Gehaltsreport Was Unternehmensberater verdienen

Sie durchleuchten firmeninterne Strukturen, prüfen Synergiepotenziale und suchen nach überflüssigen Kosten. Dafür kassieren Unternehmensberater stattliche Honorare, so ein gängiges Vorurteil über die Beraterzunft. Ein Gehaltsreport zeigt nun, was Consultants wirklich verdienen.

"Ich hatte von Anfang an Kontakt zu den Top-Leuten in den Unternehmen", erzählt Silke Jessen*, "das hat mich schon sehr gereizt." Die studierte Holzwirtin stieg nach abgeschlossenem Studium bei einer Strategieberatung ein. Ihr erstes Projekt führte sie auf eine Werft. "Ich wurde sofort ins kalte Wasser geworfen. Das war nicht einfach, aber irgendwie habe ich mich durchgebissen", sagt sie. Das bedeutete: Von montags bis donnerstags, nicht selten bis tief in die Nacht hinein, am Projekt arbeiten, schnell noch irgendwo eine Pizza essen, ins Hotelbett fallen und am nächsten Morgen wieder fit beim Kunden auftauchen.

Denn auch das ist Berateralltag: Arbeiten bis zum Umfallen, wenig Privatleben, ständiger Leistungs- und Termindruck. Über 67.000 Unternehmens- und Personalberater haben laut Bundesverband der Deutschen Unternehmensberater (BDU) im Jahr 2004 in insgesamt rund 14.300 Beratungsgesellschaften gearbeitet. Neben Top-Beratungen wie McKinsey, Roland Berger, The Boston Consulting Group oder Accenture tummeln sich zahlreiche kleinere Consultingfirmen.

Hohe Leistungsbereitschaft gefragt

"Von null auf hundert" umschreibt Silke Jessen ihren Einstieg in die Beratungsbranche. Genau das, sagt sie, sei das Spannende an dem Job: sich immer wieder innerhalb kürzester Zeit in neue Themen und Arbeitsfelder einzuarbeiten und mit unterschiedlichen Kunden zusammenzuarbeiten.

Die Schattenseiten der schillernden Beraterwelt: "An den Wochenenden habe ich meist nur noch geschlafen, weil ich so erschöpft war. Und mein soziales Umfeld lag brach in dieser Zeit." Als dann auch noch das Projekt ins Trudeln geriet, wurde ihr klar, dass das unstete Beraterleben auf Dauer nicht das Richtige für sie sein würde.

Wer bei einer der Top-Beratungsfirmen arbeitet, muss leistungsbereit und mobil sein. Die Karrierewege in großen Beratungshäusern sind meist strikt vorgezeichnet. Trotz vieler Zwischenstufen mit teilweise verwirrenden Bezeichnungen ist das Prinzip immer gleich: Vom Juniorberater über den Seniorberater bis hin zum Partner - so verläuft der klassische Weg auf der Karriereleiter.

Gnadenloses sieben beim "Up or out"-Prinzip

Kleine Beratungen arbeiten etwas entspannter

Wer sich in der vorgegebenen Zeit allerdings nicht so weiterentwickelt, wie sich die Firma das vorgestellt hat, muss gehen. Denn auf dem Weg nach oben wird gnadenlos gesiebt nach dem "Up or out"-Prinzip.

Das Wichtigste ist also eine gute Performance: "Wer auf dem Projekt zeigt, was er kann, empfiehlt sich weiter", sagt Lars Witten*, Mitarbeiter bei einer IT-Beratung. Das sichert Folgeprojekte. Wer dagegen lange Zeit aufs nächste Projekt warten muss, macht sich geradezu verdächtig.

In kleineren Unternehmensberatungen geht es etwas anders zu: "Der wirtschaftliche Druck ist groß, das Arbeitsklima aber vielleicht doch ein bisschen entspannter", sagt Martin Bender*, der nach Studium und Promotion bei einer Managementberatung mit fünf Mitarbeitern eingestiegen ist. "Für viele unserer Projekte ist es gar nicht nötig, ständig beim Kunden vor Ort zu sein."

Die Hamburger Vergütungsberatung PersonalMarkt  hat aktuelle Gehaltsdaten von Consultants ausgewertet. Demnach verdient ein Juniorberater mit bis zu fünf Jahren Berufserfahrung ein Jahres-Bruttogehalt von 47.256 Euro in einer Beratungsgesellschaft mit bis zu 100 Mitarbeitern. In Beratungsunternehmen mit 100 bis 1000 Mitarbeitern kommt er auf 54.900 Euro, bei über 1.000 Mitarbeitern auf 56.190 Euro.

Seniorberater mit mehr als fünf Jahren Berufserfahrung verdienen in Unternehmen mit bis zu 100 Mitarbeitern im statistischen Mittel 62.338 Euro, in Beratungsunternehmen mit 100 bis 1000 Mitarbeitern 65.523 Euro und in Beratungsgesellschaften 75.200 Euro.

Der Aufstieg zum Partner zahlt sich aus: Partner in Unternehmen mit bis zu 100 Mitarbeitern kommen auf ein Jahresbruttogehalt in Höhe von 102.240 Euro, in Beratungen mit 100 bis 1000 Mitarbeitern dann schon auf 154.868. In großen Beratungsgesellschaften mit über 1000 Mitarbeitern beträgt das jährliche Salär 162.020 Euro.

Welche Berater wieder einstellen

Neuer Wettbewerb um Talente

Nach zwei mäßigen Geschäftsjahren zieht das Beraterbusiness wieder an. Während sich 2004 der Umsatz der Top-40-Beratungsgesellschaften auf dem Niveau des Vorjahres stabilisiert hat, haben mittelgroße Unternehmensberatungen ihren Umsatz nach Angaben des BDU um knapp drei Prozent steigern können.

Damit nicht genug - Beratungsunternehmen, so die Prognose des Berufsverbandes, planen vermehrt Einstellungen. Und tatsächlich machen beeindruckende Zahlen die Runde: McKinsey sucht 200 neue "Meckies", Accenture will sogar 1000 neue Leute einstellen, CAP Gemini bis zu 280 und die Boston Consulting Group (BCG) 150.

Kurzum: Die Branche schaut optimistisch in die Zukunft. Tim Böger, Geschäftsführer bei PersonalMarkt, sieht den Trend ganz ähnlich: "In den letzten Jahren gab es auch in der Beratungsbranche Nullrunden, teilweise sogar Kürzungen bei den Gehältern. Die Stimmung ist jetzt aber wieder deutlich positiver." Mit einer steigenden Nachfrage nach besonders qualifizierten Beratern werde, so der BDU, auch der Wettbewerb um die Talente größer.

Silke Jessen hat sich trotzdem für den Ausstieg entschieden. Ihr Arbeitgeber hat dabei geholfen, einen Anschlussjob in der Industrie zu finden. Nicht ganz ohne Eigennutz, versteht sich. Man legt Wert auf "loyale Alumnis": Wer weiß, in welchen Positionen sie landen - und ob sie nicht möglicherweise einmal auf externe Beratungsleistung zurückgreifen.

Von Heike Friedrichsen, Personalmarkt.de

(* Name geändert)

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