Verhandeln in den Vereinigten Arabischen Emiraten Chaos, Geschenke, Gastfreundschaft
Die Vereinigten arabischen Emirate (VAE) werden als Partnerland für europäische Unternehmen immer wichtiger. Wer in der kleinen, aber wohlhabenden Konföderation Geschäfte abschließen will, sollte sich vorher über Kultur und Menschen informieren. Ungefähr 2,5 Millionen Araber leben in den VAE. Die Mehrheit der Bevölkerung wohnt in den beiden engen Küstenstreifen, außerdem gibt es zwei besiedelte inländische Oasen.
Sieben Emirate mit jeweils eigenem Staatsoberhaupt bilden den Staatenbund: Abu Dhabi, Dubai, Sharjah, Ajman, Umm Al-Qaiwain, Ras Al-Khaimah und Fujairah. Arabisch ist die offizielle Landessprache, die Geschäftssprache Englisch wird aber auch fast überall gesprochen. 96 Prozent der Araber sind Muslime, die restlichen 4 Prozent gehören der christlichen, der hinduistischen oder anderen Religionen an.
Fester Bestandteil eines jeden arabischen Hauses sind die "Al Majlis" - eine Art Wohnzimmer für das gesellschaftliche Beisammensein. Die Tradition stammt noch aus den Zeiten, als die meisten Araber in der Wüste lebten. Ein Teil des Beduinenzeltes wurde von den anderen Räumlichkeiten abgetrennt, damit in diesem Teil das Stammesoberhaupt in öffentlichen Sitzungen um Rat oder Gefälligkeiten gefragt werden konnte - sei es bei rechtlichen oder bei alltäglichen Dingen, die den Stamm betrafen. Auch heute noch halten die Staatsoberhäupter solche öffentlichen Sitzungen ab. Jeder Bürger kann dann mit seinem Anliegen kommen.
Wer als Europäer die Kultur der Emirate verstehen will, sollte die islamischen Bräuche und Wertvorstellungen gut kennen. Ein wichtiger Punkt: Im Westen kommt dem Individuum eine besondere Bedeutung zu, bei den Arabern dagegen zählt vor allem der Familienzusammenhalt. Der Geschäftspartner wird offen und frei von seiner Familie und deren Angehörigen erzählen - und erwartet auch vom Gegenüber, dass es sich nach seiner Familie erkundigt. Außerdem zählt es zur guten Sitte, bei Besuchen allen Familienmitgliedern etwas mitzubringen.
Nicht zu unterschätzen sind die Mentalitätsunterschiede zwischen West und Nahost: Europäer sind fast uneingeschränkt offen für Neuerungen, Araber hingegen versuchen, ihre traditionellen und religiösen Werte mit neuen Produkten und Ideen in Einklang zu bringen. Sie sind also grundsätzlich kritischer und brauchen oft länger, um Veränderungen durchzusetzen.
Im Geschäftsleben nutzen sie ihr persönliches Beziehungsnetzwerk, während sich westliche Geschäftsleute eher an Unternehmen beziehungsweise Institutionen wenden.
Überragende Gastfreundschaft
Was die meisten Araber auszeichnet, ist ihre überragende Gastfreundschaft. Sie leben in der Tradition des "Hauses der offenen Tür": Wenn sie einladen, ist jeder willkommen. Gäste werden verwöhnt. Vor allem beim Essen kommt das zum Ausdruck: Die besten Speisen kommen auf den Tisch, wenn Besuch im Haus ist. Während des Essens wird nicht viel gesprochen - eine willkommene Pause, denn sonst sind die Araber sehr redselig.
Wer in einer Familie zu Gast ist, sollte stets etwas auf dem Teller übriglassen, um zu zeigen, dass er satt ist und reichlich gegessen hat. Westliche Geschäftspartner werden jedoch überwiegend in Restaurants eingeladen.
Besuche und lange Konversationen sind an der Tagesordnung: Araber schauen nicht auf die Uhr, wenn es um Geschäfte geht. Oft kommen sie zu spät oder lassen Unterbrechungen zu. Während in den meisten westlichen Ländern die Sekretärin für eine ungestörte Besprechung sorgt, gilt in den Emiraten auch während der Arbeitszeit die Tradition "des offenen Hauses".
