Ehrgeiz im Job Geld allein motiviert nicht

Was tun, wenn die Mitarbeiter nur das Wochenende herbeisehnen? Gehaltsbonbons und Dienstwagen reichen zur dauerhaften Motivation oft nicht aus. Ein Überblick über erfolgreiche und weniger erfolgreiche Strategien.
Von Tim Cappelmann und Oliver Trenkamp

Den "inneren Schweinehund" überwinden, sich "zusammenreißen", den "Arsch hochkriegen" - an plastischer Sprache mangelt es nicht, wenn es um Motivation geht. Doch allzu häufig mangelt es an ihr: Leistungsbereitschaft ist ein rares Gut in Deutschland. Jedenfalls steht das in zahlreichen Untersuchungen, zuletzt in einer Studie der Beratungsfirma Gallup . Demnach fühlen sich die meisten Arbeitnehmer nicht an ihre Firma gebunden, etwa ein Fünftel sabotiert sogar die Interessen der Chefs.

"Da kommt es dann zu Diebstählen oder bewussten Fehlmeldungen", sagt Walter Bungard, Wirtschaftspsychologe an der Universität Mannheim. Solche Sabotageakte sind die Steigerung der so genannten "inneren Kündigung" - ein Zustand, in dem Arbeitnehmer ohne jeden Elan zur Arbeit trotten: bloße physische Anwesenheit ohne Initiative zum Handeln.

Motivationslöcher tun sich vor allem in Unternehmen auf, die sich schlecht entwickeln, Arbeitsplätze abbauen und ihren Angestellten keine sichere Zukunftsperspektive geben. Generell gilt: Motivation ist vor allem dann notwendig, wenn Probleme auftauchen. Die gibt es allerdings in jedem Unternehmen, und davon auch gleich eine ganze Bandbreite.

Die Ursachen für Frust am Arbeitsplatz sind vielfältig. Oft könne die Unlust der Angestellten schon mit Kleinigkeiten zu tun haben, "mit dem Zustand der Mitarbeitertoilette oder der Umkleidekabinen", sagt Bungard. Chefs müssten vor allem darauf achten, "vernünftige Rahmenbedingungen schaffen".

Eines kann die Unternehmsführung aber kaum leisten: ihre Mitarbeiter einfach per Druck auf den richtigen Motivationsknopf zur Höchstleistung zu treiben. Bislang versuchen Unternehmen es vorwiegend durch materielle Belohnungen. Leistungsbezogene Bezahlung, Dienstwagen, Blackberrys, Aktienoptionen und Prämien sind zwar nette Bonbons. Sie reichen aber nicht, um dauerhaft zu motivieren. Und mitunter bewirken sie sogar das Gegenteil.

Urkunden können demotivieren

Urkunden können demotivieren

Ein gut gemeinter, aber im Ergebnis häufig falscher Ansatz vieler Vorgesetzter geht so: Sie loben einen Bonus aus und ködern damit ihre Mitarbeiter. Wer in ihren Augen gut arbeitet oder ein bestimmtes Ziel erreicht, bekommt mehr Geld. "Wenn ich meinem Mitarbeiter sage: 'Du bekommst 2000 Euro mehr, wenn Du ein Ziel erreichst', dann ist das eher kontraproduktiv", sagt der Buchautor und Unternehmensberater Reinhard K. Sprenger. Wenn Mitarbeiter in einer "Dauerolympiade" um den Bonus wetteifern, zerstöre das die Zusammenarbeit. Walter Bungard stimmt ihm zu: "Früher hat man geglaubt, dass primär Geld eine Rolle spielt" - heute rede man eher über die Vereinbarung gemeinsamer Ziele.

Auch die öffentliche Lobpreisung ("Mitarbeiter des Monats") wirkt vielleicht in den USA oder in Japan - kann in Deutschland aber durchaus peinlich werden und führt nicht immer zu einem fruchtbaren Betriebsklima. "Urkunden und Auszeichnungen haben häufig sogar eine demotivierende Wirkung - auf jene, die sie nicht bekommen", sagt Sprenger. Was in einer stark wettbewerbsorientierten Kultur funktionieren kann, lässt sich nicht eins zu eins für in deutsche Arbeitswelt übersetzen.

