McKinsey & Co. "Intellektuelle PS" gesucht
Hamburg - Lange Arbeitszeiten, viele Dienstreisen und kurze Einarbeitungszeiten in komplexe Fragen: Wer Unternehmensberater werden will, muss für seine Karriere oft schon während des Studiums überdurchschnittlich viel leisten und privat zurückstecken.
Von angehenden Consultants wird mehr verlangt als nur ein guter Abschluss: Auslandsaufenthalte und Praktika sind für Bewerbungen unverzichtbar.
Dafür winken gute Bezahlung und Aufstiegschancen. Die Beratungsgesellschaften suchen Alleskönner, am besten leistungsbereite akademische und berufliche Überflieger mit gepflegten Umgangsformen und Fremdsprachenkenntnissen. "Große Beratungsgesellschaften betreiben intensives Recruiting", sagt Klaus Reiners, Pressesprecher des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU) in Bonn. Schon frühzeitig - teilweise bereits nach dem Vordiplom - suchten sie durch Workshops und Praktika den Kontakt zu Talenten, um diese an sich zu binden.
Dem Unternehmen ein guter Sparringspartner sein
So auch bei "Inside 2005", einem Workshop der Boston Consulting Group (BCG) in Hamburg. Aus mehr als 700 Bewerbern hat die Beratungsgesellschaft die Studenten, Doktoranden und bereits Berufstätigen ausgewählt. Sie sollen in zwei Tagen ein Konzept für eine Fast-Food-Kette entwerfen und dabei zeigen, ob sie das Zeug für die Beraterbranche haben.
Aber auch die Teilnehmer wollen testen: Lutz Timmen, Student der Verwaltungswissenschaft in Konstanz, will zum Beispiel klären, ob die Beraterbranche überhaupt etwas für ihn ist.
Für den Aufwand, den die Beratungsgesellschaften bei der Sichtung des Nachwuchses betreiben, erwarten sie einiges - vor allem "intellektuelle PS", sagt Just Schürmann. Er ist bei BCG für das Recruiting zuständig. "Man muss extrem gut denken können." Wichtig sei vor allem, Probleme durchdringen, Komplexität verständlich machen und dies alles dem Kunden mitteilen zu können. Dem stimmt auch Klaus Reiners vom BDU zu: Berater müssten "dem Unternehmer ein gleichberechtigter Sparringspartner sein und die Mitarbeiter mitnehmen können".
Gerade weil Erfahrung für die Kunden immer wichtiger wird, "geht der Trend zum berufserfahrenen Unternehmensberater", sagt Reiners. Es sei nicht notwendig, von der Hochschule direkt zu einer Beratungsgesellschaft zu gehen, zumal ein Großteil der Berater die Seiten wechsle und Posten in der Industrie annehme.
Wie viel Berater verdienen
FH-Absolventen haben meist schlechte Chancen
Um dem Kunden auf Augenhöhe begegnen zu können, ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium fast schon Voraussetzung für eine Karriere in der Beraterbranche. Mehr als 90 Prozent der Berater haben studiert. "Ohne ein abgeschlossenes Studium ist der Weg in die Unternehmensberatung kaum möglich", sagt BDU-Sprecher Reiners. Die BCG stellt nicht einmal FH-Absolventen ein, sondern verlangt einen Universitätsabschluss.
Was man studiert hat, ist laut Reiners "nicht völlig egal." Bestimmte Studiengänge, etwa Betriebswirtschaftslehre oder Wirtschaftsinformatik, erhöhten die Wahrscheinlichkeit für eine Tätigkeit in der Branche. Doch mindestens ebenso wichtig seien Qualifikationen wie berufliche Erfahrung, Praktika oder ungewöhnliche Fremdsprachenkenntnisse, sagt Daniel Jonda vom Bundesverband Deutscher Studentischer Unternehmensberater (BDSU) in Bonn.
Dem stimmt auch Just Schürmann zu: "Die Unternehmen haben erkannt, dass Vielfalt wichtig ist." Viele Manager steckten im "operativen Sumpf", Geistes- oder Sozialwissenschaftler brächten neue Perspektiven bei Problemanalysen ein. Auch bei "Inside" kommen die Teilnehmer aus vielen verschiedenen Bereichen: Neben angehenden Betriebswirten und Ingenieuren sind auch Physiker, Politikwissenschaftler und Kunststudenten dabei.
Die gemischte Besetzung der Beraterteams mit Wirtschafts-, Geistes- und Naturwissenschaftlern ist laut BDU-Sprecher Reiners auf einen geänderten Anspruch der Kunden zurückzuführen. Diese wollen zunehmend, dass Berater nicht nur Konzepte erarbeiten, sondern diese auch in den Unternehmen umsetzen. Das bedinge einen Typ von Berater, der teamfähig, kommunikativ, umsichtig und sensibel ist.
"Die Karrierechancen in der Unternehmensberatung sind enorm", sagt Daniel Jonda vom BDSU. Selbst Berufsanfänger, häufig Beratungsassistenten genannt, verdienen nach Angaben des BDU zwischen 20.000 und 35.000 Euro im Jahr. Juniorberater bekommen schon bis zu 50.000, Berater bis zu 60.000 Euro. Wer sich bewährt, kann sogar zum Partner - in die oberste Hierarchieebene - aufsteigen.
Kein Wunder, dass Berater für Akademiker ein attraktiver Beruf ist - auch für die Teilnehmer bei "Inside 2005". Mehr als die Hälfte von ihnen haben angekündigt, sich bei BCG zu bewerben. "Sie werden alle zu Gesprächen eingeladen", sagt Just Schürmann, "ein Drittel davon hat gute Chancen." Vielleicht werden sie bei "Inside 2010" dann die Teilnehmer betreuen.
Von Benjamin Schulz, dpa