Business-Knigge Schnellkurs für Australien
Hamburg - Wenn Sie mit Australiern ins Geschäft kommen wollen, dürfen Sie direkt mit der Tür ins Haus fallen. Wichtig ist allerdings, dass Sie dabei einige Höflichkeitsfloskeln benutzen. Die erste Kontaktaufnahme mit Australien erfolgt in der Regel schriftlich und funktioniert ähnlich wie in Deutschland. Potenzielle Partner werden bei einer Datenbanksuche ausgemacht und per Rundbrief angeschrieben. In dem Anschreiben müssen Sie nicht um den heißen Brei herumreden. Vielmehr sollten Sie Ihr Unternehmen kurz vorstellen und den Grund der Kontaktaufnahme erläutern.
Ein wichtiges Instrument zum Kontaktaufbau auf dem fünften Kontinent ist das Telefon. Unternehmer aus Deutschland müssen den Kontakt unbedingt telefonisch aufrechterhalten. "Zu oft deuten deutsche Firmen das Nichtbeantworten ihrer E-Mail als Desinteresse der australischen Seite", sagt Anja Kegel, Managerin für Marketing und Business-Development bei der Deutsch-Australischen-Industrie- und Handelskammer in Sydney, und empfiehlt, unbedingt per Telefon nachzuhaken.
Doch am Telefon müssen Geschäftsleute australische Höflichkeitsfloskeln verwenden. "Die erste Frage lautet immer 'How are you doing?'", sagt Ralph Konen, der eine bekannte deutsche Einzelhandelskette beim Aufbau eines Filialnetzes vor Ort unterstützt hat. Erst nachdem der Australier die Frage nach dem Befinden mit "I am fine, thanks!" erwidert hat, sollten Deutsche zum Thema kommen: "That is great, the reason why I am calling is ...". Wer selbst keinen Kontakt aufgebaut hat und in Australien nicht über Vitamin B verfügt, den können Außenhandelskammern als Vermittler unterstützen. Sie verlesen potenzielle Interessenten und nehmen Kontakt auf.
Vornamen bevorzugt
In Australien geht es recht locker zu. Zur Begrüßung sagt man sich "Good Morning" oder "Good Afternoon", wozu man sich kurz die Hände schüttelt. Im Anschluss dient die nächste Frage "How are you" wie in den USA oder in England als Einstieg in einen kleinen Plausch.
Die Frage nach dem Befinden wird also kurz beantwortet und anschließend dem Gegenüber zurückgespielt. Auch in Australien gilt natürlich: Nur weil es bei der Frage nicht um den wahren Inhalt der Antwort geht, sollten Australier nicht als oberflächlich abgestempelt werden. Die Floskel ist reine Höflichkeit und taugt meist als ungezwungener Einstieg in einen Smalltalk.
Auch im Anschluss an die Befindlichkeitsfragen bleibt es für deutsche Geschäftsleute meist etwas ungewohnt. Australier bevorzugen die First-Name-Basis und sprechen sich auf allen Hierarchieebenen mit Vornamen an. Die Ansprache mit dem Vornamen darf aber nicht mit dem freundschaftlichen "Du" im deutschen Sprachraum verwechselt werden. Der Nachname gilt in Australien nur als eine Ordnungsformalität.
Trotz dieser lockeren Umgangsformen besitzen die meisten Australier ein sehr feines Gespür für Rangunterschiede. Der Nachname fällt zur Begrüßung - bei der man sich mit Vor- und Zunamen vorstellt. Nur wenn es bei Ansprachen, Reden und Empfängen offiziell wird, benutzt man selbst in Australien den Nachnamen.
Akademische Titel meiden
Akademische Titel meiden
Während akademische Titel bei der Ansprache in Australien keine Rolle spielen, wird dem verliehenen Adelsprädikat "Sir" eine hohe Bedeutung zugewiesen. Bei der Anrede wird das Prädikat mit dem Vornamen verbunden (Beispiel: Sir Thomas). Das "Sir" muss auch im weiteren Gesprächsverlauf verwendet werden und darf lediglich auf ausdrücklichen Wunsch des Angesprochenen weggelassen werden.
Falls Sie für ein Unternehmen als Handelsbevollmächtigter, Prokurist, Regierungsrat oder mit einem ähnlichen Titel unterwegs sind, sollten Sie diesen nicht übersetzen. Solche Titel sind für Australier fremd und unverständlich - Übersetzungsversuche schlagen fast immer fehl.
Wie in England oder den USA müssen in Australien in puncto Sprache einige Besonderheiten beachtet werden. Erstens sollte man für die Geschäftsbeziehungen bedenken, dass Englisch für Australier die Amts- und Muttersprache ist. Entsprechend sollte jeder fehlerfrei in dieser Sprache kommunizieren können.
