47 Millionen Euro Schaden soll Alexander Falk der Firma Energis zugefügt haben. Noch hat ihm die Staatsanwaltschaft allerdings nichts nachgewiesen. Jetzt sagen Manager des britischen Unternehmens Energis erstmals aus: Ein Meilenstein im Mammutprozess um den Hamburger Unternehmer und seine Webholding Ision.
Hamburg - Im Betrugsprozess gegen den früheren Internetunternehmer Alexander Falk will das Hamburger Landgericht im September erstmals Manager von Energis anhören. Nach über 80 Verhandlungstagen kommt damit jetzt das Unternehmen zu Wort, das angeblich von Falk geschädigt wurde.
Es sei aber noch offen, ob die Zeugen termingerecht nach Hamburg kommen könnten oder kommissarisch im Ausland vernommen werden müssten, sagte Falk-Anwalt Thomas Bliwier am Dienstag am Rande des Prozesses.
Falk und fünf Mitangeklagte müssen sich seit Dezember 2004 in einem komplizierten Prozess vor Gericht verantworten. Die Strafsache Falk ist das größte Wirtschaftsverfahren, dass es im Stadtstaat Hamburg je gegeben hat: 700 Ordner, die im Gericht in einem eigenen Raum untergebracht sind, eine 283-seitige Anklageschrift und 76 Zeugen.
Der Wirtschaftskrimi dreht sich um Falks Unternehmen Ision, einst ein Vorzeigeprojekt der New Economy. Der Angeklagte soll Umsätze von Ision vorgetäuscht haben, um dann beim Verkauf an Energis einen überhöhten Preis zu kassieren. Die fingierten Umsätze sollen durch Scheingeschäfte mit dem Unternehmen Bluetrix, wie Ision eine Tochter der Distefora-Holding, sowie mit befreundeten Firmen entstanden sein. Die Staatsanwälte werfen Falk Kursmanipulation, Betrug und Steuerhinterziehung vor.
Schaden oder kein Schaden?
Ein wesentlicher Streitpunkt des Prozesses könnte jetzt entschieden werden: Ist die Firma Energis überhaupt geschädigt worden? Die Anklage beziffert den Schaden auf mindestens 47 Millionen Euro. Nach Berechnungen eines Gutachters ist Energis dagegen überhaupt kein Verlust entstanden.
Auf der Grundlage dieser Expertenmeinung hatte das Landgericht Hamburg im November 2005 zunächst den Haftbefehl gegen Falk und zwei weitere Angeklagte aufgehoben. Dann aber wurde es vom Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) zurückgepfiffen: Im Februar 2006 erging erneut ein Haftbefehl gegen den früheren Internet-Unternehmer. Das OLG stützte sich dabei ebenfalls auf Expertenmeinungen. Es geht weiterhin von Betrug in einem besonders schweren Fall aus, während das Landgericht zuletzt nur einen versuchten Betrug angenommen hatte.
Ob es sich bei dem vorliegenden Fall tatsächlich um einen Betrug handelt, soll jetzt nach der Sommerpause geklärt werden. Alles hängt davon ab, ob ein Schaden rechtskräftig festgestellt werden kann - und dabei sollen die Zeugen von Energis helfen.
Für den Fall, dass das Verfahren mit einem Freispruch endet, hat Alexander Falk schon Pläne: Er will die Stadt Hamburg verklagen.