Eon-Chef Bernotat Der Strom-Stratege
Düsseldorf - Seit 2003 steht der studierte Jurist Wulf Bernotat an der Spitze des größten deutschen Energieversorgers. Damals hatte Eon gerade Deutschlands größten Gasimporteur Ruhrgas übernommen, und Bernotat konzentrierte das Geschäft ganz auf Strom und Gas. Immobilien-, Telekommunikations- und Chemiesparten wurden verkauft.
Mit den Einnahmen finanzierte der Manager nicht zuletzt die zügige internationale Expansion, um den Kartellproblemen auf dem deutschen Markt zu entgehen. Heute ist Eon in rund 30 Ländern präsent und versorgt etwa 40 Millionen Kunden mit Strom und Gas. So international ist keiner der Konkurrenten in Europa aufgestellt.
Allerdings blieb auch Bernotat von Rückschlägen nicht verschont. Die größte Niederlage erlitt er wohl im vergangenen Jahr bei seinem Versuch, den spanischen Marktführer Endesa für mehr als 42 Milliarden Euro zu übernehmen. Der Manager unterschätzte den Widerstand der spanischen Regierung und musste nach eineinhalb Jahren erbittertem Ringen einer italienisch-spanischen Allianz der Konkurrenten Enel und Acciona den Vortritt lassen.
Doch gelang es Bernotat damals immerhin noch, quasi als Trostpflaster von den beiden siegreichen Wettbewerbern ein 11,5 Milliarden Euro schweres Paket von Kraftwerken und Beteiligungen zu erwerben, das die Marktposition von Eon in Italien, Spanien und Frankreich deutlich stärkte.
Persönlich ins Schussfeld geriet der Manager, als er 2007 in einem "Bild"-Interview erklärte, Strom sei in Deutschland "eigentlich zu billig". Damals hielt Bundeswirtschaftsminister Michael Glos im Bundestag die "Bild"-Zeitung mit dem Bernotat-Interview hoch und sagte, er sei anderer Meinung.
Noch mindestens 30 Jahre Atomkraft
Noch mindestens 30 Jahre Atomkraft
Doch ist dies längst Vergangenheit. In jüngster Zeit punktete Bernotat an vielen Fronten - nicht zuletzt dank der durch die üppigen Gewinne des Stromriesen gut gefüllten Kriegskassen. So gelang mit der Übernahme des russischen Kraftwerksunternehmens OGK-4 der Einstieg in den wachstumsstarken russischen Strommarkt.
Und im Bereich der erneuerbaren Energien hat der Konzern nach einigem Zögern inzwischen ebenfalls Fuß gefasst. Nach Investitionen von rund 1,7 Milliarden Euro ist Eon zum siebtgrößten Windkraftbetreiber der Welt aufgestiegen.
Immer stärker hat sich der Eon-Chef in den vergangenen Monaten in die öffentliche Debatte über die künftige energiepolitik eingeschaltet. Dabei wirbt der Manager nachdrücklich für einen Energiemix, der zwar mehr Erneuerbare Energien enthält als heute, aber auch Kohle und Kernenergie. "Wir können auf Kohle und Kernkraft in den nächsten 30 Jahren nicht verzichten", betont Bernotat.
Erich Reimann, ap