Im Sprachverhalten selbst unterscheiden sich Australier insofern von Deutschen, als dass sie weniger direkt kommunizieren. Missfallen oder Kritik werden in hübschen Worten an den Adressaten versandt. Entsprechend schnell können deutsche Geschäftspartner einen Australier verletzen, wenn sie klar und deutlich ihre Meinung artikulieren. Die Kommunikation findet immer zwischen den Zeilen statt.
Australiens Geschichte als britische Kolonie spiegelt sich nicht nur darin wider, dass gut neun von zehn Australier europäischen Ursprungs sind. Auch im Verhalten geht es einstweilen sehr britisch zu. Das heißt: In Australien bildet man stets und zu jeder Gelegenheit eine Schlange, in die sich jeder ohne Drängelei reiht, bei jedem Versehen entschuldigt man sich mit einem "Sorry", und mit den Wörtern "Bitte" und "Danke" sollte niemand geizen.
Tücken durch die Größe des Landes
Selbstverständlich sind Sie als ausländischer Geschäftsmann in Australien stets pünktlich. Australier wertschätzen und erwarten Pünktlichkeit, auch wenn sie sich selbst meist um ein paar Minuten verspäten. Bis zu 20 Minuten sind normal und sollten niemanden verärgern.
Bei der Zeitplanung gibt es in Australien einiges zu beachten. Die Weite des Landes beeinflusst die Disposition von Gesprächsterminen erheblich. Bedenken Sie: Perth und die Städte der Ostküste Australiens liegen voneinander so weit entfernt wie Madrid von Moskau. Selbst innerhalb der Städte liegen fast immer große Wegstrecken.
"So erstreckt sich Sydney in seiner Nordsüd- und Westostausdehnung über ein Gebiet, das von Köln bis Koblenz reichen würde", sagt ein Sprecher der Deutsch-Australischen Industrie- und Handelskammer in Sydney. Damit niemand um vier Uhr in der Früh für einen Gesprächstermin am Morgen aufstehen muss, sollten Besprechungen und Treffen nicht vor neun Uhr gelegt werden.
Feierabendbier und BBQ
Privatleben geht vor Geschäftsleben
Auch im Berufsalltag gehen Australier etwas anders mit Zeit um. Das liegt beispielsweise daran, dass sie berufliche Aufgaben und Ziele nicht dem Privatleben überordnen, sondern bei nächster Möglichkeit erfüllen.
Dem Einzelhandelsmanager Konen fiel in seinen Filialen immer wieder auf, dass seine Angestellten bestimmte Aufgaben am Abend nicht erledigt haben. "Wenn ich in Deutschland um 17:30 Uhr eine Aufgabe mit dem Vermerk "so bald wie möglich" stelle, wird sie noch an dem Arbeitstag erledigt. In Australien wird der Vermerk "as soon as possible" nicht mit 'jetzt' gleichgesetzt", erinnert er sich. "Da eine sofortige Ausführung einen verspäteten Feierabend bedeutet hätte, verschoben meine Angestellten dies auf den nächsten Morgen - also den 'nächstmöglichen' Termin."
Feierabendbier und BBQ
"Nach der Arbeit treffen sich Australier sehr gerne zum gemeinsamen Grillen", sagt Ronny Kaiser, der als selbstständiger Bauunternehmer immer wieder in Australien tätig ist. Solche Einladungen sollte man nach seinen Worten erstens aus Höflichkeit annehmen und zweitens als Chance nutzen, um mehr über Kollegen oder Geschäftspartner zu erfahren. Australier mischen Privates und Berufliches wesentlich stärker.
Viele Australier nennen ihre Kollegen auch ihre Freunde. Wer sich längere Zeit in Australien aufhält, sollte sich darauf einlassen. Das Leben wird um einiges angenehmer, wenn man mit Kollegen auch nach der Arbeit gut auskommt. Kaiser: "Wer zum Barbecue allerdings nicht als Schmarotzer abgestempelt werden will, bringt nicht nur sich selbst mit, sondern ebenso ein paar Flaschen Bier und Fleisch."
Australier genießen den Feierabend nicht nur gerne beim Grillen - sondern gleichfalls bei einem Feierabendbier. "Dies gilt besonders am Freitag. Man geht nicht ins Wochenende, bevor man nicht entweder im Büro oder im Pub noch mit den Kollegen was getrunken hat. Das sollte man stets einplanen", sagt Volker Latus, angesehener Führungskräftecoach und interkultureller Trainer in Sydney. Freitagabendverabredungen sollte man stets spät ansetzen, sonst gilt man als unkollegial.
