Berthold Leibinger, der Prototyp des schwäbischen Mittelstandes, wird am Samstag 75. Ohne ihn wäre Trumpf wahrscheinlich nie das geworden, was es heute ist - eines der erfolgreichsten inhabergeführten Unternehmen Deutschlands.
Ditzingen - Ursprünglich wollte Berthold Leibinger Schriftsteller werden. Doch dann kam alles anders und eine Erfolgsgeschichte begann, die ihresgleichen sucht. Am Samstag wird der Sohn eines Kunsthändlers für ostasiatische Antiquitäten 75 Jahre alt.
Leibinger entschied sich, der damaligen Zeit angemessen, für einen bodenständigen Beruf und machte eine Mechanikerlehre bei der kleinen Stuttgarter Maschinenfabrik Trumpf, dessen damalige Inhaber Freunde der Familie waren. Anschließend studierte der gebürtige Stuttgarter Maschinenbau.
Nach einem Intermezzo in den USA bei Cincinnati Milling kehrte er 1961 zu Trumpf zurück und stieg fünf Jahre später zum Geschäftsführer und Gesellschafter der Maschinenfabrik auf. Damals gehörten ihm gerade einmal 2 Prozent der Firma - inzwischen ist sie komplett in den Händen seiner Familie. Der Paradeunternehmer hat Trumpf zum Weltmarktführer in der Lasertechnik gemacht.
Leibinger und die Bundeskanzlerin: Im November 2003 wurde sein Lebenswerk mit dem "Preis Soziale Marktwirtschaft" der Konrad-Adenauer-Stiftung ausgezeichnet
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Neue Chefin: Nicola Leibinger-Kammüller leitet seit letzter Woche das Familienimperium
Peter Leibinger: Der Sohn (38) von Berthold Leibinger leitet den Geschäftsbereich Lasertechnik
Trumpf: Das neue Vertriebs- und Servicezentrum im schwäbischen Ditzingen ist architektonisch ansprechend
Foto: Marhgerita Spiluttini / Trumpf
Leibinger: Der Ingenieur mit Ehrenprofessortitel bleibt Gesellschafter des Familienkonzerns
Licht, Werkzeug der Zukunft: Laserstanzmaschine von Trumpf
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Tüftlergeist, Fleiß und Sparsamkeit stehen für den Erfolg des Familienimperiums mit mehr als 6000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 1,4 Milliarden Euro. Leibinger gilt als Ikone des Mittelstandes und Vorzeigeunternehmer, den seine Mitarbeiter noch nie um 16 Uhr mit Tennis- oder Golfschläger aus dem Betrieb haben gehen sehen.
Neben seinem unternehmerischen Engagement war der politisch einflussreiche Firmeninhaber auch mehreren CDU-Ministerpräsidenten im Schwabenland ein wichtiger Ratgeber. Von 1995 bis 1998 gehörte er dem Rat für Forschung, Technologie und Innovation des damaligen Bundeskanzlers Kohl an.
Überraschender Abgang
Überraschender Abgang
Mitte Oktober dieses Jahres gab Leibinger zu aller Überraschung bekannt, dass er sich aus dem Tagesgeschäft zurückziehen werde. Am 18. November übergab der Patriarch des Maschinenbauers und Laserspezialisten Trumpf die Unternehmensführung an seine Tochter Nicola Leibinger-Kammüller.
Die 45-Jährige fällt angesichts ihrer Berufsausbildung aus dem Rahmen - sie studierte Germanistik, Anglistik und Japanologie. Die Mutter von vier Kindern galt zudem als ewige Geschäftsführerin der Berthold-Leibinger-Stiftung, deren Erträge kulturellen, kirchlichen und wissenschaftlichen Zwecken dient und für die sie sich seit der Gründung 1992 stark macht.
Vielleicht war es aber gerade ihre Leidenschaft für schöne Dinge, die ihren Vater, der sich auch mehr für philosophisch-ethische Fragen interessiert als für Ökonomie, dazu bewogen hat, sie in den Chefsessel zu hieven. Denn schließlich seien die politischen, ökonomischen und philosophisch-ethischen Grundsätze, nach denen das Unternehmen Trumpf geführt werde, bei einer Frau besser aufgehoben, sagte Leibinger jüngst gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Jedenfalls wolle er der neuen Chefin viel Freiraum lassen, sagte Leibinger gegenüber der "Stuttgarter Zeitung". Lediglich bei einem Gang an die Börse werde er eingreifen, bekennt der Gesellschafter, dem nach seinem Rückzug noch immer ein Drittel der Anteile an dem Familienimperium gehören.
Ansonsten hängt sein Herz nach wie vor an den schönen Dingen des Lebens - seine Leidenschaft für Kunst, Kultur und Literatur hat er nie ganz aufgegeben. Inzwischen engagiert sich der Ingenieur mit dem Ehrenprofessortitel in der Bachakademie und im Freundeskreis des Schiller-Nationalmuseums. In Zukunft will Leibinger wieder viel lesen und mehr Zeit mit seiner Frau verbringen.