Es gib vieles, was Japaner nicht vertragen: Milch, Alkohol, Niederlagen und zu viel Nähe. Also bestimmen Rituale den Alltag derer, die im Land der aufgehenden Sonne Geschäfte machen. Wer aber nach dem Meeting in eine Karaoke-Bar eingeladen wird, wird sich wundern, wie textsicher Japaner deutsche Schlager schmettern.
Hamburg - Japan hat eine Jahrtausende alte Tradition und Geschichte, früher mit einer Abkapselungspolitik und mit Eroberungskriegen auf dem asiatischen Festland. Zu jener Zeit war Japan für Europa ein weitgehend unbeschriebenes Blatt.
Umso erstaunlicher ist die Entwicklung, die das Land und seine Industrien, insbesondere die Automobil- und Computerbereiche, nach Beendigung des zweiten Weltkriegs gemacht haben. Innerhalb weniger Jahrzehnte hat Japan ein wirtschaftliches Wachstum und eine weltweite Expansion erlebt.
Der erste Eindruck
Die persönliche Beziehung und die Fähigkeit, Vertrauen beim japanischen Geschäftspartner aufzubauen, sind essentiell und kommen vor dem Geschäftemachen. Die erste Begegnung spielt eine große Rolle. Generell ist es gut, höflich und zurückhaltend aufzutreten. In Japan legt man viel Wert auf das Protokoll, vermeiden Sie, als zu altklug und zu laut zu gelten.
In Japan kommt Visitenkarten eine ausgesprochen wichtige Bedeutung zu. Idealerweise sollten diese zweisprachig, auf Englisch und Japanisch abgefasst werden und beidhändig, mit der Schrift dem Empfänger zugewandt, übergeben werden. Die Visitenkarten lassen die Position im Unternehmen eindeutig erkennen. Japanische Geschäftspartner verbeugen sich häufig während der Begrüßung, wobei der Jüngere sich tiefer verbeugt als der Ältere.
Körpersprache
Die Körpersprache ist in Japan sowohl in Verhandlungen als auch bei gesellschaftlichen Anlässen äußerst wichtig. Körperberührungen sind beispielsweise kaum angebracht. Sie sollten wissen, dass Japaner zum Beispiel beim Händegeben körperliche Nähe oder gar Schulterklopfen völlig anders empfinden als Deutsche oder Amerikaner.
Sofern man als Team in Japan verhandelt, kann ein Teammitglied die Gegenseite auf ihre Körpersprache hin beobachten und darüber regelmäßig berichten. Hierdurch können unbewusste Verhaltensweisen, die negativ aufgefasst werden, kontrolliert werden.
Vorbereitung
Die Andersartigkeit Japans macht eine wesentliche Vorbereitung auf die Verhandlungen notwendig. Zunächst ist es wichtig, durch eine dritte Person, etwa einem lokalen Verbindungsmann, gut eingeführt zu werden. "Kalte Anrufe" und E-Mails haben kaum eine Wirkung. Sie wirken eher abschreckend.
Hier kommt dem Kontaktmann vor Ort eine wichtige Bedeutung zu, besonders auch in Fragen des Protokolls. Außerdem kann er auch weitere Zusammentreffen nicht nur mit den unmittelbaren Geschäftspartnern, sondern auch mit entsprechenden Behörden arrangieren.
Ihre Geschäftspartner werden gut vorbereitet sein. Zur eigenen Vorbereitung gehört es auch, sich von vornherein Klarheit über die Stellung und Rangordnung der verschiedenen Verhandlungspartner zu verschaffen. Der Hauptredner auf der Gegenseite muss nicht unbedingt der Ranghöchste sein.
Ohne Ordnung kein Geschäft
Beziehen Sie in Ihrer Vorbereitung auch die spezielle Verhandlungskommunikation Ihrer japanischen Partnern mit ein: Einerseits ist der Gruppen- und Hierarchiecharakter der Japaner zu beachten: Alle japanischen Partner sind in die Gespräche mit einzubeziehen und mit Respekt, Höflichkeit und Verbindlichkeit zu behandeln. Dem Anführer der Gegenseite gebührt zusätzliche Achtung.
Andererseits muss man dem Erfordernis, dass die andere Seite, eine Entscheidung nicht allein, sondern in der Gruppe zu trifft, Rechnung tragen. Deshalb ist es empfehlenswert, im Laufe der Verhandlungen die japanische Seite über neue Gesichtspunkte zu informieren, damit sich diese intern und diskret abstimmen kann. Auf jeden Fall sollte man vermeiden, während der Verhandlungen unerwartet mit neuen Aspekten zu überraschen. Geschieht dies, müssen Sie damit rechnen, dass die Verhandlung vertagt wird.
Betonen Sie in Ihrer Präsentation ruhig die Vorzüge Ihrer Firma, Ihrer Produkte und Dienstleistungen. Tradition und der Stolz, für ein Unternehmen zu arbeiten, sind in Japan bekannt und nach wie vor akzeptiert. Vermeiden Sie aber Übertreibungen.
Wo der Witz fehl am Platz ist
Halten Sie Ihre Präsentation nicht zu humorvoll ab, bleiben Sie stringent und geben Sie am Anfang einen Überblick über das, was Sie präsentieren wollen. Vergessen Sie bitte nicht, dass Ihre Darstellung auf Englisch vielleicht vom japanischen Verhandlungspartner nicht vollständig verstanden wird. Zweisprachige Dokumente Japanisch/ Englisch werden im Rahmen der Präsentation von ihrem japanischen Partner sehr geschätzt.
