Berlin - Die betriebsbedingte Kündigung kommt in der Praxis am häufigsten vor. Sie rangiert weit vor den personen- und verhaltensbedingten Kündigungen. Trotzdem werde gegen sie seltener geklagt, beobachtet der auf Arbeitsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Jochen Waldenmeier. Dabei sei es in vielen Fällen möglich, erfolgreich gegen eine Kündigung aus betrieblichen Gründen vorzugehen.
Mitarbeiter, die ein Kündigungsschreiben erhalten, müssten sich als Erstes persönlich bei der Bundesagentur für Arbeit melden. Das sei auch notwendig, wenn sie die Kündigung nicht hinnehmen wollen und Widerspruch einlegen werden.
Dann gelte es, die Gründe für die betriebsbedingte Kündigung zu prüfen. Denn sie sei nur gerechtfertigt, wenn dringende betriebliche Erfordernisse der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in der Firma entgegenstehen. Das könnten zum Beispiel Rationalisierungsmaßnahmen, die Stilllegung eines Betriebsteils oder die Verlagerung der Produktionsstätte sein. Nur wenn diese Umstände den konkreten Arbeitsplatz eines Mitarbeiters gefährdeten, dürfe dieser betriebsbedingt gekündigt werden.
Umsatzrückgang allein reicht nicht als Grund
Es empfiehlt sich, die Begründungen genau zu lesen, denn in der Praxis finden sich darin immer wieder Fehler, die der Mitarbeiter für sich ausnutzen kann, erläutert Waldenmeier. So sei zum Beispiel der Umsatzrückgang, der von Unternehmen gern als Grund für betriebsbedingte Kündigungen herangezogen werde, allein nicht ausreichend. Das entschied das Arbeitsgericht in Frankfurt am Main (AZ: 9 Ca 4123/03). Arbeitgeber müssten erläutern, wie sich ein Auftragsrückgang konkret auf die Arbeitsplätze auswirke.
Auch wenn der konkrete Arbeitsplatz eines Beschäftigten wegen dringender betrieblicher Erfordernisse wegfalle, dürfe dieser nicht ohne weiteres gekündigt werden. Zuvor müsse der Arbeitgeber alle Möglichkeiten prüfen, um den Arbeitnehmer an einem anderen Platz einzusetzen. So entschied das Arbeitsgericht in Frankfurt am Main, dass der Wegfall eines Arbeitsplatzes nicht automatisch einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellt (AZ: 7 Ca 2398/02). Eine als "Assistentin der Geschäftsführung" tätige Arbeitnehmerin war in Folge einer Umstrukturierung entlassen worden. Nach der Entscheidung des Gerichts hatte es der Arbeitgeber versäumt, vor Ausspruch der Kündigung zu prüfen, ob eine andere Beschäftigung möglich ist.
Kommen für die Kündigung mehrere Mitarbeiter in Betracht, müsse eine so genannte Sozialauswahl getroffen werden. Dabei spielten Lebensalter, Betriebszugehörigkeit, Gesundheit, Familienstand sowie Unterhaltsverpflichtungen eine Rolle. Nach dem Kündigungsschutzgesetz müssten diejenigen als Erste gehen, die es sozial am besten verkraften und schneller einen neuen Job finden. Das seien in der Regel die jüngeren Mitarbeiter.
Wer Zweifel an der Rechtmäßigkeit seiner betriebsbedingten Kündigung hat, sollte sich einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Beistand suchen, empfiehlt der Experte. Hat der Arbeitnehmer konkrete Anhaltspunkte, dass zum Beispiel Fehler bei der Sozialauswahl gemacht wurden, müsse er das beweisen. Eine Klage gegen die Kündigung sei innerhalb von drei Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens möglich.