YouTube-Gründer Multimillionäre in 18 Monaten
Hamburg - Allzu oft kommt es nicht vor, dass sich die YouTube-Gründer Chad Hurley und Steve Chen selbst per Video präsentieren. Doch diesmal war der Anlass bedeutend genug - für die Internet-Gemeinde, und für sie persönlich.
Es ist das Geschäft ihres Lebens, es wird sie reich machen. Jetzt müssen sie nur der Community zu erklären, was passiert, nachdem Google YouTube übernommen hat. "Mit Googles Unterstützung verfügen wir über die Ressourcen, um den Service auf einen ganz neuen Level zu heben", sagt Chen etwas hölzern, nachdem er sich bei den Nutzern für ihre Treue bedankt hat. Auch Hurley sagt Danke und spricht von einer "großen Zukunft" für YouTube.
Für die beiden Senkrechtstarter hat der Aufbruch in ihr neues Leben begonnen, als sie vor wenigen Tagen in einem Schnellrestaurant mit Google-Gründer Larry Page und seinem Geschäftsführer Eric Schmidt den 1,65-Milliarden-Dollar-Deal besiegelten. So viel steht fest: Wenn die Transaktion abgewickelt ist, werden Hurley und Chen Multimillionäre sein.
Der Weg dahin war kurz. Erst im Februar 2005 hatten die beiden die Firma gegründet, "weil es ihnen zu mühselig war, einen Videoclip über das Internet an Freunde zu verschicken, das sie auf der Party am Abend zu vor gefilmt hatten" - so will es die Legende. In einem Internetforum zitiert ein User namens "sivasankarwhore" Hurley mit den Worten, die erste Version der Software sei innerhalb von nur zwei Monaten entstanden - bei sechs Arbeitsstunden pro Woche. Das Geschäftsmodell sei ähnlich einfach gewesen: Die Inhalte, die zum Beispiel Fernsehstationen teuer kaufen und auswählen müssten, werde bei ihnen auf dem Silbertablett serviert. Die Werbeeinnahmen kämen dann mit steigenden Nutzerzahlen quasi von selbst.
Nach kurzer Zeit wurde die Arbeit allerdings härter. Das rasante Zugriffs-Wachstum war mit dem ursprünglich geplanten Einsatz nicht mehr zu stemmen - schon gar nicht von der heimischen Garage aus. Also bezog die junge Firma ein bescheidenes Quartier in einem abgeschabten Bürohaus in der Third Avenue im kalifornischen San Mateo, ganz unzeitgemäß, zumindest im Vergleich zu den Startups der ersten Generation. Als Kantine fungierte die Pizzeria im Erdgeschoss. Chen kümmerte sich um die Technik, Hurley um das Webdesign. Die Belegschaft wuchs schnell. Heute kümmern sich 67 Mitarbeiter um das Wohl des Portals.
Das Kreditlinien waren bald erschöpft
Auch die Kreditlinien der Jungunternehmer waren bald ausgeschöpft. Je populärer die Seite wurde, umso mehr stiegen die Kosten. Unterstützung kam vom Venture-Kapitalgeber Sequoia Capital, der schon Unternehmen wie Yahoo , Google oder MP3.com entdeckt hatte. Sequoia investierte zunächst 3,5 Millionen Dollar, wenige Monate später nochmals 8,9 Millionen.
Hurleys Plan, mit Online-Werbung Profit zu machen, ließ sich dagegen nicht so leicht in die Tat umsetzen. Zunächst einmal gehört YouTube der Inhalt nicht. Manche Amateurfilmer, die großzügig ihre Kreationen auf die Seite laden, werden schnell zornig, wenn andere damit Geld verdienen wollen. Außerdem hatte YouTube bald den Ruf, eine Art Videoausgabe der Musiktauschbörse Napster zu sein. Die klassischen Fernsehsender beäugten die neue Konkurrenz ebenso argwöhnisch wie die Filmproduzenten aus Hollywood, die häufig Szenen ihrer teuren Produktionen auf YouTube wiedersahen. Mit Hilfe von Kooperationsverträgen gelang es Hurley aber, die Gegner zu beruhigen und ihnen sogar die Vorteile der Plattform nahe zu bringen.
Trotzdem blieb die Gewinnzone in unerreichbarer Ferne. Offizielle Zahlen halten die YouTuber zwar unter Verschluss - doch Experten schätzen, dass das Unternehmen pro Monat ungefähr eine Million Dollar verbrennt. Der Google-Deal löst all diese Probleme mit einem Schlag.
Wer bekommt wie viel?
Die große Frage: Wer bekommt wie viel?
Der Suchmaschinen-Gigant bringt allerdings nicht nur Kapital und Geschäftsverbindungen mit. Die YouTuber erhalten auch noch 1,65 Milliarden Dollar in Form von Google-Aktien.
Solch ein Betrag löst natürlich Phantasien aus. Wer bekommt wie viel aus dem riesigen Topf? Das ist eine jener Fragen, die Möchtegern-Eingeweihte und fachkundige Beobachter in verschiedenen Internetforen diskutieren. Dem Wunsch nach einer Auskunft aus erster Hand erteilte Hurley schon schroff eine Absage. So wenig wie er über Umsätze und Gewinne spreche, so wenig werde er über die Verteilung der Anteile an YouTube preisgeben, ließ der 29-Jährige wissen.
Entsprechend weit gehen die Spekulationen. "Ein Drittel für jeden", so klärte zum Beispiel ein Blogger die Neugierigen auf, als noch nicht mal die genaue Kaufsumme feststand. "500 Millionen Dollar für Sequoia, 500 Millionen Dollar für die Belegschaft und den Rest für die Gründer".
Josh Felser, der vor einiger Zeit ein ähnliches Unternehmen gegründet und für 65 Millionen Dollar an AOL verkauft hatte, macht im US-Kulturmagazin "PopMatters" eine differenzierte Kalkulation auf: Hurley und Chen dürften die Löwenteil kassieren, schätzt der Experte. Schließlich würde YouTube ohne sie nicht existieren. Den Anteil von Sequoia will er nicht genau beziffern: "Er wird zwischen 10 und 40 Prozent liegen." Auch die Belegschaft dürfte nach seiner Schätzung nicht schlecht wegkommen: "Um gute Leute zu bekommen, muss man attraktive Beteiligungen bieten. Diese könnten 15 bis 20 Prozent der Anteile am Unternehmen ausmachen." Zuletzt die Führungsriege und die Mitarbeiter der ersten Stunde: Ihren Anteil schätzt Felser auf zwei bis drei Prozent.
Dieser Kalkulation zufolge dürfte allein die Führungsriege einen warmen Regen erwarten. Auf wie viele Köpfe sich die geschätzt 30 bis 40 Millionen Dollar verteilen, ist allerdings wieder Gegenstand der Spekulation. Viel gibt Hurley von den Interna seiner Firma eben nicht preis - klar ist da nur: Auch die YouTube-Beschäftigten werden sicher nicht ärmer.