Verhandeln in Holland Sag's durch die Tulpe
Die Niederlande spielen in der Vergangenheit und Gegenwart Europas eine bedeutende Rolle. Holländer sind geborene Kaufleute mit einer überaus langen und erfolgreichen Tradition. Ihre Wirtschaft ist in großem Maße abhängig vom Außenhandel und bekannt für stabile industrielle Beziehungen, gemäßigte Inflation, einen ordentlichen Handelsüberschuss und als einer der wichtigsten Warenumschlagplätze Europas.
Bei geschäftlichen Gesprächen wird der Holländer Ihnen vor- und nachher immer einen festen und bestimmten Händedruck zuteil werden lassen. Er schätzt direkte und geradlinige Ausdrucksweise und gelangt sehr schnell zum Kern der Sache. Smalltalk ist oft fehl am Platz. Der manchmal oberflächlich wirkende Stil etwa der US-Amerikaner kommt hier nicht besonders gut an. Folglich kann ein holländisches Ja auch als solches verstanden werden, ein Nein aber auch.
Das Verhandlungsmuster niederländischer Geschäftspartner ist meistens systematisch und gut vorbereitet. Beide Eigenschaften sind sehr hilfreich beim Aufbau und Erhalt eines klaren und direkten Kommunikationsprozesses. Das klingt angesichts der sonst drohenden Schwierigkeiten bei internationalen Verhandlungen geradezu paradiesisch, insbesondere wenn das Thema sehr komplex oder die Fristen allmählich knapp werden.
Wenn Sie in den Niederlanden eine Präsentation halten, empfiehlt es sich, schnell und ohne Umschweife auf den Punkt zu kommen: Vermeiden Sie Übertreibungen oder aufwendige Präsentationen mit Popmusik oder ähnlichem Firlefanz. Fundieren Sie Ihre Argumente lieber mit ausreichend Fakten und zwar so präzise wie möglich. Eine Referenzliste kann dabei hilfreich sein.
Das eherne Gesetz lautet: Sei professionell, vermeide Blabla oder Poespas wie die Holländer sagen. Anders als etwa in den USA ist eine lockere Atmosphäre im Rahmen einer Präsentation nicht so wichtig. Natürlich darf man humorvoll sein, aber weniger ist hier mehr. Manchmal tendieren Niederländer sogar dazu, störrisch oder uneinsichtig zu wirken. Das wird dann zum Problem, wenn Verhandlungspartner aus eher informellen Kulturen ungeduldig werden und in einen lauteren Stimmmodus verfallen, was sich mit Sicherheit höchst kontraproduktiv auswirkt.
Gestenreiche und enthusiastische Ausdrucksformen sind, im Gegensatz zu Südeuropa und Südamerika, in holländischen Gefilden unerwünscht. Im Geschäftsleben geht es zwar freundlich, aber nüchtern und sachlich zu.
Protestantische Tugenden
Protestantische Tugenden
Der erste und wichtigste Punkt im niederländischen Geschäftsprotokoll ist Pünktlichkeit. Es wird allgemein als unhöflich empfunden, zu Besprechungs- oder anderen Geschäftsterminen zu spät zu erscheinen. Wenn Sie einen Termin voraussichtlich nicht einhalten können, sollten Sie Ihren Geschäftspartner rechtzeitig telefonisch über die Verspätung, den Grund und einen möglichen Ersatztermin informieren.
Weil holländische Geschäftsleute im Allgemeinen gerne langfristig planen, sind sie über Ad-hoc-Besprechungen, insbesondere mit Dritten, nicht sehr erfreut. Gewähren Sie ihnen deshalb schon aus Höflichkeit ausreichend zeitlichen Vorlauf, wenn Sie einen Termin neu planen müssen.
Gehen Sie gut vorbereitet in ein Gespräch, und sorgen Sie dafür, dass Ihre Sichtweise und auch Ihre juristischen Argumente in der Anfangsphase der Verhandlungen deutlich werden. Vermeiden Sie während der Verhandlung Unterbrechungen und Zwischenfragen, die nichts mit dem aktuellen Thema zu tun haben. Dem niederländischen Verhandlungsmodus liegt weniger eine Basar-Mentalität, sondern eher ein argumentativer Diskurs zugrunde.
