Der künftige EADS-Co-Chef Noel Forgeard kann in seinem neuen Amt auf wichtige politische Kontakte und seinen durchschlagenden Erfolg als Airbus-Lenker bauen. Das alleine dürfte aber für seinen Erfolg nicht ausreichen.
Berlin - Der 58-Jährige Franzose, der in den vergangenen Wochen mit allen
Mittel auf den Spitzenposten drängte, muss nun vor allem das
deutsch-französische Gleichgewicht wieder herstellen und die
Wogen im Konzern glätten.
"Die internationalen Interessen innerhalb der EADS
auszugleichen, ist keine einfache Aufgabe", sagt Alexandra
Ashbourne von der Verteidigungsberatung Ashbourne Strategic
Consulting in London. "Zweifel über den Antritt von Forgeard
sind angebracht nach einem so spaltenden Machtkampf." Der als umtriebig und äußerst ambitioniert geltende Manager
hatte eine bislang nur selten da gewesene öffentliche Debatte
angezettelt, um EADS-Co-Chef Camus abzulösen und damit in der
Führungsspitze des Konzerns für heftigen Krach gesorgt.
Hier
gilt seit der Gründung des weltweit zweitgrößten Luft- und
Raumfahrtkonzerns im Jahr 2000 ein fein austariertes
Machtgleichgewicht zwischen der französischen und der deutschen
Seite. Die Doppelspitze aus je einem Manager beider Länder ist
nur eine Folge der Angst beider Länder, in dem Konzern mit einem
Jahresumsatz von rund 30 Milliarden Euro das Nachsehen zu haben.
Der erste Angriff scheiterte
Forgeard gab in den letzten Wochen hierauf nur wenig und
versuchte, die Doppelspitze abzuschaffen, um so die EADS alleine zu kontrollieren. Doch DaimlerChrysler, mit 30 Prozent größter Anteilseigner, legte sein Veto ein.
Zumindest Camus wird Forgeard nun aber ablösen - der Medienkonzern Lagardere und der französische Staat, beide jeweils im Besitz von 15 Prozent der EADS-Anteile, einigten sich auf den Wechsel.
Auf deutscher Seite verlief die Personaldiskussion weitaus
ruhiger. Camus' Kollege Hertrich hatte vor kurzem erklärt, für
eine zweite Amtszeit nicht zur Verfügung zu stehen und hierfür
persönliche Gründe genannt. Das Verhältnis zwischen Forgeard und
Hertrich gilt aber als äußerst angespannt - womöglich wollte der
Deutsche mit seinem Rückzug im Vorfeld einer konfliktträchtigen
Zusammenarbeit mit dem Camus-Nachfolger aus dem Weg gehen.
"Der nächste Krieg gegen Deutschland"
Nun
geht der bisherige Chef der Verteidigungssparte, Thomas Enders,
ins Rennen. Dem harmonischen Team Hertrich/Camus war es vor
allem zu verdanken, dass der multinationale Zusammenschluss zur
EADS Ende der 90er Jahre funktionierte und nationale
Streitereien weitgehend ausblieben.
Dass Forgeard die fachlichen Fähigkeiten für den Posten
mitbringt, wird indes von keinem bestritten. In den sieben
Jahren als Airbus-Chef baute der zierliche, aber häufig als
rücksichtslos beschriebene Franzose den Bereich zum Hauptumsatz-
und Gewinnbringer im Konzern aus. In den ersten neun Monaten
2004 erwirtschaftete der Flugzeugbauer 92 Prozent des operativen
Konzernergebnisses.
Nebenbei überholte Airbus 2003 erstmals den
US-Erzrivalen Boeing bei den Auslieferungszahlen für
Passagierflugzeuge. Selbst den bislang stärksten Einbruch der
Branche nach den Anschlägen vom 11. September, dem Irak-Krieg
und dem SARS-Virus in Asien überstand das Unternehmen
unbeschadet. Nebenbei senkte Forgeard noch kräftig die Kosten
und legte den Bau der A380 auf, dem mit 555 Sitzen einmal
größten Flugzeug der Welt.
Forgeard und Chirac - zwei, die sich mögen
Forgeard, gelernter Bergbau-Ingenieur und Vater von drei
Töchtern und einem Sohn, begann seine Karriere als
Regierungsberater und arbeitet zeitweise auch für den damaligen
Ministerpräsidenten Jacques Chirac. Noch heute bestehen enge
Bande zwischen beiden.
1987 wechselte er zu Lagardere. Nach fast
zwölf Jahren trat er dann bei Airbus an. Die Befürchtung,
Forgeard könnte künftig einen anderen Kurs fahren als die
bisherige Spitze Camus/Hertrich, scheint nicht ganz unbegründet.
Sein enger Vertrauter bei Airbus, Philippe Delmas, hat einmal
ein Buch mit dem kaum missverständlichen Titel "Der nächste
Krieg gegen Deutschland" geschrieben.