war Untreue in 86 Fällen vorgeworfen worden. Diese bezogen sich zumeist auf ein Darlehen von rund 7,5 Millionen Euro, das die beiden Manager dem angeschlagenen Unternehmen im Dezember 1999 gewährt hatten. Später trieben sie in etlichen Schritten einen Großteil der Summe wieder ein, obwohl Sachsenring eigentlich schon zahlungsunfähig war. Zudem fälschten sie den Jahresabschluss mit Scheinrechnungen.

Der Prozess war im November vergangenen Jahres neu angesetzt worden. Zuvor war im Oktober das Verfahren gegen das dritte mitangeklagte ehemalige Vorstandsmitglied, Jürgen Rabe, aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt und gegen Zahlung von 1000 Euro eingestellt worden. Diese Zahlung bedeute jedoch kein Schuldeingeständnis, hatte die Verteidigung angemerkt. Die Finanzen des Unternehmens hätten nicht zu Rabes Aufgaben gehört.

manager-magazin.de mit Material von dpa und ap

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