Nicht selten werden drei verschiedene Geschäfte auf einmal abgewickelt und alle reden lautstark durcheinander. Das Chaos ist perfekt - so wird es jedenfalls ein europäischer Gast empfinden. Wie soll man da einen Vertrag abschließen? Die beste Strategie bleibt wohl, sich direkt neben den Verantwortlichen zu setzen und ihn humorvoll, aber eindeutig auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen.
Während solcher Verhandlungen fällt auf, wie stark sich die Strategien unterscheiden: Während westliche Manager versuchen, logische und mit Fakten belegte Argumente vorzubringen, konzentriert sich die arabische Kommunikation auf personalisierte Argumente und hartnäckige Überzeugungstaktiken. Araber sind große Rhetoriker und sprechen meist laut, schnell und lange. Eloquenz als Mittel der Überzeugung wird sehr geschätzt.
Verhandeln mit Körperkontakt
Die körperliche Distanz nimmt dabei auf ein Minimum ab. Ein zu großer Abstand wird als kalt und abwertend angesehen. Der westliche Manager sollte deutlich machen, dass der Gastgeber der richtige und geeignete Geschäftspartner ist.
Viele Araber vermeiden es, über negative Themen offen zu sprechen und die Dinge beim Namen zu nennen. Stattdessen benutzen sie Metaphern. Es ist ratsam, zwischen den Zeilen zu lesen und so herauszufinden, ob es Probleme gibt, obwohl nach außen hin alles in Ordnung zu sein scheint.
Im Land ist ein patriarchalischer Führungsstil üblich. Meistens ist der Älteste auch der Einflussreichste, Entscheidungen dauern mitunter sehr lange, ohne Geduld geht gar nichts. Jegliches Zeichen von Ungeduld oder Eile gilt als äußerst unhöflich.
So geht es bei Geschäftsberatungen in den Vereinigten Arabischen Emiraten stets sehr langsam zu. Auf keinen Fall darf man direkt zum Thema kommen. Die Aufwärmphase kann lange dauern, daher sollte man immer großzügige Zeitreserven einplanen. Letztendlich entscheidet Sympathie über den Geschäftserfolg.
Entspannt bleiben auch im Chaos
Grundsätzlich gilt die Devise: Wer sich möglichst gut auf die Kultur einlässt, wird erfolgreich sein. Das heißt auch, in allen Situationen flexibel und entspannt zu bleiben - was nicht einfach ist, wenn man das Gefühl hat, dass die Verhandlungen völlig chaotisch verlaufen. Gleichzeitig ist es wichtig, selbst zuverlässig und professionell zu agieren sowie mit Logik zu überzeugen, um ein geschätzter Verhandlungspartner zu sein. Gefälligkeiten sollten angenommen werden, allerdings verlangen die Araber im Gegenzug natürlich auch welche.
Um Kontakte aufzubauen ist es sinnvoll, ein paar Worte Arabisch zu lernen. In Verhandlungen wird aber in aller Regel Englisch gesprochen.
Die religiösen Vorschriften spielen auch im Geschäftsalltag eine große Rolle: Essen und trinken etwa darf man nur mit der rechten Hand, die linke gilt als unrein. Die Füße müssen auf dem Boden bleiben, die Beine werden nicht gekreuzt. Während des Ramadans darf auf öffentlichen Plätzen weder gegessen noch geraucht werden. Auch Getränke, und sei es nur Wasser, sind dann in der Öffentlichkeit tabu. Die Regeln für jede erste Begegnung sind einfach: Männer werden per Handschlag und Frauen mit einem Kopfnicken begrüßt.
Weitere Prinzipien des Islam: Keinen Alkohol trinken, wenn die Gegenseite das nicht auch tut, keinen zu persönlichen Umgang mit Frauen pflegen und niemals die islamische Lehre in Frage stellen. Der Kleidungsstil ist konservativ, Anzug und Krawatte gehören dazu. Frauen sollten ein Kostüm mit langem Rock oder einen Hosenanzug anziehen. Ausländerinnen dürfen zwar ohne Schleier auf die Straße treten, allerdings sollten sie immer dezent gekleidet sein. Grundsätzlich gilt: Wer seinen Geschäftspartnern mit Achtung entgegen tritt und die wichtigsten Bräuche kennt, wird in arabischen Häusern herzlich aufgenommen.