Putzmeister Der Beton und die Liebe

Karl Schlecht will ein besonderer Mensch sein. Der Putzmeister-Gründer fördert Gips und Beton, junge Menschen und alternative Energien. Seinen Erfolg hat Schlecht nicht nur Putzmaschinen und Betonpumpen zu verdanken, sondern auch seiner eigenwilligen Unternehmensführung.
Von Karsten Langer

Hamburg - Eigentlich wollte Karl Schlecht kein praktizierender Ingenieur werden, sondern lieber an der Uni bleiben um zu promovieren. Trotzdem gründete er 1958 in Filderstadt bei Stuttgart den Putz- und Betonpumpenhersteller Putzmeister.

Die erste Verputzmaschine bestellt sein Vater, der Gipser war, 1956 bei dem Einmannbetrieb. In einer Schmiede bei Bernhausen schraubte Schlecht die Maschine zusammen, eher widerwillig, weil ihm die Schlosserarbeit zu primitiv erschien. Trotzdem schreibt er 1957 seine Diplomarbeit über das von ihm erfundene Gerät.

Schlechts Unternehmen floriert. 1961 wird das erste Werk eingeweiht, bereits 1972 sind über 20.000 Verputzmaschinen verkauft. Putzmeister gründet Länderniederlassungen im Jahrestakt.

Die Messlatte bei Betonförderpumpen ist die Höhe, in die die graue Masse gepumpt werden kann. 1977 stellt Putzmeister den ersten Rekord auf: 310 Meter Förderhöhe werden für den Fernsehturm in Frankfurt am Main erreicht. Nur ein Jahr später werden 380 Meter Gotthard-Tunnel in der Schweiz geschafft, Mitte der 80er bereits 432 Meter bei einem spanischen Kraftwerkstunnel, 1994 wird die 500-Meter-Marke am Kraftwerk "Riva del Garda" in Italien geknackt.

Gegenwärtig arbeitet Putzmeister am Burj Dubai, dem Turm von Dubai. Nach Fertigstellung 2008 soll der Wolkenkratzer mit über 700 Metern das höchste Gebäude der Welt werden. Wie hoch der Turm genau wird, darüber schweigen sich die Bauherren aus.

Irgendwann Ende der 80er Jahre muss es Schlecht nicht mehr genügt haben, lediglich Gründer eines Unternehmens für Putz- und Betonpumpen zu sein. Neben seinen technischen Neuerungen geht er nun seinen amateurphilosophischen Neigungen nach.

Schlechts neue Leidenschaft hat Folgen für Mitarbeiter und Betrieb. Der Rotarier will, dass die Liebe Einzug hält in sein Unternehmen. Schlecht nennt diese eigenartige Philosophie "Management by Love". Die Liebe diene dazu, schreibt Schlecht, den Schornstein rauchen zu lassen.

"Ora et labora"

"Ora et labora"

"Dienen, bessern, Werte schaffen" ist sein Credo. Damit die CoPhi, die Company Philosophy, im Kopfe hängen bleibt, muss jeder Mitarbeiter den Putzmeister-Leitfaden als Orientierungshilfe und Verhaltensgrundlage mindestens einmal im Jahr lesen und verinnerlichen, verlangt der Firmenchef. "Seelische Trägheit ist eine traditionelle Wurzelsünde", schreibt der Schwabe.

So moniert Schlecht: "Einzelne Teile eines gesunden Unternehmens 'entarteten' zu Fremdkörpern, die in keiner Beziehung mehr zur Unternehmensphilosophie standen. Aus Zellen, die dem gesunden Organismus dienlich waren, wurden 'Krebsgeschüre', die häufig die Existenz des Ganzen bedrohten oder gar zerstörten." Was Schlecht mit den "Krebsgeschwüren" gemacht hat, ist nicht überliefert.

Mit fast missionarischem Eifer hat Schlecht sein Denkgebäude perfektioniert. Seine Abhandlungen tragen Namen wie "Ora et labora bei Putzmeister" oder "Nächstenliebe - edelste Form des Dienens." Immer wieder beruft er sich auf den Jesuiten und Moraltheoretiker Rupert Lay, Verfasser des Buches "Ethik für Manager".

Die christliche Ader wurde Schlecht in die Wiege gelegt. Mutter und Vater kommen aus pietistischem Haus, aber in seiner Jugend ist Schlecht ein eher widerwilliger Kirchgänger, später hat er der Kirche eigenen Angaben zufolge sogar "den Rücken gedreht". Erst mit fortgeschrittenem Alter wendet Schlecht sich ethischen und moralischen Fragen zu.

Das führt schließlich zu einer folgenschweren Entscheidung: 1997 wird Putzmeister in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, aber Schlecht stoppt den geplanten Börsengang. Stattdessen überträgt er sein Unternehmen 1998 mehrheitlich an die Karl-Schlecht-Stiftung. Die hat sich zum Ziel gesetzt, Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung, kulturelle Vorhaben und den Umweltschutz zu fördern. Noch im selben Jahr zieht sich Schlecht aus dem operativen Geschäft zurück und wechselt in den Aufsichtsrat.

Persönlich ist Karl Schlecht schweigsam. Nein, er möchte sich zu seinem Lebenswerk nicht äußern, er legt keinen Wert auf Publicity, sagt er gegenüber manager-magazin.de.

Mit seiner eigentümlichen Unternehmensphilosophie hat Schlecht dennoch Erfolg. 2005 erwirtschaften die 2775 Putzmeister-Angestellten einen Umsatz von 963 Millionen Euro, im vergangenen Jahr soll der Umsatz erneut um 30 Prozent gewachsen sein.

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