Deswegen sollten Einstiegsforderungen möglichst realistisch ausfallen. Eigene Forderungen sollten durch aktuelle Marktvergleiche, technische Argumente und andere Parameter legitimiert werden. Das Angebot sollte trotzdem eine gewisse Sicherheitsspanne beinhalten, um unvorhersehbare Entwicklungen abfangen zu können und Verhandlungsspielraum zu lassen. Vermeiden Sie es jedoch, Ihr Angebot zu stark auszudehnen.
Während wichtige Verhandlungen noch persönlich abgehalten werden, wird das Prozedere nach Vertragsabschluss häufig per Telefon oder E-Mail abgewickelt. Wenn die Entscheidungen erst einmal getroffen und die Verträge unterzeichnet sind, handelt die niederländische Seite gewöhnlich zügig bei der Umsetzung.
Die vertraglichen Vereinbarungen als Ergebnis des Verhandlungsprozesses sollten alle juristischen Aspekte und notwendigen Definitionen enthalten, um als verlässliche Basis für alle aus dem Projekt entstehenden Entwicklungen und Fragen dienen zu können.
Dienstzeiten einhalten
Dienstzeiten einhalten
Die Niederländer trennen Berufs- und Privatleben sehr stark. Versuchen Sie deshalb bitte nicht, Ihren Geschäftspartner zu Hause oder in seiner Freizeit zu erreichen, wenn dies nicht vorher ausdrücklich vereinbart worden ist.
Der erste Eindruck zählt. Dieser sollte eher konservativ sein. Extreme, wie sie in der Innenstadt von Amsterdam zum Beispiel in Bezug auf Mode, Kleidung und Auftreten gang und gäbe sind, stoßen im holländischen Geschäftsleben kaum auf Gegenliebe. Ein konservativ-eleganter Kleidungsstil, ähnlich wie in England, ist zu empfehlen.
Als kleine Nation mit einer langen Tradition im internationalen Handel sind die Niederlande eines der Länder, in denen man auf Englisch mit allen Geschäftsebenen hervorragend kommunizieren kann. Das erspart nicht nur wertvolle Zeit, sondern auch einen Dolmetscher mit allen Risiken von Fehlübersetzungen.
Geschäftliche Unterhaltung findet normalerweise in einem Restaurant statt. Wenn Sie von einem Geschäftspartner nach Hause eingeladen werden, ist dies eine sehr freundliche Geste und sollte, wenn möglich, angenommen werden.
Noch eine typisch holländische Gepflogenheit ist hierbei zu erwähnen: Sind Sie im Restaurant nicht unbedingt als Gast eingeladen, rechnen Sie damit, für Ihren Teil der Speisen und Getränke selbst zu zahlen. Nicht umsonst heißt es auf Englisch: "Let us go Dutch!", womit gemeint ist, das jeder für sich selbst zahlt.
Praktische Tipps
Praktische Tipps
- In den Niederlanden wird Englisch, zum großen Teil auch Deutsch gesprochen.
- Machen Sie sich stets bewusst: Wer zu einer Besprechung zu spät kommt, erweckt den Anschein, ein schlechtes Zeitmanagement zu haben und nicht vertrauenswürdig zu sein.
- Anstelle eines warmen Menüs essen die Holländer mittags kalt. Erst am Abend wird warm gegessen. Einladungen zum Abendessen werden gerne gesehen. Die niederländischen Geschäftsleute gehen oft nach Büroschluss auf einen "Borreltje" - ein informelles Treffen in einem Pub oder Café. Konsumiert werden dort Kaffee, Bier, ein Genever (klarer Schnaps) und höchstens ein paar kleine Brötchen.
- Sie können über fast alles reden. Die große Ausnahme ist das Königshaus: Da mehr als 95 Prozent aller Niederländer "Oranien-Fans" sind, haben sie für Hohn und Spott über das Königshaus wenig übrig. Wer sich im Sport auskennt, punktet.
- Die Hierarchien in Holland sind flach und transparent. Niederländer schätzen "inspraak" -Mitspracherecht. Entscheidungen werden häufig von Arbeitsgruppen getroffen. In den meisten Unternehmen stehen die Türen offen, patriarchalische Strukturen sind wenig verbreitet.
- Manager sind häufig sehr jung und unkonventionell, aber überaus dynamisch und auf jeden Fall mit ausreichenden Vollmachten ausgestattet, um die Verhandlungen bis zum Abschluss führen zu können.
- Die Niederländer verhandeln direkt, offen und effizient. Sie erwarten klare Verhältnisse und Darstellungen, kalkulieren sehr genau und sind bei Verhandlungen gut vorbereitet. Wer den besten Preis bietet, macht in der Regel das Geschäft.