Wer mit Australiern nach der Arbeit auf ein Feierabendbier den Pub aufsucht, darf niemals nur für sich selbst ein Bier holen. "Wer zur Theke geht, bringt eine Runde für die Kollegen mit", sagt Latus. Beim Mittagessen mit Kollegen ist es anders als in Italien üblich, dass die Rechnung geteilt wird. Nur wenn man explizit als Gastgeber auftritt, bezahlt man für alle.
"Kulinarisch sehr multikulturell"
"Kulinarisch sehr multikulturell"
Australier verhandeln nicht nur in Büros - Geschäftessen dienen ebenso häufig zum Geschäfte machen. Auch wenn es Australier mit den Tischmanieren nicht so ernst nehmen, fährt man mit der europäischen Schule gut. Das heißt: Obwohl "Enjoy your meal" oder "Bon appetit" selten zu hören ist, können Sie damit ein Essen immer eröffnen. Allerdings sollten Sie sich nicht wundern, wenn sich der Australier bereits seine Mahlzeit schmecken lässt. Als Ausländer sollte man dagegen warten, bis alle ihr Essen haben - und erst dann mit dem Speisen beginnen.
Bei der Essensauswahl muss nichts Schlimmes befürchtet werden. "Australien ist kulinarisch sehr multikulturell. Trotzdem freuen sich Australier sehr, wenn man sich an ihren urtypischen Gerichten probiert", sagt Konen. Dazu zählen unbedingt Meat Pie (Fleisch in Teigtasche), Dim Sim (chinesisch inspiriertes Fingerfood mit Fleischfüllung) oder der legendäre Brotaufstrich Vegemite (Hefeextrakt fürs Toastbrot). Wer sich an der Küste aufhält, kann bei Geschäftsessen ausgezeichneten Fisch und Austern verzehren. Die besten Austern kommen nicht nur aus Frankreich, sondern auch aus Sydney und Tasmanien.
Nach Deutschen und Belgiern kommen zumindest beim Bierkonsum die Australier. Doch egal wie gut Ihnen das Foster's schmeckt: Trinken Sie nie zu viel Alkohol im Geschäftsleben. Mit dem Weinkonsum können Sie es in Australien halten wie in Frankreich. Australier produzieren hervorragende Weine.
Konservativ ist sicher
Fantasie wird bei der Kleiderauswahl im australischen Geschäftsalltag nicht benötigt. Männer kleiden sich seriös mit Anzug und Krawatte. Klettert das Thermometer im Sommer auf hohe Temperaturen, darf das Sakko nach der Begrüßung abgelegt werden. Allerdings sollte man darauf warten, dass sich der Geschäftspartner als Erster seines Sakkos entledigt.
Während Manschettenknöpfe in Deutschland nicht nur ein Zeichen von Geschmack, sondern auch von Hierarchie und Status sind, so ziert dieser dezente Männerschmuck in Australien derzeit die Hemden eines jeden, der etwas auf sich hält. Die Hemden selbst sind meist weiß oder blau. Australier tragen eher selten schwarz oder andersfarbig auf. Mit einem grünen oder braunen Anzug erntet man Erstaunen.
Wie in den USA oder in immer mehr deutschen Unternehmen läutet der Casual Friday das Wochenende zumindest modisch betrachtet ein. Am Freitag ist in einigen Unternehmen legere Kleidung angesagt. An einem solchen Tag erscheinen Sie allerdings nicht in Jeans und Surf-T-Shirt im Büro. Vielmehr sollten Sie auf eine Stoffhose und ein Hemd setzen. Frauen kleiden sich im Geschäftsleben mit Röcken oder Kostümen und schminken sich dezent. Farben und Schnitte sollten konservativ gewählt werden.
Goldene Regeln für den Erfolg
Goldene Regeln für den Erfolg
- Verwechseln Sie "Austria" nicht mit "Australia" und umgekehrt.
- Überbetonen Sie nicht das Qualitätsmerkmal "Made in Germany".
- Treten Sie nicht als Besserwisser auf.
- Akzeptieren Sie, dass Australier bei Verhandlungen nicht strikt die Tagesordnungspunkte einhalten.
- Gehen Sie niemals ohne Getränke oder eine Kleinigkeit zu einer Grillparty.
- Ordern Sie beim Feierabendbier mit Kollegen niemals nur für sich - sondern stets für die ganze Runde.
- Seien Sie in der Sprache stets freundlich: "Sorry" und "thanks" sind Pflicht.
- Planen Sie Geschäftstermine wegen den Entfernungen nicht vor 9 Uhr in der Frühe.
- Verzichten Sie in Australien auf das Victory-Zeichen, bei dem die Handfläche nach innen zeigt. Es handelt sich dabei um eine grobe Beleidigung.
- Vorsicht auch mit der Daumen-hoch-Geste. Sie ist dem hiesigen Mittelfinger gleichzusetzen.
- Rauchen wird nur von einigen Australiern als persönliche Schwäche betrachtet.
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