Siemens Von Pierer, der Untersuchungshäftling und die Gehaltserhöhungen
Hamburg - Die Mitglieder des Siemens-Zentralvorstands mussten weniger Opfer bringen, als ihre selbstlos anmutenden Statements es hätten vermuten lassen. "Wenn BenQ die Mitarbeiter im Regen stehen lässt, wollen wir tatkräftig helfen", hatte CEO Klaus Kleinfeld nach der Insolvenz der einstigen Siemens-Handysparte im Oktober erklärt.
Gleichzeitig hatte das Unternehmen verkündet, der Vorstand verzichte "auf die beschlossene Gehaltserhöhung für ein Jahr". Rund 4,5 Millionen Euro (angekündigt waren zunächst fünf Millionen Euro) flossen daraufhin in einen Hilfsfonds für entlassene BenQ-Mitarbeiter statt auf die Konten der Spitzenmanager.
Doch selbst wenn man diese Gehaltskürzung einkalkuliert, haben die Gesamtbezüge des Siemens-Vorstands im Geschäftsjahr 2006 immer noch um rund 2,4 Millionen Euro auf 30,4 Millionen Euro zugenommen. Dies geht aus dem aktuellen Geschäftsbericht des Unternehmens hervor, der diese Woche im Internet veröffentlicht wurde. Das Geschäftsjahr endete am 30. September.
"Die Geschäftsziele wurden übererfüllt", erklärt ein Siemens-Sprecher gegenüber manager-magazin.de. Deshalb sei die reale Vergütung des Vorstands gestiegen - obwohl auf eine weitere Erhöhung des sogenannten Zieleinkommens im Zuge der BenQ-Pleite verzichtet worden sei. Dieses Einkommen gibt an, wie viel die Manager erhalten, wenn sie ihre Ziele zu 100 Prozent erfüllen.
Die Spitzenverdiener im Vorstand
Die Spitzenverdiener im Vorstand
Zudem müsse bei einem Jahresvergleich der Einkommen berücksichtigt werden, dass sich die Zusammensetzung des Vorstands geändert habe, so der Sprecher.
Siemens-Chef Kleinfeld bekam im Geschäftsjahr 2005 nicht das volle Gehalt eines CEO, weil er erst am 27. Januar offiziell die Nachfolge von Heinrich von Pierer angetreten hatte. Die Steigerung seiner Bezüge fällt also stärker ins Gewicht. Kleinfeld verdiente von Oktober 2005 bis Ende September 2006 rund 3,6 Millionen Euro und damit 350.000 Euro mehr als im Geschäftsjahr zuvor. Seine Bezüge setzen sich aus etwa 3,2 Millionen Euro Barvergütung (Festgehalt, Boni und sonstige Vergütungen) und 375.000 Euro aktienbasierter Vergütung (Aktienzusagen) zusammen.
Aufsichtsratschef von Pierer bekam zuletzt ein Jahressalär in Höhe von rund 211.000 Euro. Das sind 75.000 Euro mehr als im vorigen Geschäftsjahr. Von Pierer hatte sein neues Amt analog zu Kleinfeld erst im Januar 2005 angetreten. Insgesamt steigerten sich die Bezüge der Siemens-Kontrolleure um 15 Prozent auf rund 2,1 Millionen Euro.
Zu den Spitzenverdienern im Zentralvorstand gehören - nach CEO Kleinfeld - die Manager Johannes Feldmayer, Jürgen Radomski, Uriel Sharef und Klaus Wucherer. Sie konnten sich über Steigerungen im Bereich von 60.000 bis 70.000 Euro freuen und strichen jeweils rund 2,6 Millionen Euro ein. Etwa 2,4 Millionen Euro gingen an Thomas Ganswindt, der inzwischen aus dem Führungsgremium ausgeschieden ist und derzeit im Zuge der Korruptionsaffäre in Untersuchungshaft sitzt. Seine Bezüge erhöhten sich in diesem Jahr immerhin um knapp 14.000 Euro, die er komplett als Barvergütung erhielt.
Im Bericht des Aufsichtsrats dankt von Pierer den ausgeschiedenen Vorständen - darunter auch Ganswindt - "für ihr langjähriges und großes Engagement zugunsten des Unternehmens". Der Bericht ist auf den 11. Dezember datiert - den Tag vor Ganswindts Verhaftung.