Swiss Re/Credit Suisse Große Rochade
Zürich - Die Schweizer Finanzbranche findet im eigenen Land keinen Nachwuchs für das Topmanagement. Wo, wie bei der Großbank UBS und dem Rückversicherer Swiss Re, nach Milliardenabschreibungen im Zuge der Finanzkrise Wechsel in der Führungsspitze unausweichlich werden, muss die alte Garde wieder ran. So wichtig langjährige Erfahrung ist - ein Neubeginn und ein Bruch mit der Vergangenheit finden so nicht statt, kritisieren Analysten.
Beim Rückversicherer Swiss Re tritt nach der Ablösung des Konzernchefs nun auch Präsident Peter Forstmoser ein Jahr vor Ende seiner Amtszeit zurück. Sein Nachfolger soll Walter Kielholz werden, der bislang in Personalunion Präsident der Großbank Credit Suisse und Vizepräsident bei Swiss Re war.
Bei der Credit Suisse soll Kielholz von seinem bisherigen Stellvertreter Hans-Ulrich Doerig als Präsident abgelöst werden, der bereits seit 35 Jahren bei der zweitgrößten Schweizer Bank ist. Doerig hat seit mehr als 25 Jahren wechselnde Positionen im Topmanagement der Bank bekleidet und zuletzt als Vizepräsident auch den Risikoausschuss des Verwaltungsrates geleitet. Er kann sich zugutehalten, dass seine Bank vergleichsweise gut durch die Finanzkrise gekommen ist.
Doerig ist ungefähr gleich alt wie sein designierter UBS-Amtskollege Kaspar Villiger. Der 68-jährige frühere Finanzminister soll bei der UBS zusammen mit dem ebenfalls aus dem Ruhestand zurückgerufenen neuen UBS- und alten Credit Suisse-Konzernchef Oswald Grübel das Vertrauen der Kunden zurückgewinnen und die Steuerermittlungen gegen die Bank in den USA zu einem guten Ende führen.
Im Verwaltungsrat der Bank will Kielholz aber bleiben. Mit diesen Schritten folgt Swiss Re dem Beispiel der von der Finanzkrise besonders gebeutelten größten Bank des Landes UBS, die die Positionen an der Konzernspitze kürzlich neu besetzt hat. Die Credit Suisse ist im Vergleich zur UBS erheblich weniger von der Finanzkrise betroffen.
Manche Analysten sehen darin allerdings nur eine temporäre Lösung für Swiss Re, weil auch Kielholz für die hohen Verluste des Konzerns durch riskante Wertpapiergeschäfte in die Verantwortung genommen wird. "Ein Neubeginn mit unbefangenen Verantwortlichen findet nicht statt", lautete die Einschätzung von ZKB-Analyst Georg Marti. Tim Dawson vom Broker Helvea sagte: "Das ist kein klarer Bruch bei Swiss Re." Kielholz sei verantwortlich für das Engagement von Swiss Re in riskante Anlagen.
Kielholz sagte, dass ihm die Entscheidung nicht leicht gefallen sei, das Präsidium der Credit Suisse aufzugeben. Angesichts der Entwicklungen bei Swiss Re sei es aber seine Pflicht gewesen, den Ruf an die Verwaltungsratsspitze anzunehmen. Kielholz, Jahrgang 1951, ist seit 20 Jahren bei Swiss Re und war von 1997 bis 2002 deren CEO.
Manager im Pensionsalter
Der zweitgrößte Rückversicherungskonzern der Welt musste seit Beginn der Finanzkrise rund neun Milliarden Franken (sechs Milliarden Euro) auf neuartige Finanzprodukte und risikobehaftete Wertpapiere abschreiben und sich beim US-Investor Warren Buffett frisches Kapital besorgen. Mitte Februar hatte Konzernchef Jacques Aigrain Konsequenzen gezogen und seinen Hut genommen.
Der frühere Investmentbanker hatte die vom Verwaltungsrat beschlossene und nun als gescheitert betrachtete Expansionsstrategie weg von der klassischen Rückversicherung und hin zu neuen Finanzinstrumenten vorangebracht. Mit Stefan Lippe wurde ein erfahrener Rückversicherungsexperte an die Spitze berufen.
Bei der Swiss Re tritt nun auch ein altgedientes Mitglied der Zürcher Finanzszene stärker in den Vordergrund: Mathis Cabiallavetta wird Vizepräsident. Der sich ebenfalls dem Pensionsalter nähernde Manager war 1998 der erste Präsident der damals aus der Fusion von Bankverein und Bankgesellschaft entstandenen neuen UBS. Nach einem Verlust im Zusammenhang mit der Pleite des Hedgefonds LTCM, der sich heute bescheiden ausnimmt, trat er zurück und wurde durch Marcel Ospel ersetzt, der UBS zu ungeahnten Höhenflügen, aber auch zu einem Absturz an die Grenze der Existenzgefährung führte.
Die Swiss-Re-Aktien fielen vorübergehend auf ein neues Rekordtief unter zwölf Franken und notierten am frühen Nachmittag 1,6 Prozent schwächer bei 12,17 Franken. Bei Credit Suisse betrug der Kursverlust 5,5 Prozent auf 22,64 Franken.
manager-magazin.de mit Material von reuters und ap