Englisch als Verhandlungssprache kann manchmal zum Problem werden. Der japanische Partner spricht vielleicht nicht genug Englisch oder gibt vor, dieser Sprache nicht mächtig zu sein. Durch die Einbeziehung eines Dolmetschers gewinnt er Zeit, um zu antworten.
Der Gesichtsverlust ist ein Umstand, der auf jeden Fall vermieden werden sollte. Dies gilt für Japan und für die anderen Teile Asiens gleichermaßen. Das Ansehen des einzelnen gegenüber dem Partner, der Gruppe und in der Gesellschaft ist sehr wichtig. Um das für die Verhandlungen so wichtige positive Klima zu gewährleisten, sollten Sie die Kommunikation höflich und harmonisch gestalten.
Kritik oder negative Äußerungen in Gegenwart des japanischen Geschäftspartners sind zu vermeiden. Außerdem bietet es sich an, im Rahmen von stetigen Geschäftsbeziehungen häufige Besuche, zumindest einmal pro Jahr, nach Japan zu machen, um das einmal geschaffene Vertrauen zu festigen.
Gruppen- und Gemeinschaftsdenken
Hier gilt nicht die uns bekannte Priorität des Individuums, sondern eher die der Gruppe und Gemeinschaft. Im Rahmen von Verhandlungen heißt das, das man in der Regel nicht mit einem einzelnen, sondern vielmehr mit mehreren japanischen Partnern spricht. Entscheidungen werden nicht allein, sondern von der Gruppe getroffen. In Japan besteht eine strenge Hierarchie. Es ist wesentlich zu beachten, wer der Ranghöhere ist und wer niedriger steht.
Und plözlich heißt es Sayonara...
Japanische Verhandlungsteams treten in der Regel als Gruppe auf. Dies betrifft auch soziale Angelegenheiten.
"Am Abend des zweiten Verhandlungstages haben uns die japanischen Partner nach dem Essen in eine Karaokebar geführt", berichtet der Verhandlungsführer eines deutschen Automobilzulieferers. "Zunächst waren wir erstaunt über die detaillierte japanische Kenntnis deutscher Volsklieder. Nach zwei Stunden in der Karaokebar, nach viel Singen und viel Spaß verabschiedete sich der japanische Verhandlungsführer plötzlich. Seine Delegation folgte auf dem Schritt und innerhalb von drei Minuten war der feuchtfröhliche Abend zu Ende", berichtet der deutsche Manager.
Die Gesellschaft ist weitaus stärker vertikal als horizontal gegliedert. Der Höhergestellte gilt mehr, der Niedriggestellte weniger als in den meisten anderen Ländern. Deshalb ist eine Gruppe, mit der man in Japan verhandelt, nicht unbedingt einem Team nach westlichem Verständnis gleichzusetzen. Zwar besteht das Bedürfnis, innerhalb der Gruppe einen Konsens in der Entscheidung zu finden, "Zen-in-Sanka" genannt. Jedoch stehen innerhalb dieser Gruppe auch eindeutige hierarchische Regeln, die festlegen wer der Ranghöchste ist und damit letzten Endes das Sagen hat.
Verhandlungsansatz
In Besprechungen sollten Sie es in aller Regel vermeiden, "amerikanisch" oder auch "westeuropäisch" zu verhandeln, dass heißt schnell, direkt und informell zur Sache zu kommen und zudem auch soziale Gelegenheiten dazu zu verwenden, über das Geschäft zu reden. Die Prioritäten hier sind gänzlich anders. Im Vordergrund steht zunächst der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung.
Daher empfiehlt es sich sehr, genügend Flexibilität zu haben und sich vom eigenem Unternehmen oder Auftraggeber nicht zu sehr die Hände binden zu lassen. Im Gegensatz zur westlichen Einstellung, die zugrunde liegenden Vertragsentwürfe in der Regel Punkt für Punkt durchzugehen, zu diskutieren und dabei durch gegenseitige Konzessionen zu Teileinigungen zu kommen, die letztendlich zu einer Gesamteinigung führen sollen, haben die Japaner wie alle asiatischen Verhandler eine etwas andere Vorstellung: Sie sehen die Vertragsdokumente als Ganzes und werden Konzessionen nicht beim Durchgehen der einzelnen Punkte, sondern erst viel später, also nach Diskussion des ganzen oder zumindest eines Großteils der Verträge machen.
Wenn es dann zu Konzessionen kommt, sind japanische Verhandler bewundernswert ausdauernd. Obwohl es angebracht ist, ähnlich zäh zu sein, sollten Sie die Wichtigkeit der Harmonie nicht vergessen und deshalb eine gute Atmosphäre in und um die Verhandlung erhalten. Hier gilt umso mehr: Zäh, aber immer freundlich.
In Japan besteht nicht unbedingt die in Westeuropa oder den USA vorherrschende Einstellung einer Vertragskonstanz, wonach Verträge nach Unterzeichnung generell einzuhalten sind. Im Gegensatz dazu liegt eine durchaus häufige Einstellung japanischer Verhandler in einer Art "Vertragsreue": Sie sehen das Vertragswerk nicht als separates Gebilde, sondern eher als einen Teil eines gesamten Systems, das sich jederzeit ändern kann.