Das Geschäft mit der Ware Motivation boomt: Im Internet poppen Werbefenster für "Mehr Leistungsbereitschaft"-Trainings auf. Buchhandlungen quellen über vor Ratgebern. Animateure, die mit müden Arbeitnehmern motivierende Urschreie einstudieren, haben es bis in Fernsehshows geschafft. Das hat viele Zuschauer allerdings nur zu einem motiviert: zum Abschalten.

Die große Zeit von Motivationsgurus wie Emile Ratelband, Ulrich Strunz, Bodo Schäfer oder Jürgen Höller ist auch schon wieder passé, zumal manche Erfolgscoaches spektakuläre Konkurse hingelegt haben. Oder sogar wie Höller in den Knast eingefahren sind - sag zum Abschied leise Tchaka.

Professionelle Agenturen bieten Unternehmen so genannte Incentive-Programme an: die gemeinsame Segeltour auf der Ostsee, eine Schnitzeljagd im Spreewald oder eine gemeinsame Bergtour in den Alpen. So wollen Firmen Mitarbeiter langfristig an sich binden, die Identifikation mit der Firma, den Teamgeist und die Loyalität stärken und so die Leistungsbereitschaft fördern.

Motivation kommt von innen

Motivation kommt von innen

Doch alle ernst zu nehmenden Experten sind sich einig: Dauerhafte Motivation kommt von innen. Sie wurzelt in den Mitarbeitern selbst. Hat ein Angestellter keinen Spaß an der Tätigkeit an sich, passt er mit seinen Ansprüchen, seinem Selbstverständnis, seinem Bild von der Arbeit nicht in die Kultur des Unternehmens, dann helfen auch keine Zuckerl. Nur der Angestellte selbst kann sich motivieren.

Wirtschaftspsychologe Bungard sagt, viel wichtiger als monetäre oder andere äußere Anreize sei, Mitarbeitern Verantwortung zu übertragen und sie in "unternehmensinterne Prozesse mit einzubeziehen" - zum Beispiel durch umfangreiche Mitarbeiterbefragungen. Das funktioniert allerdings nur, wenn die Meinung der Mitarbeiter auch tatsächlich zählt und die Führungsetage Anregungen der Basis ernst nimmt. Also müssen Vorschläge und Kritik von Mitarbeitern Folgen im Unternehmen haben.

Mitarbeitermotivation beginnt bei der Auswahl der richtigen Führungskräfte, die glaubhaft vorleben, was sie selbst fordern, erklärt Bungard. Ein nicht unerheblicher Teil von ihnen sei "aber weder vorbereitet noch in der Lage, Mitarbeiter gut zu führen. Geschweige denn, dass er ausgewählt wurde, weil er gut motivieren kann". Noch immer würden die sozialen Kompetenzen von Führungskräften den fachlichen Qualifikationen zu sehr untergeordnet. "In die oberen Etagen werden oft die knallharten Sanierer gerufen. Leute, die aus dem Controlling kommen und mit Zahlen umgehen können - nicht mit Menschen." Wenn einer dagegen mit seinen Mitarbeitern gut klarkomme, bestehe schnell der Verdacht der Kumpanei, so Bungard.

Der Wirtschaftpsychologe sagt aber auch: Gerade der direkte Vorgesetzte hat einen großen Einfluss auf das Umfeld und die Motivation am Arbeitsplatz. Und am Ende sind es oft die kleinen, unspektakulären Dinge, die das meiste ausrichten: Ein aufrichtiges Lob, konstruktive Kritik und ehrliche Wertschätzung der Arbeit wirken auf die meisten Mitarbeiter weitaus motivierender als der jährliche Betriebsausflug.

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