Deutsche Verhandlungspartner, die sich im Ausland nicht auf die jeweilige Kultur des Landes einstellen, scheitern zumeist grandios. Japaner, Amerikaner und Deutsche sind allein beim Thema Streitkultur grundverschieden.
Berlin/München - Auch in der Berufswelt verlieren Grenzen an Bedeutung. "Think global" - die ganze Welt im Blick behalten: Dieses Motto gilt längst nicht mehr nur für Wirtschaftsführer, sondern auch für viele Arbeitnehmer. Doch bei Kontakten mit Kollegen und Geschäftspartnern im Ausland lauern immer wieder Fettnäpfchen.
Was in einem Land als formvollendet gilt, kann im anderen rücksichtslos wirken. Umso wichtiger ist es, die Grundlagen der Benimm-Regeln des jeweiligen Landes zu kennen, sonst endet schlimmstenfalls schon das erste Meeting im Eklat.
Manchmal sind es Kleinigkeiten, die für große Missverständnisse sorgen: "In orientalischen Ländern zum Beispiel ist es eine Beleidigung, einem Gesprächspartner die Schuhsohle zu zeigen", sagt der auf Business-Etikette spezialisierte Kommunikationstrainer Hans-Michael Klein. "In China dagegen sollte man nie die Stäbchen ins Essen stecken." Oft gibt es gerade in der Gesprächskultur große Unterschiede: "Die Japaner kennen 600 Arten Nein zu sagen", erzählt der Experte aus Essen.
Verschiedene Kommunikationsstile
"Gesprächspartner in Japan lehnen einen Vorschlag nicht einfach ab. Aber wenn sie sagen "Das ist schwierig", heißt das "Es geht nicht"." Schweigen dagegen heißt tatsächlich "Nein", einfach nur mit "Ja" zu antworten, dagegen "Ich habe verstanden". Wichtig ist auch, sich über die Unterschiede im Umgang mit Kritik bewusst zu sein.
Weist ein Deutscher einen Japaner öffentlich zurecht, kann das Lachen auslösen - aus Verlegenheit. "Deutsche fühlen sich dann leicht ausgelacht, und der Konflikt eskaliert", erläutert Klein.
In den USA sei die Streitkultur ganz anders. "Da ist es üblich, auch mal laut zu werden", sagt der Kommunikationsexperte. "In Großbritannien dagegen sollte man lieber leiser sprechen, um nicht anzuecken."
Deutsche seien im internationalen Vergleich näher an den Amerikanern als an den Briten, hat Klein beobachtet. "Wir sind einfach sehr direkt", sagt auch die Etikette-Expertin Isabel Nitzsche aus München. Für Briten dagegen sei der indirekte Kommunikationsstil geradezu typisch: "Deutsche merken es dort oft gar nicht, wenn sie kritisiert werden. Sie hören diese Zwischentöne einfach nicht."
Die Tücken der Kommunikation per E-Mail
"Da kann es schon Reibungsverluste geben"
Deutsche Arbeitnehmer müssen mit solchen Situationen zunehmend umgehen können. "Durch die Globalisierung haben immer mehr Unternehmen Kontakte ins Ausland", sagt Rainer Schmidt-Rudloff von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in Berlin. "Und das gilt nicht nur für die Global Player, sondern auch für viele Mittelständler." Dadurch sei das Risiko gewachsen, dass es zu Schwierigkeiten in der Kommunikation kommt, die Folgen für die Zusammenarbeit haben: "Da kann es schon Reibungsverluste geben."
Dass Unternehmen ihre Mitarbeiter auf die Arbeit im Ausland oder die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern vorbereiten, sei deshalb üblich. "Das ist allerdings eine Frage der Umsetzung. Oft bleibt für die Vorbereitung einfach nicht viel Zeit." Dabei spiele interkulturelle Kompetenz, die Fähigkeit, sich auf andere Kulturen einzustellen, im Arbeitsleben insgesamt eine immer größere Rolle.
Denn selbst wer nicht ins Ausland reist, hat möglicherweise mit Kollegen im Ausland zu tun: "Bei virtuellen Teams zum Beispiel", sagt Isabel Nitzsche. "Sogar per E-Mail kann dabei einiges schief gehen. Wir Deutschen kommunizieren auch dabei sehr knapp. In Frankreich wirkt es aber schon unhöflich, wenn man nicht wenigstens "Wie geht's?" fragt."
Vor Berufskontakten ins Ausland und vor allem vor längeren Aufenthalten dort ist es deshalb ratsam, sich auf das Land vorzubereiten: "Man sollte schon beobachten, was dort los ist und sich vorab einlesen", empfiehlt Nitzsche. "Die Medien von dort helfen dabei oft, und die gibt es meistens auch im Internet."
Wer sich entsprechend sensibel verhält, punktet bei seinen Partnern. Genau das ist interkulturelle Kompetenz - kein Regelwerk, sondern eine Grundeinstellung: "Das Verständnis, dass andere Kulturen anders, aber nicht schlechter sind als unsere eigene", sagt Hans-Michael Klein. "Und das ist viel wichtiger als dass ich weiß, wie ich mir in China die Nase putze."