Beiersdorf Schöner werben mit Nivea

Um die Marke bekannter zu machen, eröffnete Beiersdorf in Hamburg das Nivea-Haus. Den Zuhörern der manager-lounge schilderte Beiersdorf-Marketingchef Michael van Gelder die Erfahrungen mit dem Wellnesstempel. Hemmschwellen sind vorhanden: "Viele Menschen mögen nicht einfach in ein Haus gehen, sich ausziehen und verwöhnen lassen."
Von Karolin Köcher

Hamburg - "Eigentlich hätten wir uns auch gleich dort treffen können", meint Michael van Gelder mit Blick aus dem Fenster auf die Alster. Das neue, nur einen Steinwurf entfernte Nivea-Haus transportiere eine in dieser Form bislang einzigartige Marketingbotschaft: "Die Menschen ändern sich und Nivea ändert sich mit ihnen."

Leider, fügt er ohne echtes Bedauern und mit einem Augenzwinkern hinzu, sei dort mal wieder alles ausgebucht. Die Nerven mochten im Hause Beiersdorf blank gelegen haben, als die Idee entstand, einem Produkt ein Zuhause zu geben, war doch der Einfall gewagt: "Wir haben nach Wegen gesucht, aus dem Einerlei der Markenkommunikation auszubrechen", erläutert van Gelder vor Mitgliedern der manager-lounge.

"Dann fiel unser Blick auf die in den USA sehr erfolgreichen Day-Spas, die für die breite Masse erschwinglich sind und nichts mehr mit elitären 5-Sterne-Spas zu tun haben. Man könnte sagen, wir demokratisieren das Kosmetik- und Wellnessangebot." Dazu komme das gestiegene Gesundheitsbewusstsein der Menschen, damit einhergehend ein großer Informations- und Beratungsbedarf. Das Nivea-Haus scheint damit sichtbar logische Schlussfolgerung dieser Kausalkette.

Zunächst gibt es für die rund 40 Manager einen kleinen Einblick in die Kernmarke Nivea und einen Ausflug in die Produktwelt rund um die kleine blaue Dose, die schon bei der Kriegsgeneration Synomym für Hautpflege war. "Bei meiner Großmutter gab es zur Pflege ausschließlich diese kleine Dose", bemerkt eine Teilnehmerin, "sonst nichts." An diesem Abend sind auffällig viele weibliche Führungskräfte gekommen.

"In Hamburg über die Marke Nivea zu sprechen, ist wie Eulen nach Athen zu tragen", fährt van Gelder fort. Obwohl die Creme laut Umfragen einen Bekanntheitswert von 100 Prozent hat und 67 Prozent die Marke tatsächlich verwenden, müsse natürlich weiter geworben werden. "Eine Marke braucht ständige Präsenz, sonst wird sie austauschbar."

Die riesige beleuchtete Nivea-Dose am Eingang des Hauses ist aber nur ein sichtbarer Teil. Auch im Inneren des dreistöckigen Gebäudes gibt es auf 800 Quadratmetern Fläche kaum einen Gegenstand ohne das bekannte weiß-blaue Logo. Ob auf Massagehandtüchern, Wänden oder Möbeln - dezent, aber omnipräsent. "Verbrauchernähe schaffen und die Verbraucher begeistern sind ganz zentrale Anliegen. Die Marke Nivea begleitet die Menschen ihr ganzes Leben und durch alle Stationen ihres Kosmetikbedarfs hindurch", sagt der Marketingchef.

Rasieren üben

Rasieren üben

Ob man nicht befürchte, die Marke zu verwässern, fragt ein Manager aus der Runde. Die Bedürfnisse der Konsumenten seien mit den Jahren gestiegen, es reiche nicht mehr wie früher eine einzige Hautcreme. "Diese Entwicklung müssen wir mit unseren Produkten nachvollziehen", erläutert van Gelder. Dabei dürfe es aber keine unabhängigen Einzelaktivitäten geben, warnt er, "man muss unbedingt im Territorium der Kernmarke bleiben".

Immer wenn van Gelder über die große Nachfrage nach den Dienstleistungsprodukten des Nivea-Hauses wie Kosmetikanwendungen und Massagen spricht, wirkt er, als hätte jeder einzelne Kunde ihm durch seinen Zuspruch eine Zentnerlast von den Schultern genommen. Man kann sich vorstellen, wie viele Meetings und Planungskonferenzen zwischen der Idee und der Eröffnung des Hauses lagen.

"Es ist doch fast wie ein neuer Geschäftsbereich für Beiersdorf", spricht ein Teilnehmer aus, was viele denken. "Stimmt", sagt van Gelder. Er wisse aber auch, dass immer noch viele Menschen eine hohe Hemmschwelle haben, "die mögen nicht einfach mitten am Tag in ein Haus gehen, sich ausziehen und verwöhnen lassen". Für sie gebe es Schnupperangebote und kleine Attraktionen wie den "Latte Massagio" - einen Caffè Latte mit kleiner Nackenmassage.

Die Möglichkeiten der Produkt-Inszenierung seien durch das Nivea-Haus nahezu grenzenlos, "zum Beispiel hatten wir die Idee, eine echte Nassrasur mit Messer wie beim Barbier anzubieten, haben aber erst einmal mit eigenen freiwilligen Kollegen üben müssen, bevor wir das jetzt professionell anbieten können", sagte van Gelder, der damit die Lacher auf seiner Seite hatte.

Aufgrund der großen Nachfrage ("Wir sind über Monate ausgebucht") sei es sogar möglich, dass der Wohlfühltempel schon bald Gewinn abwirft. Van Gelder: "Bevor wir aber jetzt darüber nachdenken, die Republik mit einem Netz von Wellnesshäusern zu überziehen, wollen wir erst einmal die hier in Hamburg gemachten Erfahrungen nutzen. Wir lernen jeden Tag dazu"

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